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Am Klavier: Günter A. Buchwald
Einführung: Philipp Stiasny

1924 erschienen einige der wichtigsten Romane und Erzählungen deutschsprachiger Autorinnen und Autoren wie Thomas Mann, Franz Kafka und Vicki Baum. Auch für die Filmkunst war 1924 ein bedeutendes Jahr. Fritz Langs Die Nibelungen galt als die Kinosensation. Wir zeigen den zweiteiligen Monumentalfilm in restaurierter Fassung in Zusammenarbeit mit der Staatsbibliothek zu Berlin im Rahmen ihrer Veranstaltungsreihe (Fast) frisch aus der Druckerpresse – Neuerscheinungen 1924.

Wer vor 100 Jahren noch dachte, Filme seien nur ein billiges Massenvergnügen, wurde 1924 durch Die Nibelungen eines Besseren belehrt. Fritz Lang und sein Team schufen ein Kunstwerk, das heute genauso fasziniert wie zu seiner Entstehungszeit. Mit technischer und inszenatorischer Raffinesse adaptierte Lang im ersten Teil des Films die mittelalterliche Sage von Siegfried und dem Schatz der Nibelungen, seinem Kampf mit dem Drachen und seiner heimtückischen Ermordung.

Wenige Jahre nach dem Massensterben im Ersten Weltkrieg ist die Aktualisierung des Mythos vom jugendlichen Helden, wie ihn der Film zeigt, eine Domäne der Feinde der Republik von rechts, die so die Niederlage verklären. Doch die Geschichte von Treue und Verrat erschöpft sich bei Lang nicht im Appell an nationale Gefühle und einer dumpfen Parabel auf Deutschlands Katastrophe. Lotte H. Eisner, die beste Kennerin des Weimarer Kinos, hob denn auch besonders die malerischen Qualitäten des Films hervor. „Fritz Langs Helldunkel-Effekte sind ungemein plastisch gestaltet: auf der Zugbrücke bringen Krieger in dunkler Nacht die Bahre des Ermordeten zurück. Den Trauerzug zerreißen Fackellichter, Lichtfetzen zucken auf wie Angstschreie; fahl wie ein Gespenst bäumt sich Siegfrieds weißer Zelter, der Wind spielt mit den Locken des lichten Helden (…). Immer wieder lauert Zerstörung im Unorganischen, in den Gegenständen.“ (Lotte H. Eisner: Die dämonische Leinwand. Frankfurt a.M. 1975) (ps)

Günter A. Buchwald zählt zu den Pionieren der Stummfilmrenaissance. Der Dirigent, Pianist, Violinist und Komponist begleitet weltweit Stummfilme mit Klavier und Geige.

Die Nibelungen. 1. Teil: Siegfried