EICHBERG WIEDERENTDECKT
Über ein Vierteljahrhundert gehörte Richard Eichberg (1888-1953) zu den zentralen Figuren des deutschsprachigen Genrekinos. Die Palette des als Berliner Original bekannten Regisseurs und Produzenten erstreckte sich dabei von Sensations-Melodramen über Kriminal- und Spionagestreifen, Historien- und Abenteuerspektakel bis hin zu musikalisch beschwingten Operetten- und Varietéfilmen. Er entdeckte Stars wie Lee Parry, Lilian Harvey oder La Jana, drehte mit Paul Wegener, Willy Fritsch, Anna May Wong, Hans Albers und Heinrich George. Viele seiner Filme setzten für ihre Zeit die Standards populärer Filmunterhaltung. Vom Publikum wurde er geliebt, von der Kritik als Meister der Kolportage teils heftig angegriffen, teils leidenschaftlich verteidigt. Als Markenzeichen eines Studiostils wie als inszenatorische Handschrift des Regisseurs war der Name Eichberg synonym für ein modernes, international ausgerichtetes Kino der bewegten Massen und exzessiven Emotionen – auf und vor der Leinwand: „Kennen Sie den Zustand, wenn man sehr gut gegessen, einen sehr guten Wein getrunken hat und jetzt, nachher, eine Havanna raucht – ein Zustand, wo der andere den größten Kohl reden kann und man findet es doch lustig, anregend? Das ist der Zustand ‚Richard Eichberg’“ (Willy Haas, 1926). Nicht zuletzt diesen besonderen Aggregatzustand, in den Eichberg sein historisches Publikum zu versetzen verstand, gilt es an seinen Filmen wieder zu entdecken.
Eine Veranstaltungsreihe in Zusammenarbeit mit CineGraph Babelsberg und dem Bundesarchiv-Filmarchiv
EICHBERG WIEDERENTDECKT
Song
D/GB 1928, R: Richard Eichberg, D: Anna May Wong, Heinrich George, Mary Kid, Paul Hörbiger engl. ZT, 94’
Mit ihrer Darstellung des Malayen-Mädchens „Song“ spielte sich Anna May Wong, von Richard Eichberg aus Hollywood nach Europa geholt, erstmals auch in den Mittelpunkt der deutschen Öffentlichkeit. Aber nicht nur das breite Publikum fand Gefallen an der auf einzigartige Weise unverbraucht und authentisch wirkenden jungen Chinesin, auch Intellektuelle zogen ihre „großen Augen, die Unaussprechliches zu – verschweigen scheinen“, in den Bann. In diesem frei nach der Erzählung Schmutziges Geld von Karl Vollmoeller entstandenen Melodrama verkörpert sie die heimatlose Titelfigur, die sich in einen Matrosen (Heinrich George in einer frühen Paraderolle) verliebt. „Singapore – Hafenschenken mit Messerwerfern – Nachtlokal mit Ausstattungskünsten – im Eingang eine Messerstecherei zwischen Matrosen, zwischendurch der Tobsuchtsanfall eines blinden Messerwerfers, zuletzt ein Schwertertanz mit letalem Ausgang – das sind die Elemente, die Eichberg mit zielsicherem Blick und festem Zugriff zum Ganzen fügt“ (Internationale Filmschau, Nr. 10, 25.9.1928). Die ungemeine Präzision, mit der Eichberg das Genremuster ausgestaltet, Momente zärtlicher Intimität ebenso intensiv zur Geltung bringt wie die emotionalen Wirkungen heftiger Dramatik, überzeugt noch heute und lässt Song vielleicht sogar als seinen gelungensten Film überhaupt erscheinen.
