Pour la paix du monde
Pour la paix du monde / Für den Weltfrieden
F 1927, 79‘ · 16 mm, OF mit niederländischen ZT
Die Verwendung dokumentarischer Aufnahmen aus der Kriegszeit ist heute eine gängige Praxis – und in den 1920er Jahren war das nicht anders. Die alten Bilder sollten einen Eindruck von Authentizität, von Wahrheit und Verlässlichkeit erzeugen. Da sich viele der Aufnahmen in staatlichem Besitz befanden, war eine Zustimmung der Behörden nötig. Und so kamen nur wenige radikale Filme zustande, die sich gegen die offizielle Gedenk- und Erinnerungspolitik stellten. Eine dieser Ausnahmen ist der Kompilationsfilm Pour la paix du monde (Für den Weltfrieden), den die von Colonel Yves Picot geleitete Vereinigung der gesichtsversehrten Veteranen, der „Geules Cassées“, 1927 in Frankreich herausbrachte. Zu sehen sind historische Bilder, die in anderen Filmen aus der Zeit entweder ganz fehlen oder nur als Füllmaterial dienen: Die endlosen Mondlandschaften, die Holzstümpfe und zerknickten Stämme, die von dichten Wäldern übrig geblieben sind, die zerschossenen Städte und Dörfer, das getötete Vieh; die Züge der Kriegsgefangenen und Verletzten, die vom Giftgas Geblendeten, die in langen Ketten hintereinander taumeln, die vertriebenen Dorfbewohner. Auch ein Tabu wird gebrochen, berichtet Siegfried Kracauer von einer Vorführung in Paris: „Zu sehen sind Tote. Sie auf die Leinwand zu bringen, ist in diesem einzigen Fall nicht nur erlaubt, sondern gefordert. In den Gräben liegen sie neben Tuchfetzen, Holzblanken und gekrümmten Materialien: ein Schnitzelwerk zwecklos gewordener Sachen. Schmutz überzieht die Dinge und Leichen. (...) Der Film ist frei von Bildern des Hasses. (...) Nur einen Gegner kennt er: den Krieg. Ihm sprechen die Titel in deutlichen Worten das Urteil, ihn klagen die Bilder deutlicher an, die ihn verdammen, indem sie ihn spiegeln. Während der Vorführung haben Frauen im Zwischenraum geschluchzt. Kinder sind zugegen gewesen, die stumm dasaßen und sich von ihren Vätern das Schauspiel erklären ließen. Auch die deutschen Kinder sollten in diesen Film geführt werden. Er vermöchte sie zur Wehrhaftigkeit gegen das Unmenschliche in den Menschen zu erziehen.“ (Frankfurter Zeitung, 10.10.1927) (ps)
SA 09.08. um 20.00 Uhr · Am Flügel: Eunice Martins, Einführung: Madeleine Bernstorff