Leipzig im Herbst
Leipzig im Herbst
DDR 1989, R: Andreas Voigt, Gerd Kroske, K: Sebastian Richter, 52’ · 35 mm
Imbiß-Spezial
DDR 1989, R/B: Thomas Heise, K: Sebastian Richter, 27’ · 35 mm
Erst am 16. Oktober 1989, einen Tag vor dem Sturz Erich Honeckers, durften Kamerateams des DEFA-Studios für Dokumentarfilme ausschwärmen, um festzuhalten, was mittlerweile in der DDR vor sich ging. Leipzig im Herbst, im Untertitel schlicht als „ein Material“ bezeichnet, zeigt bis zum 7. November 1989 in der Messestadt eingefangene Impressionen, Aufnahmen von Demonstrationen, Aussagen von Protestierenden und Organisatoren von Protesten, von Arbeitern in ihren maroden Fabriken und von Vertretern der „Sicherheitsorgane“. Der Film dokumentiert die Erosion der SED-Diktatur und ist selbst ein Beleg für diesen Prozess.
Die immer wieder vorgebrachten Hauptforderungen sind Mitbestimmung, bürgerliche Freiheiten und ein Ende des automatischen Machtanspruchs der SED, von deutscher Wiedervereinigung ist noch keine Rede. Man merkt den enormen Gesprächsbedarf, der sich in den Jahrzehnten des erzwungenen Schweigens und Lügens aufgestaut hat und der im Westen bereits zwei Dekaden früher abgebaut wurde, in jener Modernisierung und Demokratisierung der Gesellschaft, die die DDR verpasst hatte.
Eher gespannten Stillstand als Verhältnisse im Fluss zeigt Thomas Heises Frühwerk Imbiß-Spezial. Realität und eintöniger Alltag werden hier mit Propaganda konfrontiert, die längst ins Leere läuft: Im öden Mitropa-„Schnellbüfett“ im Untergeschoss des Berliner Bahnhofs Lichtenberg wird die Tristesse und Agonie des gescheiterten Staates umso deutlicher, als die Toncollage die Jubel-Berichterstattung von den Feierlichkeiten zu dessen vierzigstem Geburtstag mit Aussagen voller Endzeit-Stimmung vereint. (gym)
FR 27.02. um 21 Uhr + SA 28.02. um 19 Uhr