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Statt punktueller Kritik und verbandsinterner Palastrevolten folgt nun die eindeutige Manifestation des kollektiven Widerspruchs. Mit kleinen Galerie-Ausstellungen und Alibi-Beteiligungen an internationalen Randereignissen sind die Herbstsalonisten, die sich aufgrund der Resonanz in der Künstlerschaft im Aufwind fühlen, nicht mehr zu befrieden. Auch der subkulturelle Gegenpol, das vernetzte Geflecht zahlreicher privater Wohnungs- und Ateliergalerien, ist für sie keine akzeptable Alternative. Ich kannte diese Zimmerveranstaltungen zur Genüge, erzählt Dammbeck. Da traf man dann sieben Leute: Der Künstler, jemand der mitschreibt und Fotos macht, drei Westkorrespondenten und den ständige Zaungast von der Ständigen Vertretung. Das hat ja normalerweise gereicht. Es hat genügt, um Kontakte, Geld und einen Mythos zu bekommen. Das war nicht unwichtig, Aber mir ist das immer auch wie ein Stück Verrat vorgekommen. Das erschien mir nicht viel anderes, als offiziell einzusteigen.(17) Insofern ist die Ausrichtung des Herbstsalons vor allem im Zusammenhang mit dem sozusagen natürlichen künstlerischen Richtungsstreit und den Rangordnungskämpfen mit den damaligen Platzhirschen in der Kunstmetropole Leipzig zu betrachten, schreibt Henry Schumann(18) inspiriert vom jahrelang angestauten Frust einer unangepaßten Künstlerriege, die sich in der heimlichen Hauptstadt der DDR-Kunst von der Vätergeneration ausjuriert, verhöhnt und in die feuchten Nischen gedrückt fühlt. Es war schon so eine Art Ödipus-Komplex, gesteht Grimmling ein, der sich mit seinen haßgeliebten Zieh- und Übervätern an der Hochschule auch schon mal einen heftigen Boxkampf liefert. Ich wollte die alle attackieren, mit ihnen nichts zu tun haben, und dennoch wollte ich ihre Anerkennung.(19) Ein Schubsen am Trog aber auch eine späte Loslösung aus verkrusteten Strukturen und eine Taktik, die für die Nachkommenden mangels Interesse an Lernprozessen keine sinnvolle Aktionsvariante mehr bietet. Der 1. Leipziger Herbstsalon wird für die Künstlergruppe zum furiosen Schlußakkord ihrer Geschichte. Für die Forcierung der künstlerischen Teamarbeit kommt der Erfolg acht Jahre zu spät. Die Gruppe zerbricht. Noch im selben Jahr stellen Lutz Dammbeck, Hans Hendrik Grimmling und Günther Firit Ausreiseanträge und übersiedeln wenig später nach München, Hamburg und Berlin. Auch Olaf Wegewitz und Frieder Heinze kehren der Stadt den Rücken. Wenn man sehr sarkastisch ist, resümiert Lutz Dammbeck, könnte man sagen, da saßen die alten Knaben, erinnerten sich an die frühen wilden Zeiten und wollten es nochmal probieren. Es gibt doch solche Filme, in denen Rentner eine Bank überfallen, und dann klappt das ein bißchen davon hatte es.(20) Und Hans-Hendrik Grimmling fügt heute in seinem Westberliner Atelier ein wenig wehmütig hinzu: Wenn die Gruppe um den Herbstsalon Bestand gehabt hätte, was wären wir für eine Riesenlegende geworden!(21)
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