Tannenberg
D/CH 1932, R: Heinz Paul, P: Lazar Wechsler, D: Hans Stüwe, Käte Haack, Franziska Kinz, Wolfgang Staudte, 87’ · 35 mm
Im August 1914 marschieren kurz nach Kriegsbeginn zwei russische Armeen in Ostpreußen ein und drängen die Deutschen zurück. Die Nachrichten von Verwüstungen und Gräueltaten befeuern einen Propagandakrieg, der der deutschen Öffentlichkeit die Furcht vor „dem“ Russen als einem blutrünstigen Barbaren einimpft. In der Schlacht von Tannenberg zwischen dem 26. und dem 30. August 1914 kreisen die Deutschen unter der Führung des aus dem Ruhestand zurückgeholten Generals Paul von Hindenburg und seines Stabschefs Erich Ludendorff die Russen ein – fast 30.000 Gegner werden getötet oder verwundet, nahezu 100.000 werden gefangengenommen. Rasch ist der Mythos von Tannenberg geboren, der die Schmach der historischen Niederlage des Deutschen Ordens im Jahr 1410 bei Tannenberg vergessen lässt und Hindenburg in den Rang einer beinahe unantastbaren militärischer Autorität hebt. Dem Volk wird am Beispiel der russischen Invasion vor Augen gehalten, dass Deutschland sich nur gegen seine Feinde verteidigt.
Auch nach der Niederlage von 1918 verbindet sich mit Tannenberg die Erinnerung an einen heroischen Sieg, so etwa 1925 im – heute verschollenen – Spielfilm Volk in Not. 1932 inszeniert Heinz Paul, der zuvor schon Filme über den U-Boot-Krieg, die Schlachten an der Somme und von Verdun gedreht hatte, Tannenberg mit großem Aufwand als eine Mischung aus Spielfilm und Dokumentation, die neben der deutschen auch die russische Militärstrategie beleuchten will. Auf den Einspruch Präsident Hindenburgs hin mussten jedoch alle Szenen mit ihm aus der deutschen Verleihfassung herausgeschnitten werden. Angesichts des politischen Kampfes um die Kriegserinnerung bemerkt Felix Hirsch nach der Premiere am 28. September 1932 im liberalen 8-Uhr-Abendblatt etwas resignativ: „Das Publikum nahm den Film dankbar hin, ohne in Ekstase zu geraten. Auch wir wollen dankbar sein, daß – anders als in so vielen pseudohistorischen Filmen unserer Tage – hier nicht für den ‚frisch-fröhlichen Krieg’ geworben oder der Feind von gestern beschimpft wird. Mehr zu verlangen wäre töricht.“ (ps)
DO 07.08. um 20 Uhr