Die
Schreckensherrschaft des Herzogs Alba
Am
spanischen Hof hatte die Nachricht vom Bildersturm den Einfluß
der Militärfraktion um Herzog Alba merklich vergrößert.
Weder der berühmte Feldherr noch der König waren
mit dem Erreichten zufrieden. Solange das Osmanische Reich
nach dem Tod Sultan Süleymans des Prächtigen Unruhen
im Inneren austrug und sich im Kriegszustand mit Kaiser
Maximilian II. befand, war eine Gefährdung des Friedens
im Mittelmeerraum nicht zu befürchten. Die somit verfügbaren
Kräfte sollten in den Niederlanden den Befehlen des
Königs so weit Geltung verschaffen, daß die 17
Provinzen wieder auf lange Sicht ein sicherer Hort der Kirche
von Rom würden. König Philipp beauftragte den
fast 60jährigen »eisernen Herzog« mit dieser
Aufgabe. Im August 1567 erreichte Alba an der Spitze von
10.000 spanischen sowie neapolitanischen Soldaten und einigen
deutschen Hilfstruppen die Niederlande. Nicht einverstanden
mit dem harschen Auftreten des Herzogs, überließ
ihm Margarete nur einen Monat später das Amt des Generalstatthalters.
Die Herzogin empörte vor allem die Verhaftung von Lamoraal
von Egmont und Philipp von Horne nach einem von Alba ausgerichteten
Bankett.
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Ferdinando
de Álvarez de
Toledo, Herzog von Alba
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Ferdinando,
dritter Herzog von Alba, wurde 1507 als Sproß
eines alten Adelsgeschlechtes geboren. Wegen der
Beteiligung eines fernen Ahnen bei der Eroberung
Toledos nannte sich die Familie später Álvarez
de Toledo. Mit sieben Jahren nahm Ferdinando an
der Seite seines Großvaters an einem ersten
Feldzug teil, mit 16 wurde er Soldat. Obwohl sich
Alba zeit seines Lebens als Feldherr und Diplomat
meist außerhalb von Spanien aufhielt, war
seine Ehe mit María Henríquez de Guzmán
bemerkenswert glücklich. Erzählt wurde
die phantastische Geschichte von Albas sieben Tage
dauerndem Ritt von Ungarn nach Spanien, um drei
Tage bei seiner erkrankten Frau zu bleiben und dann
wieder die Reise zu seinem Dienstort anzutreten.
Zusammen mit den drei Söhnen bildeten die Eheleute
ein sehr erfolgreiches »Unternehmen«,
das notfalls den Familienschmuck für die Kriegszüge
des Hauses Habsburg verpfändete. Mehr als ein
Vierteljahrhundert diente der Herzog Kaiser Karl
in verschiedenen Funktionen als Gouverneur von Mailand,
Vizekönig von Neapel, Botschafter in England
und als Ratgeber des Kronprinzen Philipp, während
er immer wieder auf das Schlachtfeld gerufen wurde.
1547 schlug Alba in einem glänzenden Sieg die
deutschen Protestanten bei Mühlberg an der
Elbe. Zusammen mit dem Grafen Egmont hatte er bereits
ein Jahr zuvor den Orden vom Goldenen Vlies erhalten.
Nicht nur wegen der unter seinen Soldaten herrschenden
Disziplin und der sich selbst auferlegten Härten
wurde er der »eiserne Herzog« genannt,
sondern auch wegen seiner mitleidlosen Strenge gegenüber
der Bevölkerung eroberter Städte und bei
der Verfolgung von Ketzern. Von seinen Soldaten
geliebt, von seinen Gegnern gehaßt, starb
der Gran Duque de Alba 1582 nach dem letzten von
ihm geführten Feldzug der Eroberung Portugals.
Porträts wie dieses wurden wahrscheinlich als
Erinnerungsstücke für Freunde und Mitarbeiter
des Herzogs angefertigt.
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Beide
Grafen hatten den Treueeid auf König Philipp geleistet
und waren loyale Katholiken. Zehn Monate nach der Ankunft
Albas wurden Egmont und Horne auf dem Großen Platz
von Brüssel hingerichtet. Ihr Tod, vier Tage nach der
Hinrichtung der drei Batenburgbrüder und 15 anderer
Aristokraten, wurde zu einem Hauptthema der antispanischen
Propaganda in Wort und Bild.
