Der Drücker
Der Drücker
BRD 1986, R: Uwe Frießner, B: Bernhard Pfletschinger, K: Simon Kleebauer, M: Theo Breiding, D: Andreas Buttler, Heinz Hoenig, Herbert Raule, Uli Krohm, Sabine Bellstedt, Volkmar Richter, Udo Seidler, 105’ · Digital SD
DI 02.04. um 20 Uhr + SO 07.04. um 20.30 Uhr · Einführung: Jan Gympel · Zu Gast am 02.04.: Uwe Frießner
Als Tommy seine Arbeit verliert, muss er sein Motorrad verkaufen, um Schulden zu bezahlen und mit seinen 22 Jahren wieder zu seinen Eltern ins Kinderzimmer ziehen, wo er sich ständigen Querelen mit seinem Vater ausgesetzt sieht. In der Hoffnung auf ebenso schnellen wie guten Verdienst schließt sich der junge Mann einer Drückerkolonne an, die durch die Lande zieht und an Haustüren Zeitungs- und Zeitschriftenabonnements zu verkaufen versucht. Zu spät erkennt er, dass er in ein Milieu geraten ist, in dem Ausbeutung und Gewalt an der Tagesordnung sind, eine moderne Form der Sklaverei, mitten in der Bundesrepublik der achtziger Jahre.
Der Film nach Andreas Blechners gleichnamigem autobiographischen Buch, das kurz zuvor erschienen war, darf nicht verwechselt werden mit Franz-Josef Spiekers 1969/70 entstandener Fernsehproduktion Drücker. Wie bei seinen beiden Kinofilmen arbeitete Uwe Frießner bei seiner ersten TV-Arbeit mit vielen Laien, mit denen er lange probte und denen es gelang, die im Drehbuch geschriebenen Dialoge glaubhaft zu sprechen. Der Lohn waren der Adolf-Grimme-Preis mit Silber für den Regisseur, den Drehbuchautor und den Hauptdarsteller und viele positive Kritiken. So resümierte Angelika Kaps: „Auch der Drücker profitiert von Friessners Talent, bei allem kritischen Engagement nicht den Film, das Filmische zu kurz kommen zu lassen. Er bietet Spannung, echtes Milieu, lebendige, glaubwürdige Figuren, und er zeigt ein feines Gespür für heikle Situationen, für die Tragikomik der desolaten Verkaufsgespräche in tristen Treppenhäusern und für plötzliche Stimmungswechsel zwischen unterdrückter Aggressivität und Sehnsucht nach Solidarität.“ (Frankfurter Allgemeine, 5.11.1986) Und Helmut Schödel nannte den Regisseur „einen Meister des Milieufilms“ und schwärmte: „Dabei gelingt es Frießner wie keinem anderen, in seinen Drehbüchern den Jargon sozialer Verlierer ganz unaufdringlich zu protokollieren. In Frießners Dialogen verliert die Rede der Subkultur nichts von ihrer Spontaneität. Keinem gelingt es wie Frießner, mit Laiendarstellern das professionelle Gemime ad absurdum zu führen. Er läßt sie Erfahrungen zeigen, von denen die anderen nicht einmal etwas ahnen. (...) Frießners Filme erzählten von der wunderbaren Lebensenergie der Verlierer und davon, wie wenig Bosheit oft hinter jugendlicher Kleinkriminalität und Prostitution steckt. Schiefe Tragödien sind Frießners Filme.“ (Die Zeit, Nr. 46, 7.11.1986) (gym)