Klavierbegleitung: Peter Gotthardt Eröffnungsvortrag: Michael Wedel
am 06.07.2007 um 21.00 Uhr
EICHBERG WIEDERENTDECKT Der Roman einer armen Sünderin
D 1922, R: Richard Eichberg, D: Lee Parry, Aruth Wartan, Gerhard Ritterband, Rudolf Klein-Rohden, 85’
Anfang der 20er Jahre kann Richard Eichberg seine Produktionsfirma durch eine beträchtliche Aufstockung des Stammkapitals und den Abschluss eines lukrativen Verleihvertrags mit der Münchner Emelka auf eine breitere finanzielle Basis stellen. Ein Ergebnis dieser Umstrukturierungen sind deutlich höhere Produktionsbudgets, die es Eichberg gestatten, die Stoffe seiner Filme an internationalen Schauplätzen anzusiedeln und zum Teil auch an Originalschauplätzen zu drehen. In schneller Folge entsteht in diesen Jahren eine Reihe opulenter Sensations-Melodramen, unter denen Der Roman einer armen Sünderin wohl noch den behutsamsten Ton anschlägt. Mit eindringlichen literarischen Schilderungen zeitgenössischer Frauenschicksale wie Ernst von Wolzogens Die arme Sünderin hat die in Ungarn spielende Handlung dennoch wenig gemein, zu stereotyp sind die Figuren angelegt, zu grell ihre Gefühle ausgeleuchtet, zu pathetisch die dramaturgischen Volten durchpariert. Das damalige Publikum störte sich daran jedoch keineswegs, und selbst professionelle Kritiker nahmen Eichberg lediglich den etwas irreführenden Titel übel, würdigten den Film ansonsten als gut gemachte und spannend aufbereitete Unterhaltungsware. In den Hauptrollen sind neben Lee Parry, Eichbergs damaliger Ehefrau, Aruth Wartan, Gerhard Ritterband und Rudolf Klein-Rohden zu sehen.
Klavierbegleitung: Günter Buchwald
am 07.07.2007 um 19.00 Uhr
EICHBERG WIEDERENTDECKT Fräulein Raffke
D 1923, R: Richard Eichberg, D: Lee Parry, Werner Krau, Hans Albers, Lydia Potechina, Harry Hardt, 92’
Der Film entwirft eine Parabel des explodierenden sozialen Spektrums der Weimarer Nachkriegsjahre. Emil Raffke, in dessen Rolle Werner Krauß ein denkwürdiges Kabinettstückchen seiner Schauspielkunst abliefert, und seiner Frau – Lydia Potechina, sichtlich in ihrem Element – schwebt als zukünftiger Gatte ihrer Tochter (Lee Parry) ein den finanziellen Wohlstand aufs Schönste veredelnder Baron vor, der auch noch „von Geldern“ heißt und vom jungen Hans Albers mit einer bemerkenswerten Portion Gemeinheit ausgestattet wird. Das Fräulein entscheidet sich jedoch für einen mittellosen Angestellten (Harry Hardt), mit dem sie, von ihren Eltern zeitweilig verstoßen, ein Kind kriegt, das schließlich die Versöhnung bringt.
Siegfried Kracauer, der dem Film zugute hielt, dass er „auch dort zu lachen gibt, wo man vielleicht nicht nur lachen sollte“, sah in ihm den neuen Sozialtypus des „Raffke“ erstmals zu seinem Recht gekommen: „der über Nacht reichgewordene Mann aus dem Volk mit gesunden Säften, ein Kerl, der lebt und leben läßt und von seinem Reichtum auf eine entzückend barbarische Weise Gebrauch macht. Werner Krauß verleiht ihm die Züge eines Menschen. (…) Dieser große Schauspieler verwirklicht sogar das Unglaubhafte: er entwächst für wenige Augenblicke der Sphäre des Nur-Komischen und breitet über Raffke (…) einen Schimmer von Tragik aus“ (Frankfurter Zeitung, 14.10.1923). In Sowjet-Russland kam der Film auch im Rahmen anti-kapitalistischer Propaganda zum Einsatz.