Die Grafen waren widerrechtlich verurteilt worden. Als Vliesritter
durften nur Ordensbrüder über sie zu Gericht sitzen.
Stattdessen standen sie vor einem Tribunal, das Herzog Alba
noch vor dem Amtsverzicht Margaretes ins Leben gerufen hatte,
dem »Conseil des Troubles«. Der sogenannte Blutrat
wurde in der Folgezeit zum wichtigsten Instrument des Herzogs
gegen Ketzer und Unruhestifter. Von den neun Richtern hatten
nur
die zwei spanischen Stimmrecht. Unter Vorsitz des Juan de
Vargas wurden Menschen »jeden Standes, jeden Geschlechtes,
jeden Alters« dem Blutrat vorgeführt. »...
die Räder, die Pfähle, die Bäume längs
der Wege waren mit erwürgten, enthaupteten, gemarterten
Leichen beladen: so daß die Menschen nach Luft schnappten,
als wenn sie sich nun wie in einem allgemeinen Grab,
einer Wohnung der Toten, befanden. Jeder Tag hatte seinen
Kummer und kannte das Schlagen der Blutglocke, die dem einen
mit dem Tod von Blutsverwandten, dem anderen von Schwager
oder Freund im Herzen widerhallte.
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Hinrichtung
von Egmont und Horne
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Standbild
Herzog Albas in Antwerpen
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Das
Verbannen und das Enteignen der Güter nahmen
kein Ende.«9
Mehr als 1.000 Menschen wurden zur Zeit Albas hingerichtet,
11.130 verloren ihr Hab und Gut. Die weitaus meisten
jedoch flohen, noch bevor gegen sie Anklage erhoben
werden konnte, nach England und in die deutschen
Gebiete um Emden, Kleve, in das Rheinland und bis
nach Frankfurt am Main und Nürnberg. 60.000
Emigranten sollen die Niederlande verlassen haben.10
Erst im Frühjahr 1568, nachdem alle seine Besitzungen
in den Niederlanden konfisziert worden waren, beschloß
Wilhelm von Oranien, sich an die Spitze des bewaffneten
Widerstandes zu stellen. Mit Hilfe deutscher Protestanten
und insbesondere mit Unterstützung des Kurfürsten
von der Pfalz brachte er eine eindrucksvolle Summe
Geldes zusammen."11
Mit den regierenden europäischen Fürsten
verhandelte er als einer der ihren,
als deutscher Prinz und als Souverän des Fürstentums
Oranien in Südfrankreich. Der Sekretär
und Vertraute Wilhelms, Philipp van Marnix van Sint
Aldegonde, scharte eine Gruppe äußerst
geschickter Propagandisten um sich, die von Nassau
Dillenburg aus zahlreiche Flugschriften in den Niederlanden,
in Frankreich und Deutschland verbreiteten. In diesen
wurde bestritten, daß
der Prinz einen Aufstand gegen den König angezettelt
habe, da sein Kampf sich ausschließlich gegen
die verdammungswürdige Politik und die Tyrannei
Albas richte. Die angestammte »Freiheit«
der Niederländer galt es wieder herzustellen.
Wilhelms Engagement verstanden seine vier Brüder
als eine Verpflichtung des ganzen Hauses Nassau
und unterstützten ihn vorbehaltlos. Nur einer
von ihnen fiel nicht im Kampf gegen Alba und wurde
Statthalter von Gelderland.
Der
bewaffnete Einfall eines Rebellenheers in die Niederlande
begann mit dem Sieg Graf Ludwigs von Nassau über
spanische Truppen im Mai 1568 bei Heiligerlee. Während
danach Hunderte von Freiwilligen aus den oranisch
besetzten Gebieten von Friesland und Groningen sich
unter dem Banner des Prinzen sammelten, schuf Ludwig
mit den berühmten Seebettlern, den Watergeuzen,
eine schlagkräftige Kriegsflotte.
