Absent God
Absent God
ISR 2014, R: Yoram Ron, K: Yannig Willmann, S: Nadav Harel, T: Rotem Dror, M: Didi Erez, P: Arnavaz Productions, 68' · DCP, OmeU, Deutschlandpremiere
SA 08.10. um 17 Uhr · Zu Gast: Yoram Ron im Gespräch mit Sarah Cooper (King’s College London)
„Du sollst nicht töten“ – das ist für den Philosophen Emmanuel Levinas die primäre Botschaft, die vom Antlitz eines menschlichen Gegenübers ausgeht. Aus der Reflexion über den Blick des „Anderen“ entwickelte Levinas eine „optische Ethik“ als zentralen Begriff eines jüdischen Humanismus. Yoram Ron macht Levinas' visuellen Moralismus für eine Reflexion über Film an sich fruchtbar, in dessen DNA Großaufnahmen von Gesichtern von jeher eingeschrieben sind.
Überaus lebendige Originalaufnahmen lassen uns nicht nur Levinas beim Philosophieren zusehen – Ron verbindet Bilder von Krieg, Kunst, Massenmedien und Religion mit Gesprächen zeitgenössischer jüdischer, christlicher und islamischer Philosophen zu einem Filmessay, dem ein eigenständiges Philosophieren in Bildern gelingt. Seine Bilder sind nie nur illustrierend, sondern eröffnen stets eine Ebene hinter und über dem Gesagten.
Ein echter Coup ist die Begegnung mit dem Filmemacher Luc Dardenne, der Levinas noch als Dozent an einer belgischen Universität erlebte. Dardenne legt dar, wie die realistische Filmkunst der Brüder Dardenne maßgeblich von Levinas' Denken beeinflusst wurde.
Über die Probleme des Blicks und der Darstellung hinaus schlägt Ron den Bogen von der Shoa über die deutsche Philosophie im 20. Jahrhundert bis hin zur aktuellen geistig-politischen Situation in Israel. Es ist der seltene Fall einer durchweg spannenden filmischen Umsetzung von Philosophie auf hohem Niveau, die gleichwohl zugänglich daherkommt und wenig Wissen voraussetzt. (sth)