Beyond Zero: 1914-1918
Beyond Zero: 1914-1918
USA 2014, R/S: Bill Morrison, M: Aleksandra Vrebalov, Kronos Quartet, P: Janet Cowperthwaite, 40' · DCP, OF, Deutschlandpremiere
SO 23.10. um 20 Uhr · Zu Gast: Bill Morrison im Gespräch mit Bert Rebhandl
Die Schrecken des Ersten Weltkriegs sind in einer Reihe von Fernsehserien ausführlich dargelegt worden. In konventionellen Dokumentationen dieser Art wechseln historische Aufnahmen von Kriegsschauplätzen in der Regel mit (häufig sehr bewegenden) Berichten von Überlebenden und Experten ab. Bill Morrisons Film stellt eine Abkehr von diesem Stil dar: Beyond Zero verzichtet auf einen Begleitkommentar und auf Interviews mit ehemaligen Soldaten, und auch Karten und Texteinblendungen fehlen. Stattdessen hat Morrison besonders seltene und ästhetische Archivaufnahmen ausfindig gemacht und dieses nie zuvor gezeigte Material zu einer einzigen nahtlosen Sequenz verwoben, die als Traum und Wirklichkeit in einem anmutet. Verlangsamte Aufnahmen zeigen Generäle, die wie Geister aus einer versunkenen Epoche durchs Bild reiten; Panzer schwanken auf die Kamera zu; Gräben werden mühsam ausgehoben und mit Stacheldraht gesichert. In der Ferne bewegt sich ein Luftschiff am Himmel, und zwischen den Schlachtszenen sehen wir ein paar Hunde, die auf einem Kohlacker einen toten Soldaten aufgespürt haben.
Morrison hat anstelle eines Kommentars eine großartige, von Aleksandra Vrebalov komponierte und vom Kronos Quartet interpretierte Filmmusik gewählt, die die Fremdheit der Kriegsbilder hervorhebt. Die zahlreichen Schäden an den historischen Nitrozellulosefilmen, die sich in dunklen Flecken und nicht mehr erkennbaren Stellen äußern, sind Teil des künstlerischen Effekts: Sie gleichen Explosionen oder Maschinengewehrsalven und werden somit zu gegenständlichen Entsprechungen zum Chaos des Krieges und zur ergreifenden Auslöschung der Gefallenen. (mlf)