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Die
bei Jemgum erbeuteten Kanonen dienten den
Spaniern als Rohstoff für die Errichtung
eines Denkmals für Herzog Alba. Die ikonographische
Tradition des Monuments verweist auf die Überwindung
der Hydra oder des Cerberus durch Herkules.
Das überlebensgroße Standbild des
Herzogs in der Rüstung eines spanischen
Feldherrn erhebt sich über einer am Boden
liegenden Figur mit zwei Köpfen und sechs
Armen. Der Prunkharnisch ist mit dem Orden
vom Goldenen Vlies und der Schärpe des
Feldmarschalls geziert, die angewinkelte Linke
hält den Kommandostab. Der spanische
Theologe Benito Arias Montano entwarf die
Bronzegruppe und beschrieb sie ausführlich.
Zur Erklärung des monströsen Wesens
merkte er an:
»Der Arm, dessen Hand die Bittschrift
hält, bezeichnet den Adel, der Madame
de Parma die Bittschrift überreicht.
Der Arm mit dem Hammer die Zerstörung
der Kirchen.
Der Arm mit der Holzaxt den Bildersturm.
Der mit dem Morgenstern bezeichnet diejenigen,
die gegen den König die Waffen ergriffen
haben.
Der Arm mit der brennenden Fackel das Feuer,
das sie an die Kirchen und das ganze Land
gelegt haben ...
Die zwei Köpfe auf einem Körper
bezeichnen die Ketzerei; der mit der kleinen
Mütze stellt das Volk, der mit den Kalebassen
und Holznäpfen den Adel dar.
Die zwei Masken bedeuten, daß diejenigen
sie trugen, die die Bittschrift übergaben,
und daß sie sich erst (in ihrer wahren
Art) zu erkennen gaben, nachdem sie (ihre
Masken) abgenommen hatten.
Die Bettelsäcke, wie auch die Kalebassen
und Holznäpfe in den Ohren, weisen auf
den Namen >Geuzen<, den sie tragen.
Die Schriften und Schlangen, die aus den Bettelsäcken
kommen, sind Zeichen der Irrlehre und des
Gifts, das sie aussähen. Die Wunden an
Arm und Oberschenkel (zeigen), daß die
Ketzerei von der Sacra Romana Rota übel
zugerichtet wird.
Der Herzog ist ganz gerüstet, mit Ausnahme
des rechten Arms. Das zeigt - in der Rüstung
- , daß er die Schlechten besiegte und
aus dem Lande vertrieb. Der ausgestreckte
ungewappnete Arm (dagegen) ruft die Guten
zu Friede und Eintracht auf.«*
Auf dem Sockel steht übersetzt die Inschrift:
»Für Ferdinand Álvarez von
Toledo, Herzog von Alba, Statthalter Philipps
II., den treuesten Diener des besten Fürsten,
in den Niederlanden errichtet, weil er den
Aufstand unterdrückte, die Rebellen vertrieb,
den Glauben schützte, Gerechtigkeit übte
und den Frieden in den Provinzen festigte.«
In dem rechten Sockelfeld steht ein brennendes
Opferfeuer für den Gott der Väter
unter einer Girlande und zwischen Trophäen.
Wie in der Antike bilden die erbeuteten Waffen
das Material für das Siegeszeichen. Das
linke Sockelrelief zeigt den Feldherrn, der
diesen Sieg errungen hat, in der Gestalt des
»Guten Hirten«. In einfachem Gewand,
einen breitkrempigen Hut auf dem Kopf, den
Stab der Hirten geschultert und mit einem
Krug in der Linken vertreibt er die Tiere
der Dunkelheit: Schlangen, Kröten, einen
Wolf, Eulen und Fledermäuse. Ihm folgen
Schafe, Rinder und ein Hirsch als Tiere des
Lichts. Aus den Wolken greift eine geflügelte
Gestalt unterstützend in das Geschehen
ein und vertreibt mit einer Rute in der Rechten
die Finsternis. Die Unterschrift kennzeichnet
sie als Aurora = Eos (franz. albe, span. und
ital. alba): Der Herzog ist - nomen est omen
- die Morgenröte, die im Kampf mit dem
Dunkel der Ketzerei die Rückkehr des
Lichts des wahren Glaubens vorbereitet.
