Wenn man die (ästhetische) Haltung der Neuen Münchner Gruppe-Filme als eine un(ter)bewusste seismographische Reaktion auf die damals sich primär subterran entwickelnde Transformation des Kapitalismus hin zum Neoliberalismus versteht, bemerkt man, wie diese Filme sich der aufkommenden Glorifizierung der kommunikativen und affektiven Arbeit widersetzen und entziehen – etwas, das Jahrzehnte später die Berliner Schule und die Kölner Gruppe auf ihre jeweilige Art aufgreifen werden. Der große Sprücheklopfer Werner Enke hat in dieser Hinsicht Großes geleistet: Sein sprachlicher Erfindungsreichtum, der das Wirtschaftsmarketing-Deutsch spielerisch unterwandert, entzieht sich wie auch seine schelmischen, dem Absurden nahestehenden Slapstick-Eskapaden immer wieder der Sinngebung, die es ermöglichen würde, diese subversive Haltung (außerhalb Enkes eigener Welt) zu verwerten. Aber es ist mehr als dies, das die Größe Enkes auch in seinen kleineren Rollen ausmacht, denn, wie es die eloquenten Sloganeers von Tocotronic einmal zutreffend formulierten, „Enke zerfrisst den Ehrgeiz in einem“: Seine Gleichgültigkeit der bürgerlichen Umgebung gegenüber macht spürbar, wie diese immer wieder versucht, das, was a priori gleiche Gültigkeit hat, durch als etwas im Kern Ungleiches darzustellen, so dass das „gute“ kapitalistische Subjekt den Ehrgeiz aufbringt, es zu etwas zu bringen. Die Filmfigur Enke ist sicherlich diejenige, die in der deutschen Filmgeschichte der des Bartleby und seiner absoluten „Ich-möchte-lieber-nicht“-Verweigerung am nächsten kommt. (ma)
Kleine Front
R: Klaus Lemke, D: Werner Enke. 22‘
Henker Tom
R: Klaus Lemke, D: Werner Enke, Sabine A. Wengen, 11‘
Manöver
R: May Spils, D: Werner Enke, May Spils, 11‘
Anatahan, Anatahan
R: Martin Müller, D: Sonja Lindorf, Veith von Fürstenberg, 50‘