Plakatmotiv "Migrationen 1500-2005"

 

Zuwanderungsland Deutschland: Migrationen 1500-2005 - Die Hugenotten, Deutsches Historisches Museum
22. Oktober bis 12. Februar 2006, Ausstellungshalle von I.M. Pei - Logo DHM

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Juden in der Frühen Neuzeit

 

Bereits im 8. Jahrhundert lebten Juden im Reich. Sie bildeten eine religiöse Minderheit, die seit dem 13. Jahrhundert zunehmend ausgegrenzt und verfolgt wurde. Nach den Vertreibungen des späten Mittelalters flohen viele deutsche Juden nach Osteuropa. Etwa 20.000 blieben jedoch und lebten über das Reichsgebiet verstreut.
Ende des 15. Jahrhunderts wurden 150.000 bis 200.000 Juden aus Spanien und Portugal vertrieben. Nur die, die zum Christentum übertraten, durften bleiben. Die Inquisition verfolgte sie trotzdem als ‚Scheinchristen’, weshalb viele von ihnen aus ihrer Heimat flohen. Die meisten zogen nach Nordafrika, Südosteuropa oder in die Spanischen Niederlande. Einige ließen sich in norddeutschen Handelsstädten nieder.
Im Reich waren die Juden stärker als andere von der Gunst der Obrigkeiten abhängig. Ihr Aufenthaltsrecht war nicht gesichert. Es musste bis ins frühe 19. Jahrhundert hinein als ‚Schutzbrief’ teuer erkauft werden. Das Bürgerrecht war ihnen als Nichtchristen grundsätzlich verwehrt. Diejenigen, die kein 'Schutzgeld’ zahlen konnten, fristeten ihr Dasein als Vaganten und ‚Betteljuden’ auf der Straße.

  Reglement betr. die Lebensverhältnisse der Juden in Hamburg
 










„Neue-Reglement Der Judenschafft in Hamburg / So Portugiesisch- als Hochteutscher Nation“
Hamburg, 7. September 1710
Druck, 30,7 x 19,0
Hamburg, Staatsarchiv Hamburg, Bestand Bibliothek, Mandaten-Sammlung, X 620/12

 

 

Das „Reglement der Judenschaft in Hamburg“ von 1710 beendete die Rechtsunsicherheit, die das Leben der deutschen bzw. aschkenasischen Juden bis dahin bestimmt hatte. Seit den 1620er Jahren hatten sie sich – stillschweigend vom Rat der Stadt geduldet – vermehrt in Hamburg niedergelassen. Ohne verbrieftes Niederlassungsrecht waren sie jedoch den Angriffen von Bürgerschaft und lutherischer Geistlichkeit schutzlos ausgeliefert. Sie wurden im Laufe der Jahre mehrfach ins liberale dänische Altona ausgewiesen. Das Reglement galt für portugiesische und deutsche Juden gleichermaßen. Es enthielt Bestimmungen zum Wohnrecht, zum Handel, zur Besteuerung und zu Fragen der Religionsausübung. Die Errichtung einer Synagoge blieb den Juden Hamburgs weiterhin verwehrt. Das Reglement bildete bis ins 19. Jahrhundert die Grundlage des Hamburger Judenrechts.

 

  Liedblattverkäufer
 











Martin Dichtl (um 1639/40 – 1710)
1669
Öl auf Leinwand, 98,0 x 76,0
Salenstein/Schweiz, Margit & Hans-Roland Becker

 

 

Das Bild zeigt einen jüdischen Wanderhändler. Die Darstellung ist frei von den übertriebenen, stereotypen Gesichtszügen, mit denen Juden meist abgebildet wurden. Mit klarem, selbstbewusstem Blick begegnet der Mann mittleren Alters dem Betrachter. Der Porträtierte ist namentlich nicht bekannt, die breite Mütze mit dem Pelzbesatz legt aber die Vermutung nahe, dass er aus Osteuropa stammt. Seinen niedrigen Stand erkennt man unter anderem am Zustand der Kleidung. Der einfache Umhang ist locker zurückgeschlagen und gibt den Blick frei auf eine alte, nachlässig geknöpfte und zerschlissene Jacke. Aus einer Umhängetasche schauen zwei Liedblätter heraus, weitere hält er in der rechten Hand. Dem deutlich lesbaren Titel ist zu entnehmen, dass es sich um „Weltliche Lieder“ handelt. Zu seinem Warenangebot gehört auch Kinderspielzeug. In der Linken trägt er einen Stab, an dem ein buntes Papiervögelchen baumelt. Das Vögelchen brachte der Händler zum Surren und kündigte damit sein Erscheinen im Ort akustisch an.
Juden waren in ihrer Erwerbstätigkeit bis ins frühe 19. Jahrhundert zahlreichen Beschränkungen unterworfen. Der Zugang zum traditionellen, in Zünften organisierten Handwerk war ihnen versperrt. Auch der Zuzug von Juden wurde streng reglementiert. Wer sich aus Geldmangel keinen festen Aufenthaltstitel erkaufen konnte, musste aus der Not eine Tugend machen und als Wanderhändler umherziehen.


 

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