Das Antwerpener Standbild war nicht für
die Ewigkeit errichtet. 1574 ordnete Philipp
die Entfernung des Monumentes an. Gegen vereinzelten
Widerstand von Anhängern des »eisernen
Herzogs« wollte der neue Generalstatthalter
Requeséns davon wieder Geschütze
gießen lassen.
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*Zit.
bei Jochen Becker: Hochmut kommt vor dem Fall. Zum
Standbild Albas in der Zitadelle von Antwerpen 1571
1574,
in: Simiolus, Kunsthistorisch Tijdschrift, Jaargang
5 (1971), S. 75 115,
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Doch nur zwei Monate später fügte Alba
dem Heer der Aufständischen unweit von Emden
bei Jemgum eine vernichtende Niederlage zu. Wilhelms
glückloser Kriegszug durch Brabant im selben
Sommer sollte für die kommenden vier Jahre
die letzte großangelegte militärische
Operation gewesen sein. Erst im wichtigen Jahr 1572
gelang es ihm, erneut ein Heer aufzustellen. Bis
dahin beschränkten sich die militärischen
Planungen auf gelegentliche Attacken kleinerer Verbände
aus Deutschland und später aus Nordfrankreich.
Wirkungsvoller waren hingegen die Unternehmungen
der Watergeuzen, die von Emden aus nicht nur den
gegnerischen Seehandel empfindlich störten,
sondern bei ihren berüchtigten »Landgängen«
ganze Küstenstreifen brandschatzten.
Zu Beginn des Jahres 1569 befand sich Alba auf dem
Höhepunkt seiner Macht. Die ausländischen
Invasoren waren zurückgeschlagen, die inländische
Opposition unterdrückt. Doch ein Problem zeichnete
sich ab, das mit den kommenden Jahren zusehends
schwerer wog: Geldmangel. Ein charakteristischer
Schwachpunkt aller europäischen Monarchien
des 16. Jahrhunderts war das Finanzmanagement. Auf
der Iberischen Halbinsel war es Philipp jedoch gelungen,
die für den Kampf gegen die Osmanen notwendigen
öffentlichen Einnahmen in ausreichendem Maße
zu erhöhen. Nach dem in Spanien gebräuchlichen
Steuersystem beabsichtigte Alba die einmalige Erhebung
von 1 Prozent auf alle Vermögen, den hundertsten
Pfennig, und eine ständige Steuer von 10 beziehungsweise
5 Prozent auf alle Einnahmen aus beweglichen respektive
unbeweglichen Gütern, den zehnten und den zwanzigsten
Pfennig. Zur Deckung der jährlichen Staatsausgaben
in den Niederlanden favorisierte der Herzog ein
Belastungssystem, das dem Adel und dem Klerus die
Steuerfreiheit nahm und vor allem die Armen entlastete,
indem keine Abgaben auf Nahrungs-mittel und Kleidung
erhoben wurden. Während der hundertste Pfennig
nur auf wenig ernstzunehmen-den Widerstand bei den
Staatenversammlungen stieß, war der Protest
gegen den zehnten und den zwanzigsten Pfennig ungleich
höher. Der zwanzigste Pfennig wurde verweigert,
weil er Hinterbliebene benachteiligte, die auf Häuser
und Sachwerte aus einem Erbe angewiesen waren. Der
zehnte Pfennig wurde rundweg abgelehnt, weil er
den Handel ruinieren würde. Die unbegrenzte
Dauer dieser Vermögens und Verbrauchsabgaben
hätte zudem das Steuerbewilligungsrecht der
Provinzialversammlungen zugunsten der Krone ausgehebelt.
Die hohen Kosten für den Unterhalt der spanischen
Armee erforderten jedoch schnelle Finanztransfers,
weshalb sich Alba vorerst die Umsetzung der Reform
für zwei Jahre gegen eine Summe von 2 Millionen
Gulden jährlich abkaufen ließ. Wenn auch
die Einführung des zehnten und des zwanzigsten
Pfennigs letztlich zu erwarten war, so führte
das entsprechende Plakat vom 31. Juli 1571 doch
überall zu erheblichen Unruhen. Das
nahm eine solche Form an, daß selbst Kardinal
Granvelle das Schlimmste bei der Umsetzung des Erlasses
befürchtete. Die Köpfe, die Alba hatte
rollen lassen, und die Abschaffung der Privilegien
hatten weniger Widerstand und Gegenwehr ausgelöst
als der zehnte Pfennig.
