The Jungle That Was
Produktion: Andre Gillet, Cooperative Generale du Cinema Francais, Paris, for ECA France
Regie: Roger Verdier
Land/Jahr: FR 1950
Länge: 22'
Sprache: Englisch
Format: 16mm, 1:1.37, mono, b/w
Größe zählt, wenn es beeindruckend sein soll. Größe hat nun das Projekt eines Staudammes am Niger ohne Frage. Der Kommentar ist für heutige Zuschauer leicht irritierend, weil er anfangs vom „Sudan“ spricht, womit der „Soudan français“ – ein riesiges Gebiet südlich der Sahara, westlich der äthiopischen Hochebene und nördlich der großen Seen, Äquatorialafrikas und Guineas – gemeint ist. Der „französischer Sudan“ reichte von der Sahelzone des Nordens bis hin zum Übergang in den Tropenwald.
Ein Dorf, archaisch, der Kommentar meldet, hier lebten die Menschen noch wie ihre Vorfahren in der Steinzeit. Diese Szenen nehmen den Ton des Expeditionsfilms an, suchen die typischen Bilder von einer Mutter und Kind, von Frauen, die Lasten auf dem Kopf balancieren. Das Dorf ist um die Wasserstelle herum gebaut. Trockenheit droht immer wieder, die Ernte bliebt periodisch gefährdet, Hungerkatastrophen wie in der Vergangenheit sind nicht ausgeschlossen.
Doch Wasser gibt es in der Nähe genug, das riesige Reservoir des Niger, der mit einem Damm gestaut und der Bewässerung dienstbar gemacht werden soll. Der Staudamm, dessen Bau The Jungle that was feiert, liegt im heutigen Mali. Karten verdeutlichen die Ausmaße des Projektes, zeigen den Lauf des Flusses, seine mittlerweile ausgetrockneten Nebenarme. Sie und Kanäle sollen mittels des Damms dieses Land wieder fruchtbar machen.
Den Spuren der ersten Expeditionen folgen die riesigen Caterpillars, um den Dschungel zu roden und Termitenbauten zu planieren. Große Aufmerksamkeit erfreuen sich im Film die Maschinen, die Bagger, Kräne, Lastwagen. Ein ganzes Arsenal moderner Technik wird aufgeboten und die Dynamik, die der Film in den Arbeiten feiert, ist die der neuen Zeit. Die Geräusche der Maschinen bestimmen die Tonspur. Der fertiggestellte Damm besitzt immense Ausmaße, endlos scheint die Wasserfläche, die sich hinter ihm erstreckt. Schöne Luftaufnahmen schwelgen in der Ästhetik des realisierten Bauwerkes. Nun fließt das Wasser wieder in den alten Kanälen, bis hin zu den Feldern im Norden kommt es, wo Reis und Baumwolle angebaut werden können. Der Optimismus der Films reißt mit, zumal wenn die Effizienz einer Dreschmaschine von Trommlern rhythmisch begleitet wird. Doch geht es nicht nur um eine bessere Ernte; wo das Wasser wieder fließt, verändert sich die ganze Gesellschaft. Die Dynamik erreicht alle Gebiete, medizinische Untersuchungen für Kinder, Aufschwung der Industrie und des Bauhandwerks, die Bilder suggerieren einen allumfassenden Fortschritt, dem nun erneut der Dschungel weichen muss.
© Rainer Rother