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„Was allen seinen Filmen gemein ist, das ist die unbedingte Ehrlichkeit der Gesinnung und der künstlerischen Mittel. Er erzielt seine Wirkungen ausschließlich durch die Verwandlung eines inneren Kampfes, eines Kampfes um eine ethische Idee, in eine filmische Handlung. Was er durch die Leinwand auf den Zuschauer überträgt, ist nicht leeres pathetisches Theater oder wohlfeile Sentimentalität, sondern Gesinnung, Ethik, Humanismus.“ Mit diesen Worten würdigt im Oktober 1944 Lion Feuchtwanger die Bedeutung Wilhelm Dieterles.

Die meisten Arbeiten des 70 Filme umfassenden Œuvres Dieterles sind überliefert. Umso erstaunlicher ist es, dass Dieterle heute zu den Vergessenen der Filmgeschichte gehört und dies bereits zu Lebzeiten war: Als ihm kurz vor seinem Tod 1972 ein Bundesverdienstkreuz überreicht wird, stellt Dieterle nicht ohne Verbitterung fest, dass sich kein einziger Journalist gemeldet hat, um ihn zu interviewen.

Als eines von zwölf Kindern 1893 in einer Ludwigshafener Arbeiterfamilie geboren, ist Wilhelm Dieterle eine künstlerische Karriere nicht in die Wiege gelegt. Nach Abschluss einer Tischlerlehre finanziert er sich mit seinem Gesellenlohn eine Schauspielerausbildung. Max Reinhardt engagiert ihn, und im Film der Weimarer Republik reüssiert der 1,90 Meter große, blendend aussehende Schauspieler zum ersten Naturburschen des deutschen Films. Binnen kurzem macht er sich auch als Regisseur einen Namen. Auf die deutsche Karriere folgt nach 1930 ein kometenhafter Aufstieg zu einem Star-Regisseur in Hollywood. Dort prägt er mit Filmen über Louis Pasteur, Emile Zola und den mexikanischen Präsidenten Benito Juarez das Genre des Biopic. 1958 kehrt Dieterle nach Westdeutschland zurück, wo er ernüchternde Erfahrungen mit dem deutschen Nachkriegskino macht und am Theater und beim Fernsehspiel neue künstlerische Ufer findet. Aus den brav frömmelnden „Bad Hersfelder Freilichtspielen“ entwickelt Dieterle ein Forum für moderne Theaterkunst und eröffnet dem Tourneetheater publikumswirksame Perspektiven.

Obwohl William Dieterle, seit 1937 US-amerikanischer Staatsbürger, wesentlich erfolgreicher an seine deutsche Karriere vor der Abwanderung in die USA anknüpfen kann als Max Ophüls, Fritz Lang oder Robert Siodmak, steht er bis heute in ihrem Schatten. Seine eigenwilligen, stets um Wahrhaftigkeit und ihren Preis kreisenden Filme irritieren bei ihrer deutschen Erstaufführung das Nachkriegspublikum. Sie verschwinden schnell aus den Kinos und damit auch aus dem Bewusstsein der Nachgeborenen.

Die von Herbert Spaich kuratierte und vom Hauptstadtkulturfonds geförderte Retrospektive Der filmende Humanist ist die erste umfassende Werkschau Wilhelm/William Dieterles in Deutschland. Zu entdecken ist ein kompromissloser „Auteur“ des Films, dem es gelang, souverän zwischen den Genres und Kontinenten zu wechseln, ohne dabei seinen künstlerischen Anspruch aufs Spiel zu setzen. Ein Regisseur, der „Haltung“ bewiesen hat!

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