Kino im Zeughaus

 

Kino im Zeughaus | Programm | Programmarchiv

 


  AUS UNSEREM ARCHIV

 

AUS UNSEREM ARCHIV

Mit Beispielen aus der Filmsammlung des Deutschen Historischen Museums beenden wir das Programm 2006.

 

Aus unserem Archiv
Is Paris Burning?
Paris brûle-t-il?

F 1966, R: René Clément, D: Jean-Paul Belmondo, Gert Fröbe, Glenn Ford, Orson Welles, Alain Delon, Kirk Douglas, Yves Montand, Anthony Perkins, 168’  ׀   engl. Fass.’

Der Kampf um Paris im August 1944. Im Mittelpunkt steht der deutsche Stadtkommandant Dietrich von Choltitz, der den Befehl Hitlers, Paris zu zerstören, nicht befolgte und sich bedingungslos den vorrückenden Truppen der Alliierten ergab.
Cléments Film ist ein historisches Fresko in großer Starbesetzung, in dem er sich gleichwohl um unbedingte Treue gegenüber den geschichtlichen Daten und Fakten bemühte. Grundlage des Drehbuchs von Francis Ford Coppola und Gore Vidal war der gleichnamige Roman von Larry Collins und Dominique Lapierre. Der Film entstand mit großzügiger Unterstützung des französischen Staates zum überwiegenden Teil an Originalschauplätzen. Für die Dreharbeiten wurden über mehrere Wochen ganze Straßenzüge gesperrt.
Paris brûle-t-il? war 1967 in den Kategorien Beste Ausstattung (Pierre Guffroy) und Beste Kamera (Marcel Grignon) für den Oscar nominiert, ging aber bei der Preisverleihung leer aus. Maurice Jarre erhielt einen Golden Globe für die Beste Originalmusik.

am 21.11. um 20.00 Uhr, am 24.11. um 21.00 Uhr

 

 

 

Aus unserem Archiv
Herr Zwilling und Frau Zuckermann
D 1999, R: Volker Koepp, 130’

Wo ist der Schnee von gestern, fragt Frau Zuckermann, sie zitiert den Satz im französischen Original, eine Verszeile von François Villon. Sie ist eine weise, eine belesene alte Frau, sie lebt in der Dichtung. Jeden Tag bekommt sie Besuch von Herrn Zwilling, und dieses tägliche Zusammensein bedeutet ein wesentliches Stück Erinnerungsarbeit für die alte Stadt Czernowitz. Herr Zwilling und Frau Zuckermann gehören zu den Überlebenden der Stadt und der Kultur, für die sie einst stand – der jüdischen Tradition des einstigen Buchenlandes, der untergegangenen Bukowina. Dann kamen die Tage, da wurden die jüdischen Bewohner brutal deportiert, in die Ghettos und die KZs gesteckt. Und nach dem Krieg ist das Land geteilt, im Wesentlichen an die Ukraine gekommen.
„’Sagen Sie's jetzt’, hört man immer wieder Volker Koepps Stimme aus dem Off. Selten hat das Kino sich so wunderbar selber reflektiert, diskret, aber nachdrücklich. Die Kamera, die so oft auf Aktion aus schien – hier erweist sie sich als Instrument der Kontemplation, um die Zeit selbst zu filmen." (Süddeutsche Zeitung, Fritz Göttler).

am 22.11. um 20.00 Uhr, am 25.11. um 19.00 Uhr

 

 

 

Aus unserem Archiv
Haonan haonu
Good Men, Good Women

Japan/Taiwan 1995, R: Hou Hsiao-hsien, D: Annie Shizuka, Lim Giong, Jack Kao, Jieh-Wen King, Vicky Wie, Bo-Chow Lan, 110’   ׀   OF mit dt. und frz. UT

Das Kino Taiwans hat Mitte der 80er Jahre seinen eigenen Weg gefunden. Damals verboten die Machthaber jedem, von der bewegten Geschichte dieser atypischen Insel zu sprechen: zwischen 1895 und 1945 von den Japanern besetzt, nach 1949 in der Gewalt der republikanischen Chinesen – es war schwer für die Taiwanesen auszumachen, wer sie überhaupt waren, und das Kino spiegelte diese Identitätssuche wieder. Hou Hsiao-hsien etwa, einer der Begründer der „Neuen Welle", hat eine Trilogie über die Geschichte Taiwans gedreht (City of Sadness, The Puppetmaster, Good Men, Good Women). Darin entwickelt er eine sehr spezielle, charakteristische und radikal innovative Ästhetik: ein Flüsterkino, in dem die Schauspieler sich in sehr langen, ruhigen Einstellungen einrichten und das Wort verstummt ist.
In Good Men, Good Women lebt Liang Ching, eine junge Frau, in der modernen taiwanesischen Hauptstadt Taipeh. Ihr Alltag ist geprägt von Sehnsucht und Einsamkeit, von Lebenshunger und Verletzlichkeit. Während immer wieder ein Unbekannter anruft und sie mit gefaxten Seiten ihres gestohlenen Tagebuchs konfrontiert, durchdringen im wesentlichen drei Erlebniskreise ihre Gedanken: die Gegenwart, in der sie sich auf ihre Rolle in einem Film vorbereitet; die Geschichte dieses Films selber, der vom Kampf und Widerstand im China der vierziger und fünfziger Jahre handelt; schließlich die nahe Vergangenheit, in der sie ihren Freund gewaltsam verloren hat. Der anonyme Anrufer erinnert sie immer wieder an ihn.

