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In den Türkenkriegen vom
16. bis ins 18. Jahrhundert wurden zahlreiche Muslime aus
dem Osmanischen Reich als „Beute“ in die kriegführenden
europäischen Länder verschleppt. Für das Reich
wurden bislang knapp 600 dieser „Beutetürken“
nachgewiesen, etwa die Hälfte davon Kinder unter 16 Jahren.
Durch Unterweisung in Bibel, Katechismus und Kirchenliedern
sollten die „Heiden“ auf die Taufe vorbereitet
werden, die man von jedem „Ungläubigen“ erwartete
oder gar forderte. Mit der Taufe war die Übernahme eines
christlichen Vornamens, zumeist des Taufpaten, verbunden.
So wurden zum Beispiel aus Achmeth Johann Heinrich, aus Hussein
Johann Mauritz und aus Fatyma Susanna Rosina.
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Taufe eines Knaben
aus dem Osmanischen Reich |
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1617
Öl auf Leinwand, 130,0 x 80,0
Michelau, Dekanatsbezirk Michelau
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Das einzigartige Gemälde von 1617
dokumentiert dieses heute eher unbekannte Kapitel der Türkenkriege.
Das Gemälde zeigt die Taufe eines verschleppten Jungen,
der – laut Bildunterschrift – Sohn eines türkischen
Paschas war. Der Adlige Wolf von Lichtenstein hatte ihn gefangen
genommen und für die Taufe gesorgt. Das Gemälde
zeigt drei zeitlich aufeinander folgende Szenen in simultaner
Darstellung. Zuerst wird der Knabe in Anwesenheit der Gemeinde
vom Pfarrer in der christlichen Glaubenslehre geprüft,
dann von Wolf von Lichtenstein zum Taufbecken geführt.
Dort wird er in Anwesenheit von zwei Paten auf den Namen Wolff
Christof getauft. Sein weiteres Schicksal ist ungewiss. Im
Allgemeinen scheinen die Verschleppten in die christliche
Umgebung integriert worden zu sein. Kirchenbücher belegen,
dass Männer osmanischer Herkunft Dienstmädchen,
Bäckers- oder Wirtstöchter heirateten. Osmaninnen
sind als Ehefrauen von Mühlknechten, Böttchern,
Schulmeistern oder Pfarrern dokumentiert.
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