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Die Staatliche Filmdokumentation (SFD), die in den Jahren 1970 bis 1986 am Rosenthaler Platz in Berlin bestand, war im DDR-Filmwesen ein „Exot“: Die SFD produzierte ihre Filme weder für das Kino oder das Fernsehen der DDR, noch waren diese überhaupt für eine zeitnahe Veröffentlichung gedacht. SFD-Produktionen wurden, sobald sie fertiggestellt waren, dem Staatlichen Filmarchiv der DDR zur Einlagerung übergeben. Dort, in den Magazinen, sollten sie 30, 50 oder gar 100 Jahre überdauern, um späteren Filmemacher*innen oder Wissenschaftler*innen als Anschauungs- und Quellenmaterial zu dienen.

Die SFD hatte 1970 als eine Abteilung des Staatlichen Filmarchivs der DDR von der Hauptverwaltung Film im Ministerium für Kultur den Auftrag erhalten, möglichst die gesamte Gesellschaft zu dokumentieren. Besonders dringlich erschien es, drohende Lücken der Überlieferung und Erinnerung zu vermeiden, also beispielsweise Persönlichkeiten zu dokumentieren, bevor diese starben, Handwerke und Gebräuche filmisch festzuhalten, bevor sie nicht mehr ausgeübt wurden, Berliner Straßen und Gebäude aufzunehmen, bevor sie verfielen und abgerissen wurden.

Dieses „Lückenfüllen“ war jedoch ein heikler Auftrag – er berührte auch Fragen der Zensur. Denn sollten Staat und Gesellschaft der DDR tatsächlich für die Zukunft systematisch und vollständig dokumentiert werden, so war es auch notwendig, die bei Dreharbeiten üblichen Vorgaben und Beschränkungen, die sogenannten „Empfehlungen für die Tagesinformation“, aufzuheben. Dies berührte zwar zu keiner Zeit so grundlegende Fragen wie den Macht- und Führungsanspruch der SED, aber durchaus Alltagsprobleme der 1970er und 1980er Jahre, von denen man annahm, dass sie in einer nicht allzu fernen Zukunft gelöst sein würden. Man erwartete, dass die große Utopie bald eintreten, die Probleme verschwinden und künftige Generationen befreit auf den schweren Anfang zurückblicken würden. Erst als dieser Zukunftsoptimismus verblasste, wurde das Privileg der SFD, unzensierte Einblicke in den DDR-Alltag zu geben, mehr und mehr zum Problem. Im Kulturministerium fragte man sich, ob die SFD überhaupt noch auf dem Boden der gemeinsamen Weltanschauung stünde und das Prinzip der Parteilichkeit dort noch gelte.

Die Unterstützung für die SFD ließ immer weiter nach, bis sie schließlich 1986 aufgelöst wurde. Das Experiment, mitten im reglementierten Filmwesen der DDR eine Insel zu schaffen, auf der zumindest für zukünftige Generationen festgehalten wird, was in den gegenwärtigen Medien nicht zu sehen ist, war abgeschlossen. Es blieben über 300 SFD-Filmdokumente, die heute für die Gegenwart eben das sind, als was sie einst geplant worden waren: Filmmaterialien, die zwar keinen ganz anderen, aber doch einen ungewöhnlich offenen Blick auf die DDR werfen. Anlass der Filmreihe ist die abgeschlossene Digitalisierung des gesamten SFD-Bestandes durch das Bundesarchiv, das seit Sommer 2024 alle SFD-Filme im Digitalen Lesesaal präsentiert. (Anne Barnert, Andreas Kötzing)

Die Filmreihe Was von der DDR bleiben sollte. Die Staatliche Filmdokumentation der DDR ist eine Kooperation des Zeughauskinos mit dem Forschungsverbund Diktaturerfahrung und Transformation und dem Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung mit freundlicher Unterstützung des Bundesarchivs.

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