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Neben den aus den Ratsstuben und Händlerkontoren geführten
Kampf gegen die neue Steuer trat zusehends der Protest von
der Straße. Für die von Arbeitslosigkeit und
steigenden Preisen betroffene Masse der Menschen entwickelte
sich der zehnte Pfennig zum gemeinschaftlichen Nenner ihres
entbehrungsreichen Lebens. In vielen Städten zogen
es Amtsträger vor, sich eher dem Willen des Herzogs
zu widersetzen als der Wut der Bevölkerung. Am 29.
Januar 1572 forderten die Staaten Alba offiziell zum Verzicht
auf die neue Steuer auf und entsandten eine Delegation an
den spanischen Hof. Noch während der Reise erfuhren
sie von der Einnahme Den Briels durch die Watergeuzen. Eine
Flotte von 26 Schiffen hatte die kleine Hafenstadt mit dem
Versprechen eingenommen, sie vom zehnten Pfennig zu befreien.
Kurz vorher war die dort stationierte spanische Garnison
in den Süden des Landes verlegt worden, von wo ein
Angriff der mit Wilhelm von Oranien verbündeten Hugenotten
erwartet wurde. |
Die
Einnahme Den Briels
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Das
Massaker in der Bartholomäusnacht verhinderte jedoch
eine Beteiligung der französischen Protestanten am
Krieg gegen Alba. Eine Stadt nach der anderen öffnete
ihre Tore den Rebellen. Schon bald kontrollierten die Geuzen
mit Besatzungen in verschiedenen Küstenstädten
die großen Wasserwege in Holland und Zeeland die Schelde,
die Maas, den Rhein und die Zuiderzee. In Dordrecht wurde
Wilhelm von Oranien von der ersten freien Staatenversammlung
von Holland als Statthalter und Kapitän General anerkannt.
Außerdem erklärten die Rebellen ihn während
der Abwesenheit des Königs zum »Beschützer«
der ganzen Niederlande und übernahmen einen erheblichen
Teil der Militärausgaben des Prinzen. Nachdem schon
der Graf von Nassau die Stadt Bergen (Mons) erobert hatte
und der Graf van den Bergh in Gelderland eingefallen war,
marschierte der Prinz an der Spitze eines 16.000 Mann starken
Heeres in Brabant ein. Sein Vorhaben, das von Alba belagerte
Bergen zu entsetzen, mißlang jedoch, und die Stadt
fiel in die Hände der Spanier. Mit der im Juni 1572
angekündigten Abschaffung des zehnten Pfennigs wollte
Alba seine Kräfte bündeln, um die dann noch abtrünnigen
Städte mit äußerster Brutalität in
die Knie zu zwingen.
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Plünderung
von Mechelen
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Obwohl
sich Mechelen kampflos dem Generalstatthalter ergab,
überließ Alba seinen Soldaten die Stadt
für drei Tage zur Plünderung. Es dauerte
nicht lange, und die meisten Städte außerhalb
Hollands und Zeelands wurden wieder unter die Kontrolle
der Regierungstruppen gebracht. Nach dem grausamen
Strafgericht über Naarden im Dezember 1572 konnte
Alba seinem König berichten: »Nicht ein
Kind ist entkommen.« |
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Und
als sein Sohn Don Fadrique die scheinbar aussichtslose Belagerung
von Haarlem aufgeben wollte, schrieb der Herzog: »Wenn
mein Sohn die Belagerung aufgibt, ist er mein Sohn nicht
mehr. Sollte er fallen, werde ich seinen Platz einnehmen.
Und sollte auch ich sterben, würde die Herzogin von
Alba an meine Stelle treten.«12
Nach zehn Monaten, im Juli 1573, kapitulierte die Stadt.
Doch es war ein schlechter Sieg der Spanier, der sie viel
Zeit und Geld kostete. Die Belagerung von Alkmaar mußte
aufgegeben werden, weil die unbezahlten spanischen Truppen
meuterten.