Klavierbegleitung: Günter Buchwald
Einführung: Philipp Stiasny
am 07.07.2007 um 21.00 Uhr
EICHBERG WIEDERENTDECKT Liebe und Trompetenblasen
D 1925, R: Richard Eichberg, D: Lilian Harvey, Mary Kid, Fritz Spira, Harry Liedtke, 83’
Liebe und Trompetenblasen, im Untertitel als „eine lustige Begebenheit aus dem heiteren Wien vergangener Tage“ beschrieben, entwirft in typischer Eichberg-Manier das komplizierte Muster der Irrungen und Wirrungen, die notwendig sind, um aus einer konventionsbedingten Eheschließung im nachhinein doch noch eine Liebesheirat werden zu lassen. Als sich Rittmeister Ottokar Reichsgraf von Eppenstein (Harry Liedtke) unmittelbar nach der Hochzeit mit der Komtesse Maria Charlotte (Lilian Harvey) und der Rückkehr zu seinem Regiment wieder seiner Geliebten (Mary Kid) zuwendet, sieht sich sein oberster Vorgesetzter, Erzherzog Leopold (Fritz Spira), veranlasst, eine amüsant verwickelte education sentimentale zu inszenieren. Diese führt den Rittmeister zunächst in eine kleine Provinz-Garnison und unter die konfuse Befehlsgewalt des Majors Frosch von Fröschen (Hans Junkermann), schließlich aber, wenn auch über kunstvoll verschlungene Umwege, auf den Pfad der wahren Liebe und zurück zu seiner rechtmäßigen Gattin, für deren innere wie äußere Anmut ihm nun die Augen geöffnet sind. Mit einer Fülle visueller Einfälle und sicher gesetzten Pointen gespickt, bedeutete Liebe und Trompetenblasen den Durchbruch der jungen Lilian Harvey und einen der größten Stummfilm-Erfolge Eichbergs.
Klavierbegleitung: Günter Buchwald
am 08.07.2007 um 19.00 Uhr
EICHBERG WIEDERENTDECKT Die keusche Susanne
D 1926, R: Richard Eichberg, D: Ruth Weyher, Willy Fritsch, Hans Junkermann, Lilian Harvey, 90’
Im Mittelpunkt von Eichbergs Verfilmung der beliebten Operette von Jean Gilbert stehen zwei Frauen, die dem Moralkodex der französischen Vorkriegsgesellschaft ein Schnäppchen schlagen: Die junge Susanne Pomarel (Ruth Weyher) führt ein aufregendes Doppelleben, indem sie ihrem Onkel, mit dem sie in einem Provinznest lebt, in regelmäßigen Abständen ins Nachtleben von Paris entwischt. Dort begegnet sie dem betörenden René Boislurette (Willy Fritsch), um den sie mit der adeligen Jacqueline (Lilian Harvey) konkurriert. Für René und Jacqueline ist die Dreieckskonstellation ein willkommener Anlass, durch vermeintliche Kompromittierung, Jacquelines Vater, den Baron des Aubrais (Hans Junkermann) zu zwingen, sein zuvor verweigertes Einverständnis zur Heirat zu geben, um einen Skandal zu vermeiden. Das turbulente Finale, das schließlich auch den Baron noch kompromittiert, findet dann standesgemäß im Moulin Rouge statt.
Eichbergs keusche Susanne ist die Geburtsstunde des Leinwand-Traumpaars Harvey/Fritsch, dessen Ruf als „Operettenstars auch ohne Musik“ und „Inbegriff einer Heiterkeit, deren tänzerischer Anmut kein Realismus etwas anhaben konnte“ (film-dienst, Nr. 15, 1998) der Film nachhaltig prägte. Willy Haas urteilte anlässlich der Premiere dieses Films: „wenn man überhaupt Operetten verfilmen soll, so kann man sie nicht anders, nicht besser inszenieren, als es Richard Eichberg tut“ (Film-Kurier, Nr. 266, 12.11.1926).
