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Presseinformation
Berlin, 24. November 2004

Namibia – Deutschland
Eine geteilte Erinnerung

Widerstand. Gewalt. Erinnerung
25. November 2004 bis 24. April 2005


2004 jährt sich der Aufstand der Herero und Nama in der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika (dem heutigen Namibia) zum 100. Mal. Am 12. Januar 1904 hatten sich die Herero gegen den fortschreitenden Verlust ihres Landes und die Entrechtung durch die deutsche Kolonial-regierung erhoben. Daraus resultierte ein Krieg, dem über die Hälfte der Herero und Nama zum Opfer fielen. Viele Historiker bewerten das militärische Vorgehens der Deutschen als Völkermord.
In den ersten Tagen des Aufstands hatten die Herero rund 100 deutsche Siedler getötet und es gelang der kaiserlichen Schutztruppe nicht, die Revolte zu zerschlagen. Generalleutnant Lothar von Trotha wurde nach Südwestafrika entsandt, ignorierte aber Friedensangebote der Herero und ordnete ihre Vernichtung an. Ebenso erging es den Nama, als sie sich im Oktober 1904 erhoben. Namibia stand von 1884 bis 1915 unter deutscher Kolonialherrschaft. Aus namibischer Sicht ist die Erhebung der Herero gegen ihre Kolonialherren im Jahr 1904 einer der ersten Widerstands-kriege der afrikanischen Bevölkerung.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs übernahm Südafrika im Auftrag des Völkerbundes das Mandat über die frühere deutsche Kolonie Deutsch-Südwestafrika. Durch Verhandlungen auf internationaler Ebene wurden 1990 die Unabhängigkeit Namibias von Südafrka herbeigeführt und freie Wahlen abgehalten. Nirgendwo sonst auf dem afrikanischen Kontinent hat die kurze deutsche Kolonialepoche bis heute so nachhaltige Spuren hinterlassen wie in Namibia. Deutsche Städtenamen (Lüderitz und Marien-tal), deutsche Architektur in der Hauptstadt Windhoek, deutsche Speise-karten in vielen Hotels der Stadt und eine deutsche Zeitung weisen noch heute auf die historischen Verflechtungen zwischen beiden Ländern hin. Diese „geteilte Geschichte“, die alle Namibier bis heute verbindet und gleichzeitig trennt, ist Thema der Ausstellung.

Ein historisch-chronologischer Teil mit den Kapiteln „Mission und koloniale Begegnung“ sowie „Widerstand, Krieg, Völkermord“ beleuchtet die wechselhafte Geschichte des Landes während die Kolonialherrschaft mit besonderem Schwerpunkt auf der Zeit des verheerenden Kolonialkriegs.


Daran schließen vier thematische Kapitel an, die sich auf das Zusammen-leben von Afrikanern und Deutschen im modernen Namibia konzentrieren.
So veranschaulicht z. B das Kapitel „Lebenswelten auf dem Lande“ die trennenden Aspekte. Das Leben und Arbeiten auf kommerziellen Farmen wird hier dem Leben in den ehemaligen Reservaten gegenüber gestellt. Trotz der Unterschiede gibt es im Alltag jedoch auch unerwartete Überschneidungen: Ein altes Kohlebügeleisen, das sowohl auf „weißen“ Farmen als auch in den Dörfern der Herero benutzt wird, heißt in der Landessprache „das Bügeleisen der Deutschen“.

Kulturelle Verflechtungen zeigt die Ausstellung auch am Beispiel eines Wohnzimmerschranks aus der Hauptstadt Windhoek, der sich das Kapitel „Windhoek: Leben in der Stadt“ widmet. Gegenstände zeit-genössischen urbanen Lebens in Namibia sind zu sehen; der Schrank fügt quasi die Wohnkultur schwarzer und weißer Stadtbewohner zusammen.

Die biographischen Verflechtungen zwischen Namibiern schwarzer und weißer Hautfarbe manifestieren sich in den eindrucksvollen Lebens-geschichten von Menschen, die als Kinder schwarzer Mütter und weißer Väter aufgewachsen sind. Fünf Biographien geben im Kapitel „Deutsche Väter: deutsch-afrikanische Familien“ exemplarisch Auskunft über dieses gemeinsame Erbe.

Das Kapitel „Geteilte Erinnerungen“ widmet sich den Gedenkfeiern, in denen verschiedene namibische Bevölkerungsgruppen ihre jeweilige Vergangenheit inszenieren. Zu sehen sind Herero, Nama, Rehobother und Deutsche bei den Jahrestagen, an denen sie ihre Helden ehren und so Traditionsbewusstsein demonstrieren. Alle haben dabei eine ganz eigene Kultur des Gedenkens an den Krieg von 1904 bis 1908 entwickelt.

Den Schlusspunkt des letzten Kapitels bilden verschiedene Stimmen, die dem Wunsch nach einer gemeinsamen Zukunft in einer multiethnischen namibischen Nation Ausdruck verleihen.

Die Ausstellung ist ein Gemeinschaftsprojekt des Rautenstrauch-Joest-Museums für Völkerkunde und des Sonderforschungsbereiches 389 der Universität Köln „ACACIA / Kultur- und Landschaftswandel im ariden Afrika“. Sie ist interdisziplinär angelegt und verbindet Forschungen der Geschichtswissenschaft, Ethnologie und Politikwissenschaft mit musealen Ausstellungstechniken. Ein wissenschaftlich fundierter Katalog und ein im DHM entwickeltes museumspädagogisches Begleitmaterial sowie ein Rahmenprogramm mit Filmen, Vorträgen und Diskussionsrunden ergänzen die Ausstellung.

Die Ausstellung wurde gefördert von:
Kulturstiftung des Bundes, InWent GmbH aus Mitteln des BMZ, HYDRO, ACACIA

Katalog zur Ausstellung
Edition Minerva Hermann Farnung, 343 Seiten mit zahlreichen, zum Teil farbigen Abbildungen, Preis im Museumsladen des DHM: 25 €€


Museumspädagogisches Begleitmaterial: 7 €
Das Begleitmaterial zur Ausstellung ist im Museumsladen erhältlich oder kann per Post Altmiks@dhm.de oder feldt@dhm.de zugeschickt werden.


Eintritt

2,- €, Jugendliche bis 18 Jahre freier Eintritt


Führungen
Publikumsführungen: Fr, Sa, So, Mo, Mi 16 Uhr, So auch 12 Uhr
Gruppen und Schulklassen nach Voranmeldung: 030/ 20304-750
email: fuehrung@dhm.de