Ende der 1950er Jahre widmeten sich einige japanische Spielfilme dem Bergbau. Grund dafür dürften vor allem sich erhitzende Arbeitskämpfe wie der Miike-Streik auf der Insel Kyūshū gewesen sein. Genau dort spielt Hiroshi Teshigaharas Debütfilm und seine erste Kollaboration mit dem Schriftsteller Kōbō Abe. Der Film folgt einem Mann, der begleitet von seinem Sohn bei sengender Hitze in der Kohleregion Kitakyūshū nach Arbeit sucht. Schnell merkt man, dass etwas nicht stimmt: Alle Geschäfte sind geschlossen, die Gebäude vernagelt, merkwürdige, vereinzelte Gestalten huschen zwischen den Hütten durch den Staub. Man begreift, wie sehr Bergbaulandschaften mit bekannten Abbildungen der Hölle in Verbindung stehen. Morde sind geschehen und geschehen nach wie vor, aber die Opfer leben weiter und jagen den Mörder. Eine Geistergeschichte also, die unter der Oberfläche von der Machtlosigkeit und Ausbeutung der Arbeiterklasse erzählt. Die surreale, beeindruckende Bildsprache des Films vermischt sich mit einer rohen Wut, deren Zentrum eine nie wirklich benannte Kraft ist, die Ungerechtigkeit ermöglicht. Nur ein Jahr nach Veröffentlichung des Films kam es in der Mikawa-Grube zu einer großen Kohlenstoffmonoxid-Explosion, die 458 Menschen das Leben kostete.
Als Vorfilm ein Glanzstück des frühen brasilianischen Cinema Novo: Leon Hirszman zeigt den Widerstand einiger Bewohner*innen einer Favela, die sich kurzerhand an einem Steinbruch versammeln, um weitere Sprengungen zu verhindern. (ph)
CUTS ist ein kritischer Film-Podcast von Christian Eichler, der sich mit aktuellen Releases, Klassikern und Filmtheorie beschäftigt.
Weitere Notizen von Lucas Barwenczik zu Otoshi-ana und Maja Roth über Pedreira de São Diogo auf Jugend ohne Film
Otoshi-ana
R: Hiroshi Teshigahara, B: Kōbō Abe, D: Hisashi Igawa, Kazuo Miyahara, Sen Yano, Sumie Sasaki, 95’
Pedreira de São Diogo
BR 1962, R: Leon Hirszman, B: Flávio Migliaccio, Leon Hirszman, K: Özen Sermet, D: Glauce Rocha, Sadi Cabral, Cecil Thiré, 19’