In der stark von pädagogischen Gesichtspunkten geprägten Aufbauphase europäischer Kunstgewerbesammlungen war man zunächst bestrebt, Bestandslücken durch Kopien zu ersetzen. Vorbilder lieferte wieder einmal Prinz Albert, der dem South Kensington Museum Kopien von Werken der Royal Collection zur Verfügung gestellt hatte.24 Das Berliner Gewerbemuseum hat in seinem Gründungsjahr ebenso Nachbildungen aus Beständen des South Kensington Museum erworben, wie dieses Nachgüsse nach Werken der Berliner Sammlungen erwarb.25 Auch beim Erwerb von Originalen unterstützte man sich gegenseitig. So sandte das Berliner Gewerbemuseum auf Veranlassung der Kronprinzessin 1880 eine Sammlung chinesischer Glasgefäße an das South Kensington Museum, das seinerzeit noch keine derartigen Gefäße besessen zu haben scheint. In seinem Dankesschreiben meinte der Direktor der Sammlung: "Es wird zu allen Zeiten wünschenswert sein, durch privilegierte Beziehungen einen solchen Austausch von Objekten zu fördern, wenn sich, wie in diesem Falle, herausstellt, daß Stücke angeboten werden, welche über normale Verbindungen schwierig zu erhalten sind."26 Neben dem Zeichenunterricht an der Kunstgewerbeschule waren es diese Vorbildersammlungen, die den Geschmack der Gewerbetreibenden und des Publikums verändern sollten, und dies nicht nur in der Hauptstadt, sondern auch in den preußischen Provinzen. So wurden seit 1870 Wanderausstellungen organisiert - auch dies ursprünglich eine Idee des Prinzen Albert -, die Teile der Sammlung in den Provinzialmuseen präsentierten.27 1871 übernahm Kronprinz Friedrich Wilhelm das Protektorat über die Berliner Museen. Damit gewann er Mitspracherecht bei Ausbau und Verwaltung aller Berliner Sammlungen - prompt wurde 1872 der Ankaufsetat der Königlichen Museen von 20.000 auf 108.000 Taler erhöht.
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