am 24.11.2006 um 19.00 Uhr, am 26.11.2006 um 21.00 Uhr

 

 

 

Aus unserem Archiv
Antigone
D/F 1991, R: Danièle Huillet, Jean-Marie Straub, D: Astrid Ofner, Ursula Ofner, Libgart Schwarz, 99’ | dt. Fass.

Das antike Drama um Antigone, die ihre in der Schlacht gefallenen Brüder gegen das Verbot des Herrschers von Theben beisetzt und dafür hingerichtet wird. Sophokles' Trauerspiel – in der Hölderlin'schen Übersetzung und der Bearbeitung durch Bertolt Brecht – wird rigoros als Sprech-Partitur in einem Freiluft-Theater dargeboten, wobei den Schauspielern die Aufgabe zukommt, die Essenz der Texte darzustellen.
„Der Film Antigone, wenn er sich dem ersten Blick auch als ein Werk von Schülern oder ewigen, eigensinnigen Anfängern zeigt, offenbart mit der Zeit dann noch ein ganz anderes Gesicht. Die Darsteller, sämtliche!, Amateure wie Gelernte, nehmen im Lauf der Begebenheiten wunderbar zu an Massivität, Leibhaftigkeit, Anwesenheit, Volumen, rein durch ihr gesteigert inbrünstiges Sprechen, so dass man am Ende, mag auch nichts extra Sportliches sich zugetragen haben, einen Athletik-Film gesehen hat, einen recht besonderen. Der Schauspieler Werner Rehm als Kreon übertrifft an Statur schließlich klar den Charlton Heston als Ben Hur, ebenso wie die Nichtprofessionelle Astrid Ofner als die Antigone mit ihrer stolzen und immer stolzeren Halsstarrigkeit ein Fleisch wird zum Beispiel mit der Elizabeth Taylor als Kleopatra oder mehr noch all den halsstarrigen Frauen und Mädchen der gar körperbetonten Filme des Howard Hawks.“ (Die Zeit, Peter Handke).

am 25.11.2006 um 21.15 Uhr, am 26.11.2006 um 19.00 Uhr

 

 

 

Aus unserem Archiv
The Piano
AUS/F 1992, R: Jane Campion, D: Holly Hunter, Harvey Keitel, Sam Neill, Anna Paquin,
121' | OF

In der Mitte des 19. Jahrhunderts muss die stumme Auswanderin Ada (Holly Hunter) mit ihrer neunjährigen Tochter Flora (Anna Paquin) eine ganze Nacht in einer einsamen Bucht an der Küste Neuseelands warten, bis der Farmer Stewart (Sam Neill) die beiden abholt. Stewart soll Adas Ehemann werden, das hat Adas Vater in England bereits arrangiert.
Trotz ihres flehentlichen Bittens lässt Stewart Adas Piano, das ihr die Stimme ersetzt, am Strand zurück. Baines, ihr Nachbar (Harvey Keitel), ein verschlossener, eigenwilliger Maori, spürt im Gegensatz zu Adas verklemmtem Gatten schnell, was das Instrument der jungen Frau bedeutet. Er bringt das Klavier in seinen Besitz und schlägt der Frau vor, es sich zurückzuverdienen, indem sie ihm Unterricht gibt. Ada geht jedoch noch einen Schritt weiter.
„Das Piano ist ein Kostümfilm, den Jane Campion behutsam seiner Konventionen entledigt, so wie Harvey Keitel allmählich den Körper der stummen Holly Hunter freilegt: In einem mythisch durchwucherten 19. Jahrhundert in Neuseeland kämpfen virile Sinnlichkeit und unbehauene Virilität um die Sensibilität einer Frau, die zuerst nur im Klavierspiel ihren Ausdruck findet.“ (Bert Rebhandl)
Jane Campion gewann mit diesem Film als erste Regisseurin in Cannes die Goldene Palme.

am 12.12.2006 um 20.00 Uhr, am 16.12.2006 um 21.00 Uhr

 

 

 

Aus unserem Archiv
Der Totmacher
D 1995, R: Romuald Karmakar, D: Götz George, Jürgen Hentsch, Pierre Franckh, Hans Michael Rehberg, 115'

