Die junge Königin war von Natur aus leicht für die Malerei zu begeistern. Schon als Mädchen hatte sie sich über die Maßen an den Gemälden erfreut, die sie in Begleitung ihrer Mutter auf Ausstellungen oder in den Schlössern des englischen Adels zu sehen bekam. Doch da die Erinnerung an die Extravaganz Georgs IV. schwer auf ihr lastete, gestand sie sich zeit ihres Lebens nie den Luxus zu, sich jene Gemälde zu kaufen, die sie gleich ihm so sehr bewunderte. Ihr überaus umsichtiger Umgang mit dem Geld verbietet denn auch, Königin und Prinzgemahl in einem Zug mit den anderen großen Figuren in der Geschichte der Royal Collection zu nennen - mit Karl I., Friedrich, Prince of Wales, Georg IV. oder auch nur mit Georg III.Dennoch ist es Prinz Albert auf Grund seines großen kunsthistorischen Interesses und mit der begeisterten Unterstützung der Königin im Laufe der Jahre gelungen, alle Abteilungen ihrer gewaltigen Sammlung zu ordnen. Obschon unter seinem Einfluß ihre spontane Begeisterung für einzelne Kunstwerke mitunter ein wenig gedämpft worden sein mag, bleibt seine Wirkung auf die Entwicklung der Sammlung doch von überragender Bedeutung. Die Hinterlassenschaft des Prinzen, in seinen Anschaffungen ebenso wie in der Anordnung und Ausstellung der Königlichen Sammlung, wurde nach seinem Tod von der Königin wie ein heiliges Vermächtnis verwaltet. Zur Zeit ihres eigenen Todes im Jahre 1901 war die Royal Collection gewaltig gewachsen, besser dokumentiert und wahrscheinlich auch besser gepflegt als jemals zuvor in ihrer Geschichte. Man tut sich schwer, nicht die posthume Zerstörung eines Großteils des räumlichen Ambiente zu beklagen, das einen so trefflichen Rahmen für die gemeinsame Errungenschaft der Königin und des Prinzen abgab, nicht zu bedauern, daß viele der Dinge, die in ihrer Gesamtheit für unser Verständnis ihres Geschmacks und ihrer künstlerischen Ambitionen so aufschlußreich wären, heute in alle Winde zerstreut sind.