Ich - Porträt und Selbstdarstellung
Porträts und Darstellungen von sich selbst und anderen machen von Beginn des Deutschen Jugendfotopreises an einen großen Teil der zum Wettbewerb eingesandten Aufnahmen aus. Dominieren in den 1960er und 1970er Jahren vor allem von jungen Männern angefertigte Frauenporträts, nimmt die Zahl fotografierender Frauen in den folgenden Jahrzehnten stetig zu. In den Fotografien von jungen Menschen spiegelt sich im Besonderen die Auseinandersetzung mit der eigenen Individualität wider.
In den von den jüngsten Wettbewerbsteilnehmern aufgenommenen Bildnissen treten die Dargestellten dem Betrachter häufig in einem knapp gewählten Bildausschnitt in direkter Unmittelbarkeit entgegen. Die Aufnahmen sind zumeist Schnappschüsse. Die Fotografie wird zu einem Experimentierfeld für Mimik und Gestik.
Mit steigendem Alter der Fotografinnen und Fotografen gewinnt die Inszenierung des Dargestellten wie auch die gewählte Kulisse an Bedeutung. Durch die Zu- oder Abwendung, den bewussten Blick in die Linse oder den vermeintlich ungestörten Moment wird das Bildnis des Porträtierten zum Träger des Individuellen, des Unbekannten und des Überraschenden. Nicht selten nehmen die Mädchen und Jungen beim Fotografieren eine Rolle ein, in der die Suche nach der eigenen Identität zum Ausdruck kommt. Diese Aufnahmen lassen dem Betrachter Raum für vielfältige Assoziationen.
Das Selbstbildnis liefert bei der Suche nach der eigenen Persönlichkeit einen besonderen Beitrag. Das Bild von sich selbst wird inszeniert, um dabei die eigene Individualität herauszustellen. Das Selbstporträt vermag so bei der Suche nach der eigenen Identität zu helfen. Nicht selten treten die Jugendlichen in ihrer Extrovertiertheit hervor. Die Aufnahme verschafft ihnen Gewissheit und Rechtfertigung über das eigene Sein und Tun.
In den Jahren 1991 und 2002 lobte der Deutsche Jugendfotopreis das Sonderthema »Ein Bild von mir« aus und forderte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf, Selbstbildnisse einzureichen. Die Idee der zweimaligen Ausschreibung des gleichen Themas war, Veränderungen und Kontinuitäten in der Selbstdarstellung aufzuzeigen. Zu beobachten war eine Zunahme spontaner und mehr Impressionen einfangender Porträtaufnahmen, die den Dargestellten in ungewohnten Momenten zeigen.
In jüngster Zeit stellen Aufnahmen den Porträtierten vermehrt in technisch verfremdeter Optik als Person einer künstlichen Welt oder in einem Vergleich zu diesen Avataren vor. Die zunehmende Konstruktion virtueller Realitäten mit Hilfe des Computers lässt die Zahl digitaler Stellvertreter rasch ansteigen. Die Überlagerung oder Parallelisierung des Bildnisses mit den Gesichtszügen dieser künstlichen Personen begründet neue Ausdrucksformen in der Porträtfotografie.