In der von Katastrophen, Zäsuren und Neuanfängen geprägten neueren deutschen Geschichte scheint die Epoche vor 1914 und ihre aristokratische Lebenswelt unendlich fern. Der verlorene Erste Weltkrieg und die Revolution von 1918 haben dem preußisch-neudeutschen Kaisertum und den Dynastien ein Ende gemacht: Kein öffentliches, nationales Blutopfer wie in Frankreich, kein klammheimliches Erschießungskommando wie in Rußland markierten den Übergang zur Republik. Die Fürsten traten einfach ab ins Privatleben. Zwar ging Wilhelm II. ins Exil, doch seine Söhne und die ehemaligen Bundesfürsten blieben, und nur seinem Starrsinn ist es zu danken, daß der Ex-Kaiser nicht in den 20er Jahren als Privatmann nach Deutschland zurückkehrte. In der Weimarer Republik gab es noch zahlreiche Monarchisten. Seit der "doppelten Staatsgründung" 1948/49 aber plädierte, abgesehen von wenigen skurrilen Außenseitern, niemand mehr für die Rückkehr zur Monarchie. Wilhelm II. wurde nach 1918 zum Sündenbock für die Demokratiedefizite und inneren Widersprüche des gescheiterten Obrigkeitsstaates gemacht, nach dem Ende der NS-Terrorherrschaft dann zum geistigen Ahnherrn der Nationalsozialisten, schließlich zur Unperson, für die in bundesdeutschen strukurgeschichtlichen Analysen des Kaiserreiches ebensowenig Platz war wie in der dem historischen Materialismus verpflichteten Geschichtswissenschaft der DDR.