Santa Teresa y otras historias
Santa Teresa y otras historias
DR/USA/MEX 2015, R/K/S/P: Nelson Carlo de los Santos Arias, T: Craig Smith, M: Alvin Curran u.a., 65' · DCP, OmeU, Deutschlandpremiere
SO 09.10. um 18 Uhr + SA 15.10. um 16.30 Uhr · Zu Gast am 09.10.: Nelson Carlo de los Santos Arias im Gespräch mit Sérgio Costa (FU Berlin)
Roberto Bolaños posthum erschienener Jahrhundertroman 2666 über die unaufgeklärte Mordserie an Frauen in Mexiko ist eine atemberaubende Reise ins finstere Herz der modernen Welt. Die Handlungsfäden des labyrinthischen Werks, das als „wildes, hoch experimentelles Ungetüm“ (Daniel Kehlmann) gepriesen wurde, kreuzen sich in der fiktiven mexikanischen Wüstenstadt Santa Teresa im Grenzgebiet zu den USA, deren reales Vorbild die Grenzstadt Ciudad Juárez ist. Basierend auf einem Kapital des Romans schuf der junge dominikanische Regisseur Nelson de los Santos Arias ein filmisches Paralleluniversum, das nicht nur Bolaño-Leser zu fesseln vermag. Arias' assoziative Filmsprache zieht viele formale Register: abstrakte Bildausschnitte, die wie von einer verschleppten Geisel mit versteckter Kamera gedreht erscheinen, wechseln sich mit ruhigen, poetischen Einstellungen ab, deren Bedeutung sich erst allmählich entfaltet; die Übergänge zwischen Schwarzweiß und Farbe, zwischen mexikanischen Schlagern und Opernarien, zwischen ausgebleichten und farbstichigen Passagen bilden Entsprechungen zu den zahlreichen stilistischen Wechseln in Bolaños Werk. Mit seinen suggestiven Kontrasten entfaltet dieser dokumentarische Film noir einen faszinierenden audiovisuellen Raum. Der übermächtigen Metapher der Grenze setzt Santa Teresa y otras historias eine dezidiert „südamerikanische“ ästhetische Position entgegen. In dem undurchsichtigen Geflecht aus Erotik, Bedrohung und Gewalt entsteht eine poetische Reflexion, die anhand von Bolaños vielgestaltigem Text einen Chor von geisterhaften Stimmen orchestriert. (sth)