Direkt zum Seiteninhalt springen

Über vier Jahre sind vergangen, seit sich das Zeughauskino das letzte Mal dem rumänischen Film zugewandt hat. Seitdem ist die Welle aufregender Filme aus Rumänien nicht verebbt. Im Gegenteil: die rumänische Kinematografie ist vielfältiger geworden, und neben die Regisseure des ersten Aufbruchs, deren Filme nach wie vor auf den großen internationalen Festivals uraufgeführt und ausgezeichnet werden, sind neue Filmemacherinnen und Filmemacher getreten. Unverändert ist allerdings auch die eingeschränkte Sichtbarkeit des rumänischen Films, von dessen Reichtum, Originalität und Vitalität sich hierzulande kein größeres Bild gewinnen lässt. Rekonstruktion: Filmland Rumänien versammelt deshalb außergewöhnliche Produktionen der letzten vier Jahre und lädt dazu ein, die in den ersten drei Ausgaben der Reihe begonnenen Werk-, Stil- und Motivgeschichten fortzuschreiben.

Filmland Rumänien IV bringt die beiden Fußballfilme Corneliu Porumboius, die Gedanken- und Stilexperimente eines großen Spielstrategen, mit dem 2015 entstandenen Spielfilm Comoara des Regisseurs zusammen, dessen utopisches Ende einen neuen Spielzug einführt. Radu Jude ist mit vier Filmen vertreten, die einen für die rumänische Gegenwartskultur bedeutsamen Stellungswechsel ausführen: Vom historischen Western Aferim! führt eine konsequente Auseinandersetzung zum „period piece" des aufkommenden Faschismus (Scarred Hearts – Vernarbte Herzen), seinen historischen Dokumenten (The Dead Nation) und den Reenactments einer jungen Theaterregisseurin, die den offiziell gefeierten nationalen Mythos mit den verdrängten Verbrechen des faschistischen Rumänien konfrontiert (I Do Not Care if We Go Down in History as Barbarians). Anhand zweier Filme von Radu Muntean zeigt sich, einem Operationsschnitt gleich, ein generationsbedingter Perspektivwechsel auf (Über‑)Lebensstrategien, der auch in Christian Mungius neuem Film Bacalaureat nachklingt. Die gesellschaftlichen Widersprüche und die Antinomien medialer Repräsentation führt Adrian Sitaru zusammen, während sich Cristi Puiu weiterhin als „the Godfather of Romanian Cinema" behauptet.  Drei Spielfilme des Programms gehen explizit auf literarische Werke zurück und mit Soldații rückt auch einer der kontroversesten aktuellen rumänischen Romane ins Bild. Der Berlinale-Gewinner 2018 vollzieht den Bruch zugleich mit einer Sozialisation im Regime Ceaușescus und der Neuen Rumänischen Welle. Touch Me Not verwebt Fiktion und Realität, metafilmisches und postdramatisches Erzählen, eine Technik, der auch die zweite Regisseurin des Programms Alexandra Bălteanu verpflichtet ist. Drei Ausblicke gewährt die Reihe auf das zeitgenössische Genrekino des Landes: die groteske Satire (Aniversarea), der Neo-Noir (Câini) und das ausgelassene Roadmovie (Two Lottery Tickets) als „guilty pleasure" einer Kinematografie, die zu neuen, einander überschreibenden und sich verzweigend fortschreibenden Rekonstruktionen verführt.

In Zusammenarbeit mit dem Rumänischen Kulturinstitut Berlin werden mehrere Filmgespräche stattfinden. Aktuelle Informationen zu diesen Veranstaltungen entnehmen Sie bitte den Homepages des Rumänischen Kulturinstituts und des Zeughauskinos. Für ihre wertvollen Hinweise bei der Vorbereitung der Filmreihe danken wir Irene Rudolf und Klaus Volkmer.

Rückblick