The Great Wall
The Great Wall
IR 2015, R/S/P: Tadhg O'Sullivan, K: Feargal Ward, T: Tadhg O'Sullivan, M: Akira Rabelais, Kreng, Philip Jeck, 74' · DCP, dt. OF, Deutschlandpremiere
SA 22.10. um 19 Uhr · Zu Gast: Tadhg O’Sullivan im Gespräch mit Stephan Hoffstadt
„Ein Käfig ging einen Vogel suchen“ – mit diesem Aphorismus von Franz Kafka beginnt Tadhg O'Sullivan's Film The Great Wall, der in ruhigem Rhythmus und mit eindringlichen Bildern Europas Abschirmung nach außen erkundet. Beginnend an der südöstlichen Grenze Bulgariens unternimmt The Great Wall eine Reise durch Europa und zeigt die vielen Mauern, die heute seine politische Landschaft bestimmen. Es sind Mauern sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne. Sie reichen vom Stacheldrahtzaun, der den aus dem Südosten kommenden Flüchtlingen den Zugang verwehren soll, bis hin zu den gläsernen Riesen politischer und wirtschaftlicher Machtzentren wie Brüssel und London, die ihre Botschaft des Ausschlusses weniger sichtbar, aber ebenso nachhaltig verkünden. (abe)
Die außergewöhnlich schönen Bilder des Films bindet O'Sullivan an Kafkas Text Beim Bau der Chinesischen Mauer. Sie werden von einer präzise ausgearbeiteten Tonlandschaft begleitet. So wie schon Kafkas Text bezieht dieser Essayfilm seine Überzeugungskraft daher, dass er sich einer Stellungnahme enthält. Vielmehr zeigt er die Mauern gleichsam als notwendige Begleiterscheinung einer Machterhaltungsordnung. Die Autoritätsquelle dieser Ordnung bleibt jedoch im Dunkeln. Der Filmemacher übersetzt die beinahe organische Qualität, die die „große Mauer“ auch bei Kafka hat, in luzide Bilder, so dass sie als Teil einer gesetzmäßigen Natur erscheint, die nur hin und wieder erahnen lässt, dass hier Menschen von anderen Menschen abgeschottet werden sollen. Die Notwendigkeit dieser Abschottung wird behauptet und soll geglaubt werden, ohne dass ihr Sinn jemals geklärt würde: Eine Mauer ging einen Feind suchen...