So viele Träume
So viele Träume
DDR 1986, R: Heiner Carow, B: Wolfram Witt nach einem Tatsachenbericht von Imma Lüning, K: Peter Ziesche, M: Stefan Carow, D: Jutta Wachowiak, Dagmar Manzel, Peter René Lüdicke, Gudrun Okras, Christine Harbort, 86' · 35 mm
DI 12.04. um 20 Uhr + FR 15.04. um 21 Uhr
Nach Bis daß der Tod euch scheidet war Heiner Carow mehrere Jahre mit den Vorbereitungen seines 18 Millionen Mark teuren Filmprojekts „Simplicius Simplicissimus“ beschäftigt, das nicht zustande kam. Nach einer langen Phase der Enttäuschung und Stagnation sollte So viele Träume dann eine Art Befreiungsschlag sein: ein Gegenwartsstoff, der in seiner Anlage an klassische griechische Dramen erinnert. Zwei fremde Frauen treffen aufeinander und erkennen sich als Mutter und Tochter. In den 1950er-Jahren hatte Christine, die Hebamme, ihren ungeliebten Mann und das kleine Mädchen auf einer Insel im Norden der DDR zurückgelassen. Nun muss sie erleben, wie die Tochter ihren lange aufgestauten Hass hinausschreit, weil sie die Schmerzen ihrer Jugend vor allem der weggegangenen Mutter zuschreibt. Das verbale Duell mündet in eine schmerzhafte Selbstanalyse, in der lange Verdrängtes zum Vorschein kommt.
So viele Träume plädiert für das Recht jeder Generation auf eigene Wege zum Glück, für Respekt vor den damit verbundenen Irrtümern, aber auch für Offenheit und Selbstkritik der individuellen Geschichte gegenüber. Ein Kammerspiel, in dem Innenwelten radikal entblößt werden: „Ein Wechselbad der Stile und Erzählansätze, aufgeregt, hastig, als gelte es, eine verlorene Zeit einzuholen“ (Fred Gehler). Carows eigener Traum, damit an große Kinoerfolge wie Die Legende von Paul und Paula anknüpfen zu können, erfüllte sich freilich nicht. (rs)