IV. Popular Culture und Kennedy-Mythos
4.16. Die "hellen" und die "dunklen"
Seiten von Camelot
"Der Mythos ist sehr oft der Feind der
Wahrheit."
John F. Kennedy, 11. Juni 1962
Die unerfüllt gebliebenen Hoffnungen der Kennedy-Präsidentschaft
erklären zum Teil die oft bitteren Abrechnungen
mit seiner Politik. Enthüllungen über sein
Privatleben und seine Krankheiten verstärkten bei
Manchen das Gefühl, ihre Ideale seien missbraucht
worden. Für Viele ist Kennedy weiterhin eine Lichtgestalt.
Mit seiner Ermordung, so schien es, hatte eine Serie
nationaler Traumata wie der Vietnamkrieg und Watergate
begonnen.
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Broadway-Musical "Camelot" , Dezember 1960
Nach der Ermordung ihres Mannes
setzte Jackie Kennedy für einen Nachruf im
"Life"-Magazin den "Mythos von
Camelot" in Beziehung zu John F. Kennedy.
Oft hätten ihr Mann und sie eine Aufnahme
des gleichnamigen Musicals gehört. Seine
Lieblingszeilen finden sich im letzten Lied der
Schallplatte:
"Don't let it be forgot
that once there was a spot
for one brief moment
that was known as Camelot."
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Die Legende von Camelot
beschreibt den Glanz eines Schlosses in England,
dem Sitz der "Ritter der Tafelrunde",
zu der die tapfersten und gebildetsten Ritter
des Landes strebten. König Artus, der ruhmhafte
Herrscher, und seine bezaubernde Frau Genevière
wurden als die Verkörperung von Anmut, Bildung
und Tugend beschrieben. Mit der Erwähnung
dieses Mythos durch Jackie Kennedy wurde der Ruhm
Camelots auf das Weiße Haus und die Tugendhaftigkeit
König Artus' auf den verstorbenen Präsidenten
übertragen. "Camelot war das Opium der
Intellektuellen", wie Gary Wills sagte.
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"Die dunkle Seite
von Camelot"
Viele der großen
Hoffungen, die Kennedys Amtsantritt ausgelöst
hatte, blieben unerfüllt. Die meisten
der "dunklen Seiten" der Politik
und des Privatlebens des so hell strahlenden
John F. Kennedy kamen erst lange nach
seinem Tod ans Licht der Öffentlichkeit.
Dies führte bei vielen Zeitgenossen
zu einem völlig negativen Bild und
dem Gefühl, Kennedy habe ihre Ideale
missbraucht und sie letztlich "verraten".
Das Buch des Enthüllungsjournalisten
Seymour Hersh steht paradigmatisch für
diese Bewertung Kennedys.
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Wrackteil eines abgeschossenen
F-105 US-Jagdbombers in Vietnam, um 1965
Dieses Wrackteil eines US-Jagdbombers,
der in den 60er Jahren über Vietnam
abgeschossen wurde, erhielt die DDR-Regierung
als Gastgeschenk. Heute befindet es sich
in der Sammlung des Deutschen Historischen
Museums.
Wie viele Amerikaner glaubte auch John
F. Kennedy an die sogenannte Dominotheorie:
Wenn ein Land kommunistisch werde, würden
in kürzester Zeit die umliegenden
Staaten ebenfalls kommunistisch werden.
Diese Ausweitung der
russisch-kommunistischen Einflusssphäre
wollt
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Kennedy in Asien verhindern. Deshalb verwickelte
er als Präsident die USA immer stärker
in den Konflikt um Vietnam. Er erhöhte
die Militärhilfe für Südvietnam,
lieferte Hubschrauber und gepanzerte Fahrzeuge
und stimmte Ende 1961 dem Einsatz von Napalm
und anderen Entlaubungsmitteln zu. Damit
trug er wesentlich zur Eskalation des Vietnamkrieges
bei. Andere Stimmen behaupten, dass es den
Vietnamkrieg mit einem Präsidenten
Kennedy nicht gegeben hätte. Sein gewaltsamer
Tod bewahrte ihn möglicherweise davor,
selbst dafür verantwortlich zu sein,
dass die USA in Vietnam ihre Unschuld endgültig
verloren hatten.
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John F. Kennedy auf Krücken, 18. Mai 1952
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Um Kennedys Wahlchancen
1960 nicht zu gefährden, wurde abgestritten,
dass er schwer krank war. Er litt unter
anderem an Lebensmittelallergien und schweren
Durchfälle, hohem Fieber und Koliken,
Prostatabeschwerden und Harnweginfektionen.
Erst die tägliche Einnahme von bis
zu zwölf verschiedenen Medikamenten
ermöglichte John F. Kennedy das Leben
und Arbeiten. Seine - bekannten - Rückenprobleme
rührten nicht von einer Kriegsverletzung.
Es handelte sich um Osteoporose, wohl als
Folge der langen Einnahme von Steroiden.
Er trug meist ein Korsett und konnte nur
mit vielen Schmerzmitteln seine öffentlichen
Auftritte durchstehen. Fotos von ihm mit
Krücken waren - anders als noch zu
Senatszeiten - nicht mehr erlaubt. |
Es gab immer wieder
Mutmaßungen über den Gesundheitszustand
Präsident Kennedys. Besonders während
seines Präsidentschaftswahlkampfes
1960 versuchten innerparteiliche Gegner,
seine Wahlchancen durch Krankheitsgerüchte
zu schmälern. Erst 2002 erhielten
ein Historiker und ein Arzt exklusiven
Zugang zu John F. Kennedys Krankenakten.
Sie bestätigten viele Vermutungen
über das Ausmaß seiner Leiden.
Hinter der Fassade des jugendlichen Politikers
verbarg sich ein schwerkranker Mann. Neben
einem schmerzhaften Rückenleiden,
das mehrere Operationen notwendig machte,
litt er an der Addisonschen Krankheit.
Das ist eine Unterfunktion der Nierennebenrinde,
die eine Immunschwäche zur Folge
hat. Erst durch die Einnahme von Cortison
und bis zu zwölf anderen Medikamenten
täglich war es Kennedy möglich,
ein einigermaßen normales Leben
zu führen. Diese Tatsache wurde jedoch
vor der Öffentlichkeit geheim gehalten.
Während seiner Präsidentschaft
war es Fotografen untersagt, Kennedy mit
Krücken aufzunehmen.
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