Jan
Joseph Liefers
|
||||
|
||||
Ich möchte drei Überlegungen mitteilen.
In den letzten Wochen haben Hunderttausende Menschen auf den Straßen
unseres Landes das Gespräch eingefordert. Wir alle führen
es seit kurzer Zeit. Natürlich hat jeder das Recht, Partner in
diesem Gespräch zu sein. Aber ich meine, wir sollten darauf achten
und uns verwahren gegen mögliche Versuche von Partei- und
Staatsfunktionären,
jetzt oder zukünftig Demonstrationen und Proteste von Menschen
unseres Landes für ihre Selbstdarstellung zu benutzen, Initiatoren
und Führer des begonnenen gesellschaftlichen und politischen
Reformprozesses zu sein.
Der zweite Gedanke. Zur ganzen Frage der führenden Rolle überhaupt meine ich schon, daß sie zur Disposition gestellt werden muß. Zur Demokratie gehört für mich, daß keine gesellschaftliche Kraft allein dieses Recht okkupieren noch sich um sie bewerben, sondern sie bestenfalls erringen kann. Und zwar in täglicher Arbeit, demokratisch und eindeutig durchschaubar organisierter Arbeit und entsprechender Resultate. Solange die Spitze der SED nur auf unser aller Druck reagiert, kann meiner Meinung nach von führender Rolle nicht die Rede sein. Außerdem haben, denke ich, allein die in diesem Land verbliebenen und verbleibenden Menschen darüber zu entscheiden, wen sie mit der Führung beauftragen. Und der dritte Gedanke: Es ist richtig, jeden Menschen zu ermutigen, die durch die Politik von Partei und Regierung entstandene Krise in unserem Land durchzustehen. Ich glaube allerdings nicht, daß in 40 Jahren DDR-Geschichte nur einzelne Personen immer wieder in Krisen führten, sondern auch die von ihnen geschaffenen und zentrierten Strukturen. Die vorhandenen Strukturen, die immer wieder übernommenen prinzipiellen Strukturen lassen Erneuerung nicht zu. Deshalb müssen sie zerstört werden. Neue Strukturen müssen wir entwickeln, für einen demokratischen Sozialismus. Und das heißt für mich unter anderem auch Aufteilung der Macht zwischen der Mehrheit und den Minderheiten. |
||||