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Die Karriere der Tänzerin und Akrobatin Germaine Haeck war so märchenhaft, dass sie auch als Vorlage für einen ihrer Kinofilme hätte dienen können. Geboren am 31. August 1929 im luxemburgischen Petingen, avancierte sie Anfang der 1950er Jahre auf Empfehlung von Zarah Leander zum Nachwuchs-Star im deutschsprachigen Unterhaltungsfilm. Vom Herzog Filmverleih systematisch als Filmschauspielerin aufgebaut, kam sie groß heraus unter dem Künstlernamen Germaine Damar – phonetisch angelehnt an die Hollywood-Diva Hedy Lamarr. Ihr Leinwanddebüt gab sie 1952 in Géza von Cziffras Tanzende Sterne.

Die Luxemburgerin entwickelte sich zur Galionsfigur des opulent ausgestatteten Revuefilms, der im deutschen Kino vor 1945 durch weibliche Stars wie Marika Rökk oder La Jana und in den 1950er Jahren speziell durch Caterina Valente geprägt wurde. Die meisten ihrer rund 30 Kinoproduktionen führten hinter die Kulissen des Tanzgewerbes. Die prekären wirtschaftlichen Verhältnisse der Theaterleute waren dabei ebenso Thema wie die moralischen Vorbehalte einer engstirnigen bürgerlichen Nachkriegsgesellschaft gegenüber der zwar glamourösen, aber auch als frivol und unseriös empfundenen Welt des Varietés. Oft wirkten an ihren Filmen auch schwarze Performer mit, darunter Olive Moorefield, Marie Nejar (bekannt unter dem Künstlernamen Leila Negra), die Peters Sisters und Kenneth Spencer.

Die blonde, adrette, stets strahlende Germaine Damar passte perfekt zum optimistischen Zeitgeist der Wirtschaftswunder-Ära. Sie war das Revue-Girl vom Dienst. Auf das Image des netten Mädchens von nebenan festgelegt, stand sie mit Publikumslieblingen wie Peter Alexander, Vico Torriani, Heinz Erhardt, Walter Giller, Georg Thomalla, Joachim Fuchsberger und Claus Biederstaedt vor der Kamera. Entweder spielte sie junge Frauen aus kleinbürgerlichen Verhältnissen, für die sich der Traum von einem Engagement beim Varieté erfüllte. Oder sie stellte bereits arrivierte Revuetänzerinnen dar, die sich nach einer bürgerlichen Existenz als Ehefrau und Mutter sehnten – Happy End garantiert.

In den 1950er Jahren war Germaine Damar einer der populärsten Filmstars in der Bundesrepublik. Sie hatte Fanclubs, drehte auch in Frankreich an der Seite von Bourvil und Michel Piccoli, ging gemeinsam mit Willy Birgel auf Theatertournee, ehe sie sich schließlich mit einer Investition in ihr Filmprojekt Glück und Liebe in Monaco (1959) verspekulierte. Zu diesem Zeitpunkt war die Welle der Revuefilme, mit denen sie ganz und gar identifiziert wurde, bereits abgeebbt. Durch ihren Film Die Beine von Dolores (1957) auch in Südamerika populär geworden, beendete sie ihre Karriere Anfang der 1960er Jahre mit mehreren Personality-Shows im argentinischen Fernsehen.

Am 31. August 2024 feiert Germaine Damar, die die Frankfurter Allgemeine Zeitung 1958 „Die blonde Rakete“ nannte, an ihrem heutigen Wohnsitz in Florida ihren 95. Geburtstag. Ihr und ihren Filmen, die wie aus der Zeit gefallen scheinen, ist diese Hommage gewidmet. Einerseits spiegeln sie Wünsche und Träume junger Frauen in der unmittelbaren Nachkriegszeit und vermitteln gesellschaftliche Rollenbilder, die uns heutzutage sehr fremd vorkommen. Andererseits bieten sie großes Spektakel und pures Sehvergnügen. (Michael Wenk)

Die Hommage an Germaine Damar ist eine Zusammenarbeit mit der Maison du Grand-Duché de Luxembourg bei der Botschaft des Großherzogtums Luxemburg und verdankt sich der Anregung des Filmemachers Michael Wenk.

Germaine Damar – Der tanzende Stern

Germaine Damar – Der tanzende Stern

LU 2011, R: Michael Wenk, 60' · DigiBeta

DO 05.09. um 18 Uhr (Einlass um 17.30 Uhr) in der Maison du Grand-Duché de Luxembourg (Botschaft des Großherzogtums Luxemburg, Klingelhöferstr. 7, 10785 Berlin) · Filmgespräch mit Michael Wenk

Der Titel „Der tanzende Stern“ spielt auf das 1952 erschienene Kinodebut der Luxemburgerin Germaine Damar an, die in der Nachkriegszeit zum Star des deutschsprachigen Revuefilms wurde. In Michael Wenks Dokumentation blicken Damar sowie Kollegen wie Walter Giller, Sonja Ziemann, Claus Biederstaedt und Joachim Fuchsberger auf die choreografisch wie finanziell herausfordernden Produktionsbedingungen dieser opulent ausgestatteten Produktionen zurück. „Wenk stellt Fragen: Wie wurde die Luxemburger Tänzerin Germaine Haeck von der westdeutschen Filmindustrie als Nachwuchsdarstellerin aufgebaut und schließlich zum Massenidol Germaine Damar? Und was hat ihr Erfolg mit dem Genre des Revuefilms zu tun?“ (Daniel Conrad, Luxemburger Wort, 15.12.2011).

Eine Anmeldung zur deutschen Erstaufführung des Films ist erforderlich unter https://berlin.mae.lu/de/culture.html

Eintritt frei.

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