10. Eine neue Zeit?

Im Zeitalter der Aufklärung schwand der Glaube an Hexerei.
Juristen wie Christian Thomasius (1655 –1738) stellten
die Rechtspraxis der Hexenprozesse grundsätzlich in Frage.
Aufklärung und Fortschritt durchbrachen allmählich
den Teufelskreis aus Angst, Fanatismus und Gewalt
und leiteten das Ende der Hexenverfolgungen ein.
War damit eine neue Zeit angebrochen?

Tatsächlich gibt es mögliche Verbindungen zur Gegenwart.
Der Historiker Robin Briggs urteilte, wir müssten
»einen tiefen Blick in unser eigenes Inneres« werfen,
um die Hexenverfolgungen überhaupt verstehen zu können.
Es gäbe viele Gründe, die verhinderten, dass das Irrationale
jemals von der »Bühne der Geschichte« abtrete.

Arthur Miller hat in seinem Theaterstück »Hexenjagd«
den Teufelskreis von Denunziation und Gewalt
vor dem Hintergrund der Kommunistenverfolgung der
McCarthy-Ära in den USA der fünfziger Jahre beschrieben.

Briggs leitet daraus eine »Lehre der Geschichte« ab:
»Sie soll zur Vorsicht auffordern« und
»Die Hexe kann der andere sein,
aber der Hexenglaube lebt in uns selbst.« (Briggs)

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Immanuel Kant
Mit dem Zeitalter der Aufklärung verlor der Glaube an Hexen ideologisch immer mehr an Bedeutung. Kraft seines Verstandes sah man den Menschen in der Lage, sich von Irrtümern, Aberglauben und Vorurteilen zu befreien. Immanuel Kant (1724-1804) hat dieser Haltung mit seiner berühmt gewordenen Definition „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit” Ausdruck verliehen. „Sapere aude!”, schreibt Kant, „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!” Zum Hexenglauben äußerte Kant sich dezidiert in
einer Debatte gegen den schwedischen Naturforscher und Philosophen Emanuel Swedenborg (1688- 1772). Dieser hatte in seiner Schrift Arcana coelestia über seine Erfahrungen mit dem Dämonen- und Geisterreich berichtet. In seiner 1766 erschienenen Satire Träume eines Geistersehers, erläutert durch Träume der Metaphysik forderte Kant, gegenüber der haltlosen Metaphysik und den Phantastereien Swedenborgs den kritischen Verstand einzusetzen. Die Existenz von Geistern und Hexen sei, so Kant, wissenschaftlich genauso wenig nachzuweisen wie ihre Nichtexistenz.
Literatur: Behringer 2000; NDB 11/1977
(Zum bibliographischen Nachweis des Kataloges)