Samstag, 18. März 2023, 18.00 Uhr
Verschleppte Motorisierung
DDR-Filme rund um das Auto
Das Auto gehörte in der Bundesrepublik zu den starken Attributen gesellschaftlichen Fortschritts. Die DDR wollte da nicht nachstehen und erste Innovationen – der Einsatz von Kunststoffkarossen – versprachen durchaus Erfolg (Werkstoff der Zukunft). Die vom Verbund sozialistischer Länder bestimmte Einengung auf Zwei-Takter und fehlende Investitionen bei gleichzeitigen Exportversuchen machte den PKW in der DDR jedoch bald zu einem Mangelartikel. Der Kleinwagen Trabant 601 und später seine „Spaßvariante“ Trabant tramp glänzten dennoch im Film – vor allem für Devisenzahler. Im Inland war allenfalls die schnelle Anschaffung eines Motorrads realistisch. Viele Wege führen zum Q attestierte gar eine entsprechende Kundenbindung. Glückliche Autobesitzer sollten ihr Stück hegen und pflegen und bei Reparaturen auch zur Selbsthilfe greifen (Wie fahre ich einen Wartburg?). Satiren auf das Sorgenkind PKW verfehlten ihre Wirkung dennoch nicht (Fünf Argumente für das Auto). Anders als Trabant und Wartburg genossen DDR-Landmaschinen internationales Renommee. Gleichwohl ist der Bezug zu Schiller und Goethe gewagt, um in Weimar, eine Stadt und ein Kombinat für Kartoffelroder, Aufsattelpflüge und Mobilbagger zu werben. (rf)
Mit freundlicher Unterstützung von Christoph und Ilka Czerny
Werkstoff der Zukunft
R: Werner Kreiseler, 12’
Viele Wege führen zum Q
R: Gerhard Jentsch, 9’
Trabant 601
R: Uwe Belz, 12’
Weimar, eine Stadt und ein Kombinat
R: Erich und Walter Lustermann, 9’
Wie fahre ich einen Wartburg?
R: Cäte Conen, 18’
Viertakt-Premiere: Wartburg 1.3
R: Christoph Czerny, 3’
Trabant Tramp
R: Christoph Czerny, 2’
Fünf Argumente für das Auto
R: Armin Georgi, 11’
Stage Struck
R: Allan Dwan, B: Forrest Halsey, D: Gloria Swanson, Lawrence Gray, Gertrude Astor, Oliver Sandys, Ford Sterling, 78’
Gloria Swanson konnte alles. In Tragödien und Melodramen war sie die überlebensgroße Diva, in Ehekomödien die „Neue Frau“ und in turbulenten Slapstickfilmen ein Tollpatsch, stets biegsam und temperamentvoll. Schon mit 15 Jahren kam Swanson (1899-1983) zum Film. Sie war klein von Statur und wurde trotzdem einer der größten, bestbezahlten und mächtigsten Stars der 1920er-Jahre. In Stage Struck ist Swanson eine Bühnengöttin in extravaganter Aufmachung – und eine junge Kellnerin irgendwo in der Provinz, die unbedingt Schauspielerin werden will. Dafür scheut sie selbst Boxkämpfe nicht.
Die Geschichte ist dünn, doch die Umsetzung hinreißend, weil Swanson ihr humoristisches und parodistisches Talent ganz ausspielen kann: Kitsch und Komik, Alltagsleben und Kunstwelt prallen ohne einen Anflug von Didaktik aufeinander. Hollywoods Eskapismus wird zugleich lustvoll inszeniert und ausgelacht. Als Stage Struck unter dem Titel Theaterfimmel in Deutschland herauskam, sprachen die Kritiker von einer „Bombenrolle“. „Herrlich, wie Gloria Swanson die Photographierposen von Film- und Bühnenstars zu imitieren versucht und dadurch lächerlich macht. (…) Sie besitzt den grotesken Humor, die unerschöpflich variable Beweglichkeit des körperlichen Ausdrucks wie die großen amerikanischen Filmkomiker. Sie steht schon in ihrer äußeren Erscheinung außerhalb des langweiligen Normaltyps amerikanischer Filmschönheiten.“ (Berliner Börsen-Courier, 26.9.1926) (ps)
Uraufführung der von Frido ter Beek komponierten Musik, gespielt von Maud Nelissen (Flügel), Daphne Balvers (Sopran- & Altsaxophon) und Frido ter Beek (Alt- & Baritonsaxophon, Perkussion). Maud Nelissen (Doorn) gehört zu den international renommiertesten Stummfilmmusikerinnen und -komponistinnen der Gegenwart. Nach einer Ausbildung als klassische Konzertpianistin in Utrecht machte sie ihre Leidenschaft für den Stummfilm zum Beruf. Als Solistin gastierte sie u.a. in San Francisco, Paris und Bangkok. Regelmäßig tritt sie auch mit ihrem Ensemble „The Sprockets“ auf. Die Saxophonistin Daphne Balvers (Amersfoort) hat in Hilversum und Amsterdam Musik studiert, war Mitglied im „Amsterdam Saxophon Quartet“ und leitet das Saxophonorchester „Saxoholics“. Frido ter Beek (Buenos Aires) ist Jazzsaxophonist und Percussionist. Er studierte Musik am Konservatorium in Utrecht. Seit 2015 lebt er in Buenos Aires und spielt dort in verschiedenen Jazzbands und Orchestern. Daphne Balvers und Frido ter Beek sind Mitglieder von „The Sprockets“.