Doch dieser Zustand hielt nicht lange an. Kluge englische Politiker erkannten sehr schnell, was in diesem jungen Mann steckte: Melbourne, Wellington, Peel. Albert überzeugte im kleinen Kreis, er war kein Mann für große Gesellschaften. Es waren diese englischen Staatsmänner, die der Königin rieten, ihren Mann in der Funktion des Privatsekretärs in die Staatsgeschäfte einzuspannen. Und was die häusliche Situation betraf, so stellte Albert seiner Frau ein Ultimatum: Die Baronin Lehzen wurde ehrenvoll verabschiedet. In beidem gab Victoria inzwischen nur zu gern nach. Von nun an dominierte Albert nicht nur unangefochten die Familie, sondern er war auch der Chefberater seiner Frau, die ihn von Jahr zu Jahr mehr anbetete und schließlich keine wichtige Unterschrift mehr ohne sein Urteil leistete. "Ach, wenn ich unser schönes, glückliches gemeinsames Leben nur richtig beschreiben könnte", notierte sie in ihr Tagebuch. Alberts erstes Anliegen war es - und das haben die Politiker sehr schnell schätzen gelernt -, daß er Victoria auf die Rolle der konstitutionellen Monarchie festlegte, die sich nicht, wie ihre Vorgänger, mit einer der beiden Parteien verbündete, die aber andererseits hartnäckig auf ihren Rechten bestand, wie Lord Palmerston im jahrelangen Konflikt über die außenpolitischen Zuständigkeiten lernen mußte. Die englischen Historiker betrachten das heute als Alberts größtes Verdienst; seither war die Stellung der Monarchie in Großbritannien unangefochten.
Daneben engagierte sich Albert sehr in sozialen Fragen, von denen Victoria wenig begriff. Die industrielle Revolution, die dem Empire mit seinen Kolonien die absolute Spitzenstellung in Weltpolitik und Weltwirtschaft garantierte, hatte daheim katastrophale soziale Folgen. Albert fuhr in die Industriegebiete, untersuchte die Verhältnisse, hielt Reden und Vorträge, half den Londoner Hafenarbeitern, veranstaltete Kostümfeste, um die Tuchweber zu unterstützen; er ließ Musterwohnungen errichten, bewirtschaftete ein Mustergut in Windsor, unternahm forstwirtschaftliche Experimente auf der Isle of Wight, organisierte Schulen für seine Arbeiter - er glaubte an den Fortschritt, und er suchte Harmonie. Seine Idee war, daß technischer Fortschritt, soziale Verbesserungen und künstlerische Form in Übereinstimmung gebracht werden könnten, und dieser Idee entsprang die erste Weltausstellung 1851 in London. Entgegen allen düsteren Prophezeiungen wurde sie ein ungeahnter Erfolg. 14.000 Aussteller, 100.000 Objekte, sechs Millionen Besucher und ein Überschuß von 186.000 Pfund Sterling. Albert legte ihn sofort wieder an: Im Stadtteil Kensington wurde Grund gekauft, und dort entstand, was die Londoner "Albertopolis" nannten: der Komplex der naturwissenschaftlichen Museen und der Musikhochschule.
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