Universalisierung

Obgleich die historische Beweiskraft von Photographien heute mehr denn je erschüttert ist, werden sie immer wieder verwendet, um als unmittelbare Zeugen und Belege aufzutreten. Einerseits scheinen sie über eine von keinem anderen Medium erreichte Beweiskraft zu verfügen, andererseits aber verfehlen sie die dargestellte Wirklichkeit. So steht in vielen Veröffentlichungen die Photographie des Tores von Auschwitz-Birkenau von Stanisław Mucha für den Massenmord schlechthin.
Paradoxerweise haben die in bester Absicht tausendfach verbreiteten Reproduktionen der Photographien aus den Konzentrationslagern im Laufe der Zeit dazu beigetragen, Hemmschwellen der Wahrnehmung herabzusetzen und Sensibilitäten zu mindern. Trotzdem haben sie Symbolkraft erreicht – die Rampe, der Stacheldraht, die Schuhe, die Gleise vor dem Tor von Auschwitz-Birkenau sollen überall und jederzeit die Wirklichkeit des Völkermordes repräsentieren.
Mit der massenhaften Verwendung der Photographien und der konsequenten Ausblendung ihrer Fiktionalität werden und wurden sie zu trivialen Objekten der Vermarktung. Die veritable Geschichtsindustrie führte durch Analogieschlüsse zwischen dem Ereignis Holocaust und anderen Geschehnissen zu einer Trivialisierung des Themas.
Vergrößerung
Zu den in das Bildgedächtnis der Nachkriegsgenerationen eingeprägten Bildern gehört Stanisław Muchas Photographie des Lagertores in Birkenau. Entstanden ist es im Februar oder März 1945 nach der Befreiung. Symbolisch treibt es den industrialisierten Massenmord dadurch auf die Spitze, daß es die Sphäre des Warenumschlages mit der schneebedeckten Kälte der Gleise verbindet. Muchas Aufnahme wurde oftmals reproduziert und nachgestellt und zu einem der Ausgangspunkte weiterer Motivketten von Zügen und Gleisen. Guido Knopp benutzt die Photographie, um den „Tatort Auschwitz“ für das Jahr 1942 zu beschreiben. Guido Knopp, so wird ihm vorgeworfen, zeige die Vergangenheit als Director's Cut, der sich die Bilder zusammensuche. In dieser Art des Umgangs trivialisiere er den Völkermord. Große Teile der Kulturindustrie bereiten den Holocaust so auf, daß sie möglichst hohe Einschaltquoten oder Auflagen erreichen.

Das auch in Großbritannien erwachte Interesse am Holocaust fand seinen Ausdruck in der Dauerausstellung „Holocaust“ des Imperial War Museums. Sie wurde am 6. Juni 2000 von der Königin eröffnet. Der Blick in die Ausstellung zeigt die bekannten Bilder: aufeinandergestapelte Schuhe sowie die berühmte Photographie von Stanisław Mucha.
   
   
 
   
 
   
   
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