
Mit ihrer Auswanderung in die USA war Vicki Baum Anfang der 1930er Jahre Teil einer Migrations- und Fluchtbewegung aus ganz Europa. Viele Kunstschaffende fanden im US-amerikanischen Exil eine mehr oder weniger sichere Arbeit in Hollywood. So entstand auch eine Großproduktion wie The Great Waltz von 1938, in der der „Walzerkönig“ Johann Strauß von einem Belgier (Fernand Gravet) verkörpert wird, die Deutsche Luise Rainer seine Ehefrau spielt, während Strauß‘ Musik von einer Sopranistin polnisch-estnischer Herkunft (Miliza Korjus) interpretiert wird. Gemeinsam lassen sie unter der Regie des Franzosen Julien Duvivier das vorrevolutionäre Wien des 19. Jahrhunderts als prachtvoll verklärte Studiokulisse wiederauferstehen – in demselben Jahr, in dem diese alte Welt durch den „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich scheinbar unwiderruflich verloren ging. Ironischerweise wurde in den Credits des Films die Beteiligung zweier gebürtiger Wiener*innen verschwiegen. Vor Duvivier führte nämlich neben Victor Fleming auch Josef von Sternberg bei einigen Szenen Regie. Genauso unerwähnt bleibt Vicki Baums Mitarbeit an der Story des Films. Kameramann Joseph Ruttenberg hingegen gewann für seine spektakulären Kamerafahrten den ersten von insgesamt vier Academy Awards seiner Karriere. (mxg)
Frederik Lang ist Filmwissenschaftler, Autor und Kurator. Gemeinsam mit Ralph Eue hat er den Band Julien Duvivier. Virtuoses Kinohandwerk herausgegeben.
The Great Waltz
- USA 1938
- Digital HD
- OF
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R: Julien Duvivier, Josef von Sternberg (ungenannt), Victor Fleming (ungenannt), B: Samuel Hoffenstein, Walter Reisch nach einer Geschichte von Gottfried Reinhardt und Vicki Baum (ungenannt), K: Joseph Ruttenberg, D: Luise Rainer, Fernand Gravet, Miliza Korjus 104’