Der Fall Haarmann hielt die Weimarer Republik in Atem: Fritz Haarmann ermordete und zerstückelte mehr als zwanzig junge Männer. Die erhaltenen Protokolle des psychiatrischen Verhörs in der Landes-Heil- und Pflege-Anstalt in Göttingen dienen als Grundlage der Filmdialoge und tragen dazu bei, dass das Psychogramm des Massenmörders entsteht.
„Keine Rückblenden, nur dieses eine Zimmer, (…) in dem die Kamera von Fred Schuler ihren einsamen Tanz veranstaltet. Manchmal fängt es draußen zu regnen an, manchmal scheint die Sonne, manchmal kommt jemand vorbei. Aber sonst gibt es 115 Minuten lang dieselbe Situation: Mörder, Gutachter, Stenograph. Der eine redet, der andere stellt Fragen, der Dritte schweigt. Ein Drei-Personen-Stück, aber eine One-Man-Show: Götz George spielt Haarmann, Jürgen Hentsch gibt die Stichworte, und Pierre Frankh schreibt und sieht zu. Mehr nicht, aber etwas Spannenderes kann man sich kaum vorstellen. George stürzt sich auf die Rolle, als wäre sie ein Stück von ihm. Ein schauspielerischer Kraftakt, in dem er alle Register seines Könnens zieht – und zwar mit voller Wucht.“ (Focus, Michael Althen)
Für seine Verkörperung des Totmachers erhielt Götz George 1995 den Preis als Bester Schauspieler beim Filmfestival von Venedig. Bei der Bundesfilmpreisverleihung 1996 wurde Der Totmacher dreimal ausgezeichnet.

am 13.12.2006 um 20.00 Uhr, am 15.12.2006 um 21.00 Uhr

 

 

 

Aus unserem Archiv
Die Denunziantin
D 1993, R: Thomas Mitscherlich, D: Katharina Thalbach, Dieter Schaad, Hanns Zischler, 93’ '

Juli 1944: das Attentat auf Adolf Hitler ist gescheitert. Der zivile Kopf der Verschwörung, Carl Goerdeler, taucht unter. Nur wenige Wochen später in einem Büro der Luftwaffe: Helene Schwärzel arbeitet als Buchhalterin. Ihre Dienststelle ist in einem kleinen Gasthaus in Ostpreußen einquartiert. Die schüchterne Frau erkennt auf einem Bild Carl Goerdeler wieder: 1924 hat dieser Mann die kleine Fahrkartenverkäuferin freundlich in einem Seebad an der Ostsee gegrüßt, sogar den Hut vor ihr gezogen. Die Kollegen hatten sie wegen dieser Geschichte immer ausgelacht. Auf der Flucht verschlägt es Goerdeler ausgerechnet in jenes Gasthaus, in dem Helene Schwärzel arbeitet. Einmal in ihrem Leben will Helene Schwärzel jetzt Recht haben und ernst genommen werden …
Goerdeler wird aufgrund der naiven Denunziation von Helene Schwärzel hingerichtet, die dafür eine Belohnung von 1 Million Reichsmark erhält und sofort dem Roten Kreuz spendet. 1946 wird sie ihrerseits denunziert, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht gestellt und zu sechs Jahren Haft verurteilt. Aber: neben Helene Schwärzel wurde kein Richter oder Staatsanwalt, kein Truppenangehöriger oder Zivilist wegen des Justizmordes an Goerdeler zur Verantwortung gezogen.
„Katharina Thalbach spielt Helene Schwärzel. Sie stellt den Zwiespalt zwischen Triumphieren und moralischem Erschrecken über sich selber bezwingend dar (…) Die Gegenwehr eines Menschen, den man nie ernst genommen hat. “ (Katalog der Landesmediendienste Bayern).

am 15.12.2006 um 19.00 Uhr, am 17.12.2006 um 19.00 Uhr

 

 

 

Aus unserem Archiv
Die Überlebenden
D 1996, R: Andres Veiel, 90’

„Klassentreffen, Abiturjahrgang 1979: nach 17 Jahren treffen wir uns wieder. Drei fehlen: sie haben sich in den letzten Jahren umgebracht. Der Film versucht, den Spuren der drei Klassenkameraden nachzugehen. Ein Film über einen Stuttgarter Vorort, den Versuch zu entkommen – und über Menschen die geblieben sind. Dabei entsteht en passant das Porträt einer Generation, die scheinbar durch den Rost der Geschichte gefallen ist – die Generation der 79er.“ (Andres Veiel über seinen Film)
„Auch Dokumentarfilme können spielerisch leicht sein. Andres Veiel geht den Schicksalen dreier Gefährten mit einer Intensität nach, die gegen die Grenzen des Genres wütet und sogar Inszenierungsansätze sucht, um zu verdeutlichen, was den früh Gescheiterten widerfuhr. Nach Väterwillen sollten sie nach Erfolg streben, doch sie zerbrachen unter einem teilweise ideologisch ausgefüllten Vater-Sohn-Konflikt. Veiel will dem Frage-Antwort- Schema, an das er gebunden ist, entkommen. Sein Film ist gewiss das aufregendste Dokumentarwerk, das sich die deutsche Gegenwart als Stoff vornimmt. Modische Grenzüberschreitungen macht Veiel nicht mit, er weitete den dokumentarischen Raum bis zur Dehnungsgrenze aus.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, Hans-Jörg Rother).

am 16.12.2006 um 19.00 Uhr, am 17.12.2006 um 21.00 Uhr

 

 

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