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Belagerung
von Haarlem |
Die
Schlacht in der Zuiderzee am 11. Oktober 1573
West
Friesland und das Noorderkwartier gewannen infolge
des Sieges eine relativ autonome Position innerhalb
der Provinz Holland. Auch um sich gegenüber
Amsterdam, als dem mächtigen politischen Zentrum
der Region, abzugrenzen, war noch 100 Jahre später
bei den nordholländischen Städten die
Zuiderzeeschlacht als Bildthema beliebt, verdankten
sie ihr doch ihre Unabhängigkeit gegenüber
Spanien und Amsterdam.
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Zur
gleichen Zeit blockierten Watergeuzen zusammen mit einigen
nordholländischen Städten den Hafen von Amsterdam,
das noch immer treu zum König stand. Zum Entsatz
der Stadt rüstete der spanische Statthalter von Holland,
Zeeland und Utrecht, Maximilian de Hennin, Herr von Bossu,
eine Flotte aus, die am 5. Oktober erstmals auf die Schiffe
der Rebellen traf. Die Taktik der Spanier unterschied
sich grundlegend von der des oranischen Admirals Cornelis
Dirckszoon. Weil die Geuzen nur über wenig Munition
und Pulver verfügten, mußten sie die spanischen
Schiffe entern, die gerade dies mit ihrem überlegenen
Geschützfeuer lange verhinderten. Am Sonntag, dem
11. Oktober 1573, gelangen die Enterung des spanischen
Flaggschiffs »Inquisition« und die Gefangennahme
des Grafen Bossu. Mit diesem Sieg errangen die Rebellen
dauerhaft die Oberhand im gesamten maritimen Kriegsgebiet,
von der Schelde-mündung bis Friesland.13
Eine Seeblockade der Geuzen führte denn auch nach
20 Monaten Belagerung im Februar 1574 zur Kapitulation
der starken spanischen Garnison von Middelburg.
Entscheidend für den Erfolg oder Mißerfolg
des Aufstands war jedoch der Kampf um eine andere Stadt,
um Leiden. Hätten die spanischen Belagerer Leiden
zur Aufgabe gezwungen, wären auch Den Haag und Delft
nicht mehr zu halten gewesen, und die Rebellion wäre
wohl als Ganzes gescheitert.14
Nur wenige Söldner befanden sich in der Stadt, und
das Rückgrat der Verteidigung bildete die Bürgermiliz,
die »schutterij«. Nachdem eine von den Brüdern
Wilhelms in Deutschland aufgestellte Entsatz-armee auf
der Mokerhei geschlagen worden war, schien die Lage hoffnungslos.
Brieftauben brachten Wilhelms Versprechen in die Stadt,
sie zu retten, wenn die Bürger nur noch ein wenig
durchhalten würden. Die Deiche längs der Maas
und weiter nördlich wurden für eine Flotte unter
dem Kommando Admiral Boisots und für Tausende von
Seeleuten durchstochen. Die Überflutungen reichten
jedoch nicht bis zu den Mauern Leidens. Um den Verhungernden
Mut zu machen, feuerte die auf Hörweite herangekommene
Entsatzflotte ihre Geschütze ab. Als der Prinz schon
aufzugeben bereit schien, drehte Ende September der Wind.
Heftige Regenfälle ließen den Wasserpegel steigen
und zwangen die Spanier zur Aufgabe der Belagerung und
zum Rückzug aus Südholland.15
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Bereits
im Dezember 1573 war Alba im Amt des Generalstatthalters
von Don Luis de Requesens abgelöst worden. Zu diesem
Zeitpunkt wurde am spanischen Hof die Mission des eisernen
Herzogs als offensichtlicher Fehlschlag gewertet. Die
Niederlande befanden sich in größerem Aufruhr
als im Jahr 1567, Holland und Zeeland hatten sich gegenüber
der Krone militärisch behauptet. Die Kosten aus diesem
und dem seit 1570 gleichzeitig gegen die Osmanen geführten
Krieg konnten nur mit Hilfe von Krediten finanziert werden.
