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Die gesellschaftlichen Strukturen der deutschen Territorien
und Städte waren ständisch geprägt. Zu diesen
Ständen zählten der Adel, die Geistlichen, die Bürger
und die Bauern. Am unteren Ende standen die Unterschichten.
Teils gehörten sie noch zur ständischen Gesellschaft,
teils fielen sie aus ihr heraus. Ein Staatsvolk mit gleichen
Rechten und Pflichten wie im modernen Nationalstaat gab es
nicht. Auch eine Staatsangehörigkeit im heutigen Sinne
existierte nicht. Vielmehr waren die Beziehungen der Stände
und Schichten zur Obrigkeit durch je unterschiedliche Rechtsbeziehungen
definiert.
Für Zuwanderer galten daher keine allgemeinen Aufnahmeregeln.
Die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung hing vom Stand,
dem sozialen Status und der Konfession jedes einzelnen ab.
Von entscheidender Bedeutung waren auch die obrigkeitlichen
Ordnungsinteressen.
Im Zuge der konfessionellen Auseinandersetzungen in Europa
strömten zahlreiche protestantische Glaubensflüchtlinge
in das Heilige Römische Reich. Weitere wanderten von einem Territorium des Reiches in ein anderes zu. Die Landesherren
nahmen Migranten nicht nur aus religiösen, sondern auch
aus politisch-wirtschaftlichen Motiven auf. Für ihre „Peuplierungspolitik“ benötigten
sie Zuwanderer. Diese erhielten mittels Privilegien einen neuen Rechts- und Untertanenstatus.
Gleichzeitig reglementierten die Obrigkeiten die wirtschaftlich
erwünschte Arbeitsmigration von Gesinde oder Wandergesellen.
Sie gingen zugleich gegen auf der Straße lebende Bettler
und Vaganten vor. Diese „herrenlosen“ Menschen
galten als Bedrohung der sesshaften Ständegesellschaft.
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