Der Besuch der alten Dame
Der Besuch der alten Dame
BRD/CH 1982, R: Max Peter Ammann, B: Friedrich Dürrenmatt, bearbeitet von Max Peter Ammann, K: Max Hänseler, D: Maria Schell, Günter Lamprecht, Jürgen Cziesla, Adolph Spalinger, 145‘ · Digital HD
SO 20.01. um 18.30 Uhr
Als die titelgebende rachsüchtige Superreiche Claire Zachanassian in der Inszenierung Max Peter Ammanns bewies Schell Anfang der 1980er Jahre ihre ungebrochene schauspielerische Begabung, ihre Fertigkeit, Emotionen ebenso schnell zu beherrschen wie ausbrechen zu lassen. Aufgeregt erwartet das Städtchen Güllen die Ankunft Zachanassians und hofft auf eine Sanierung der leeren Kassen durch die zu einem immensen Vermögen gekommene Tochter der Stadt. Diese stellt eine Milliarde Franken in Aussicht – wenn man ihren ehemaligen Geliebten Alfred Ill ermorde, der sie, als sie schwanger war, verstoßen und in die Armut getrieben hatte.
Ammann zeigt uns ein abgestorbenes, nur auf Konjunktur bedachtes Provinznest, in das Schell als unversöhnliche Milliardärin als Prothesengöttin zieht, deren Körper genauso zerstört ist wie ihre Seele. Nach diesem Auftritt interessierte sich plötzlich wieder das Feuilleton für die Schauspielerin. Ebenso begeistert wie überrascht schrieb Walter Jens in Die Zeit: „Frau Schell spielte, in einer erbarmungslosen und grandiosen Version, eine geschminkte Marionette, die, als Claire Zachanassian, ihr verlorenes Ebenbild, die Wäscher-Kläri aus Güllen, agieren ließ, und mit ihr ein ganzes Dorf, ein paar Ehemänner und den zum Tode verurteilten Geliebten dazu.“ (sa)