Philipp gab zweimal soviel aus, als er an Staatseinkünften
einnahm. 1575 stellte Spanien alle Zahlungen zur Zinstilgung
ein. Zum zweiten Mal seit dem Thronverzicht Kaiser Karls
war der Staat bankrott. Nur den guten Beziehungen Requesens
zu den Antwerpener Bankiers und seinem persönlichen
Kredit war es zu danken, daß der neue Generalstatthalter
Geld zum Regieren hatte. Als dieser jedoch im März
1576 verstarb, brach auch der Staatshaushalt in den Niederlanden
vollständig zusammen. Die seit Monaten, teilweise
seit sechs Jahren unbezahlte und inzwischen auf 67.000
Mann angewach-sene spanische Armee entglitt zusehends
der Kontrolle des Staatsrates in Brüssel.16
Um sich gegen meuternde Truppen schützen zu können,
wurde den Städten die Anwerbung eigener Söldner
erlaubt. Anfang November überfiel das Gros der Marodeure
Antwerpen und überwältigte die Verteidiger.
Für mehrere Tage war Europas größtes Handels
und Finanzzentrum Mord und Raub schutzlos ausgeliefert.
Pieter Corneliszoon Hooft erzählt in seinen berühmten
»Niederländischen. Historien« von den
Ausschreitungen, denen auch die Großmutter seiner
Frau zum Opfer gefallen war. Ganz Antwerpen wurde in Hoofts
schauerlichem Panorama zur Bühne einer niederländischen
Apokalypse: »Ein Schauplatz des Schreckens ...,
die Leichen von Männern und Pferden in gewaltigen
Haufen ..., die Straßen vom Gemisch ihres Blutes
gefärbt ... Viele der Deutschen [Soldaten zur Verteidigung
der Stadt] lagen da mit verstümmelten oder nicht
mehr vorhandenen Beinen oder Köpfen oder Armen.«17
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Luis
de Requeséns y de Zúñiga
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Brand
des Rathauses von Antwerpen
Im
Handumdrehen eroberten die Meuterer die Stadt
Antwerpen. Der letzte Widerstand der Einwohner,
die sich im und beim Rathaus verschanzten, wurde
gebrochen, als die Soldaten das Gebäude in
Brand setzten.
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Die
oranische Propaganda sorgte für die Verbreitung
der Schreckensnachrichten aus der Scheldestadt und
nannte eine Zahl von 18.000 Getöteten, obwohl
wahrscheinlich nicht mehr als einige Hundert Menschen
ums Leben gekommen waren.18
Die Berichte von der »spanischen Furie«
zu Antwerpen sollten folgenreich sein. Die spanische
Regierung schied in den Niederlanden offensichtlich
als poli-tischer Faktor aus. Sie war außerstande,
Recht und Ordnung durchzusetzen oder gar den Frieden
wiederherzustellen. Im Machtvakuum nach dem Tode
Requeséns nahmen die katholischen Staatenver-sammlungen
mit Brabant an der Spitze und die protestantischen
Provinzen Holland und Zeeland das Heft selbst in
die Hand. Nur wenige Tage nach der Plünderung
Antwerpens unterzeichneten beide Seiten die »Pazifikation
von Gent«. Die Vertrags-partner verpflichteten
sich zum gemeinsamen Vorgehen gegen die spanischen
Söldner und zur Übertragung der Regierungsgeschäfte
auf die in Brüssel zusammentretenden Generalstaaten.
Den Protestanten wurde nur in Holland und Zeeland
die freie Religionsausübung gestattet, alle
anderen Provinzen blieben offiziell katholisch.
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Ein
anderer, entscheidender Unterschied beeinflußte
in den kommenden Jahren zusehends das Verhältnis
beider Lager zueinander. Während die übrigen
Staaten grundsätzlich zu Verhandlungen mit der spanischen
Krone bereit waren, hatten die protestantischen Provinzen
alle Brücken hinter sich verbrannt. Vergeblich bemühte
sich Wilhelm von Oranien um einen von gemeinsamen Interessen
getragenen Kampf der südlichen und nördlichen
Niederlande. Holland und Zeeland schlugen fiskal und militärpolitisch
von 1577 an eigene Wege ein. Nur ein Jahr später
versuchten die Generalstaaten vergeblich, den dramatischen
Verfall der katholischen Kirche in den nördlichen
Landprovinzen und Friesland aufzuhalten. Als letztes holländisches
Bollwerk der alten Ordnung wurde im Herbst 1578 der Amsterdamer
Magistrat ausgetauscht. Die katholischen Ratsherren wurden
durch protestantische Regenten ersetzt, die aus dem deutschen
Exil zurückgekehrt waren.
