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Einführung: Friedemann Beyer

Boleslaw Barlog (1906-1999) gilt als eine der profiliertesten Theatergrößen der Berliner Nachkriegszeit. Als Regisseur und Intendant des Schlosspark- und später Schillertheaters sowie als Generalintendant der Staatlichen Schauspielbühnen West-Berlins hat er die Bühnenlandschaft der geteilten Stadt entscheidend geprägt. Weniger bekannt ist, dass Barlog ab 1941 eine Reihe von Filmen drehte, in denen er sein inszenatorisches Geschick, das er als Regieassistent unter anderem von Helmut Käutner und Wolfgang Liebeneiner entwickelt hatte, unter Beweis stellen konnte.

Barlogs Milieustudie Der grüne Salon handelt von der Realitätsflucht einer der Vergangenheit verhafteten Berliner Großbürgerin: Ihre herrschaftliche Altbauwohnung samt Dienstpersonal ist für Anna Bütow (Margarete Haagen) zu einem Zufluchtsort vor den Zumutungen der Gegenwart geworden. Dort kann sie die Alltagssorgen ihrer Kinder beharrlich ausblenden. Die Enkelin der alten Dame jedoch konfrontiert ihre Großmutter mit schmerzhaften Wahrheiten: dem drohenden finanziellen Ruin ihres Sohnes, den Gesundheits- und Eheproblemen ihrer Tochter, dem Selbstmord ihres Schwiegersohns. Ihre eigene Liebe zu einem Architekturstudenten, der sich als Maurer verdingen muss, um sein Studium zu finanzieren, stößt aus Standesdünkel auf die schroffe Ablehnung der Geheimrätin. Mit psychologischem Feingefühl zeichnet Barlog ein ebenso vielschichtiges wie realistisches Bild der deutschen Oberschicht im fünften Kriegsjahr und räumt mit ihren Lebenslügen auf – was auch politisch gelesen werden kann. (fb)

Friedemann Beyer ist Filmhistoriker, Autor und Kurator von Filmreihen.

Der grüne Salon

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