Plakatmotiv "Migrationen 1500-2005"

 

Zuwanderungsland Deutschland: Migrationen 1500-2005 - Die Hugenotten, Deutsches Historisches Museum
22. Oktober bis 12. Februar 2006, Ausstellungshalle von I.M. Pei - Logo DHM

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Niederländische Glaubensflüchtlinge

 

Im Europa der Frühen Neuzeit galt religiöse Homogenität eines Landes als Voraussetzung gesellschaftlicher Einheit und sozialen Friedens.
In den Spanischen Niederlanden verfolgte der katholische König Philipp II. die Anhänger der Reformation als ‚Ketzer’. 1566 entlud sich der Protest gegen die spanische Herrschaft im „Bildersturm“: Niederländische Calvinisten zerstörten Hunderte katholischer Kirchen. Der Aufstand wurde von spanischen Truppen blutig niedergeschlagen.
Rund 100.000 niederländische Anhänger der Reformation verließen im 16. Jahrhundert ihre Heimat. Mindestens 19.000 siedelten sich in deutschen Territorien an. Nicht alle flohen aus religiösen Gründen. Sie hatten auch unter den wirtschaftlichen und sozialen Folgen der spanischen Unterdrückung gelitten.

 

  Die Weseler Ratspokale („Geusenbecher“) der Flamen und Wallonen
 


Die Weseler Ratspokale („Geusenbecher“) der Flamen und Wallonen






Die Weseler Ratspokale („Geusenbecher“)
der Flamen und Wallonen
Gilles Sibricht (eingeschrieben Köln 1542 – 1598 Frankfurt a.M.)
Wesel 1578
Silber, gegossen, getrieben, vergoldet, graviert, H 58,5, Dm Kuppa 15,5
Wesel, Städtisches Museum Wesel, SMW

 

 

Im Auftrag niederländischer Glaubensflüchtlinge fertigte der Kölner Goldschmied Gilles Sibricht 1578 zwei prächtige vergoldete Pokale an, mit denen sich Flamen und Wallonen beim Rat der Stadt Wesel für ihre Aufnahme bedankten. Sie sehen hier die Pokale der wallonischen Flüchtlinge, die im Mittelstück biblische Beispiele für Gastfreundschaft zeigen. Die wertvollen Goldschmiedearbeiten sind mit allerlei Ornamenten, Masken und Fruchtgehängen reich dekoriert. Das Weseler Wirtschaftsleben war vor der Ansiedlung der Niederländer einseitig durch den Handel bestimmt. Die gut ausgebildeten Handwerker aus den Niederlanden stellten deshalb eine willkommene Bereicherung dar.
Nicht in allen Aufnahmeorten verlief die gesellschaftliche und wirtschaftliche Integration der Niederländer so gut wie in Wesel. Im katholischen Köln begegnete man den calvinistischen Zuwanderern mit viel Misstrauen.


  Kirchenordnung der Reformierten Kirche der Niederlande
 


Kirchenordnung der Reformierten Kirche der Niederlande







„Kercken Ordnung / in den general Synodo der / Nederlandtschen kercken gestelt / tot Middelborch in Junio / Anno 1581“
Zeitgenössische Kopie
Middelburg, 29. Mai / 29. Juni 1581
Handschriftlich, 33,0 x 21,0
Wesel, Evangelische Kirchengemeinde Wesel
Wesel, Gefach 60, 7.1

 


Diese reformierte, das heißt calvinistische Kirchenordnung regelte detailliert alle Aspekte des Bekenntnisses und des Gemeindelebens. Sie galt für die im Untergrund handelnden Gemeinden in den Spanischen Niederlanden und die Flüchtlingsgemeinden, so auch für die niederländische Gemeinde in Wesel. Unter dem Einfluss der calvinistischen Immigranten aus den Spanischen Niederlanden vollzog sich im lutherischen Wesel in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine „zweite Reformation“: Der Calvinismus wurde zum vorherrschenden Bekenntnis in der Stadt.

 

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