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Amsterdam
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Anders
war die Entwicklung im Süden. Die gesellschaftlichen
Strukturen dort unterschieden sich erheblich von
denen des Nordens. Die Allianz aus Kirche, städtischem
Patriziat und Adel war noch immer machtvoll und
konnte sich gegenüber dem wohlhabenden Mittelstand
und dem Druck der Straße behaupten. In den
südlichen Niederlanden blieben die meisten
Aristokraten und Bürger der römischen
Kirche treu. Die großen Magnaten verfolgten
mißgünstig Oraniens ehrgeizige Pläne
und sahen keinen Nutzen in einem Konflikt, der nicht
nur ihren Besitz aufs Spiel setzte, sondern auch
ihr Leben. Aufmerksam beobachteten sie den wieder
erstarkenden Einfluß Spaniens. Diese Entwicklung
verdankte Philipp vor allem dem militärischen
Talent seines Neffen Alexander Farnese. Der Sohn
Margaretes von Parma ergriff im Januar 1578 mit
frischen spanischen Truppen die Initiative. Nur
wenig später hatte der junge Feldherr den ganzen
Südosten der Niederlande unterworfen und die
Generalstaaten gezwungen, ihren Sitz von Brüssel
in das vorerst sichere Antwerpen zu verlegen. Mit
dem Fall der Festung Maastricht bedrohte Farnese
auch die Grenzen der nördlichen Niederlande.
Der Gefahr begegneten die betroffenen Provinzen
mit einer militärischen Allianz, die jedoch
mehr war als ein reiner Defensivverbund. Die am
23. Januar 1579 in Utrecht gegründete Union
markiert einen bedeutenden Abschnitt bei der Loslösung
des nördlichen von dem südlichen Landesteil,
sie war aber auch gleichzeitig der erste Schritt
im beschwerlichen Kampf um die Gründung eines
souveränen Staates. Den beachtlichen Erfolgen
bei der Rückeroberung der katholischen Niederlande
zum Trotz mißlang den Spaniern die Unterwerfung
der oranischen Provinzen.
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Philipp II. |
Zum
ersten und zum letzten Mal scheiterte Philipp II.
bei der Zerschlagung einer gegen ihn gerichteten
Revolte. Die schlechten »Nachrichten aus den
Niederlanden haben den König vor der Zeit altern
und ernst werden lassen«, beobachtete in den
frühen 80er Jahren der französische Gesandte
am spanischen Hof.19
Ein deutliches Zeichen von Schwäche war der
über Wilhelm von Oranien verhängte Bann
des Königs. In dem von Kardinal Granvelle ausgearbeiteten
Edikt setzte Philipp ein hohes Kopfgeld auf den
Prinzen aus. Die Blutsverwandten eines Attentäters
sollten in den Adelsstand erhoben werden.20
Etliche Anschläge wurden auf den Prinzen vorbereitet,
einigen entkam er nur knapp mit dem Leben. Am 10.
Juli 1584 wurde er von den Pistolenkugeln eines
religiösen Fanatikers getroffen. Nur wenig
später erlag Wilhelm von Oranien seinen schweren
Verletzungen. In einer ersten Reaktion verfaßte
die holländische Staatenversammlung einen Aufruf
zur Fortsetzung des Kampfes »für die
Verteidigung und Befreiung des Landes von der spanischen
Tyrannei«21.
Noch mehr als 60 Jahre sollte dieser Krieg dauern.
Erst mit der völkerrechtlichen Anerkennung
im Westfälischen Frieden von 1648 fanden die
Kämpfe ihren eigentlichen Abschluß. Doch
bereits seit dem Entsatz der Stadt Leiden war es
keinem spanischen König oder Feldherrn mehr
gelungen, die Unabhängigkeit und Freiheit der
sieben Vereinigten Provinzen ernstlich zu gefährden.
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