Klavierbegleitung: Günter Buchwald
Einführung: Michael Wedel
am 08.07.2007 um 21.00 Uhr
EICHBERG WIEDERENTDECKT Das Girl von der Revue
D 1928, R: Richard Eichberg, D: Dina Gralla, Werner Fuetterer, Max Hansen, Valerie Boothby, 61’
Mit der Wahl von Handlung und Milieu des Films, so die Ufa-Werbeabteilung, hätte der Regisseur wieder einmal „einen richtigen ‚Richard Eichberg’ geliefert“, der „unfehlbar jeden packt“: „Es ist die Geschichte von dem hübschen, rassigen Revue-Girl, das in seinem Kampf um den Mann beweist, daß es nicht nur, wie bei der Tänzerin der Fall sein soll, das Nötige in den Beinen, sondern auch im Kopf und Herzen hat.“ Der Erfolg des Films um die Revue-Tänzerin Kitty (Dina Gralla) steht im Zusammenhang mit der Deutschland-Tournee der amerikanischen Tiller-Girls, die Siegfried Kracauer als Vorboten eines bedenklichen Geschmackswandels hin zum „Ornament der Masse“ ausgemacht hat. Jedoch verhindert es Eichbergs Neigung zur Operette, den Film seinerseits als Vorboten des deutschen Revuefilms der 30er Jahre anzusehen. Zwar zeigen die im Revue-Theater gemachten Aufnahmen den ganzen Zauber des Showlebens – vor allem aber hinter den Kulissen. Obwohl Eichberg auch im Berliner Admiralspalast, der Hochburg der Revue-Kultur in Deutschland, dreht, orientiert er sich ebenso stark am gediegenen Hollywoodgenre der Backstage-Comedy. So inszeniert er die große Revue-Szene des Films im privaten Raum des gräflichen Schlosses, wo der Aufmarsch von Kittys Kolleginnen die Hochzeit mit dem Grafen Holm (Werner Fuetterer) vorerst platzen lässt. Am Ende wendet sich für das Paar dann aber doch noch alles zum Guten.
Klavierbegleitung: Peter Gotthardt
am 11.07.2007 um 20.00 Uhr
EICHBERG WIEDERENTDECKT Großstadtschmetterling
D/GB 1929, R: Richard Eichberg, D: Alexander Granach, Anna May Wong, Fred Louis Lerch, Nien Sön Ling, 93’
Hatte sich der grazile Reiz der Anna May Wong in Song (1928) noch im Rahmen des rauen Seefahrer- und fernöstlichen Kneipenlebens zu entfalten, so bringt Eichberg ihn in Großstadtschmetterling im vergleichsweise verfeinerten gesellschaftlichen Milieu der Pariser Bohème zur Geltung. Aber selbst hier hat es Anna May Wong, diesmal in der Rolle der schönen chinesischen Tänzerin Mah, mit einem mehr als nur latent gewalttätigen Widerpart zu tun: dem brutalen Coco, gespielt von Alexander Granach, dessen unbändiges Verlangen ihn auch vor Mord und Diebstahl nicht zurückschrecken lässt. Auf der Flucht vor Coco verdingt sich Mah als Modell bei dem russischen Maler Kusmin (Fred Louis Lerch), in den sie sich alsbald verliebt. Als dieser ihr einen Scheck zur Einlösung bei der Bank anvertraut, lauert Coco ihr auf. Mah muss Coco das eingewechselte Geld aushändigen, lässt sich aber nicht zwingen, mit ihm zu gehen. Das Mädchen gerät selbst in Verdacht, den Maler hintergangen zu haben, da sie die Drohung Cocos ernst nimmt, Kusmin zu töten, wenn sie ihm die Wahrheit sagt. Verzweifelt sucht sie nach einem Weg, ihre Unschuld zu beweisen. Wie die zeitgenössische Kritik befand, ist Anna May Wong „auch hier (…) noch von sublimen, durchdringenden, erhellenden Ausdruckskräften und Reizen. Wenn sie schleicht, wenn sie flüchtet, wenn sie tanzt, wenn sie spielt, wenn sie blickt“ (Berliner Tageblatt, Nr. 176, 14.4.1929).
Einführung: Jeanpaul Goergen
Klavierbegleitung: Peter Gotthardt
am 13.07.2007 um 19.00 Uhr
EICHBERG WIEDERENTDECKT Der Draufgänger
D 1931, R: Richard Eichberg, D: Hans Albers, Marta Eggerth, Sigurd Lohde, Gerda Maurus, 86’
Nach dem immensen Erfolg, den Eichberg im Vorjahr mit Der Greifer feiern konnte, der Hans Albers in Edgar-Wallace-Manier als Scotland-Yard-Inspektor nach London verpflanzt hatte, lässt der Regisseur seinen Star in Der Draufgänger in jener Umgebung agieren, die ihm wie keine zweite angestammt ist: in der Rolle des Hafenpolizisten Hans Röder fischt Albers eines Nachts ein bewusstloses Mädchen aus dem Hamburger Hafenbecken und wird kurz darauf von einem Unbekannten überfallen, der mit dem Mädchen in der Dunkelheit verschwindet. Der als „Draufgänger“ stadtbekannte Polizist macht seinem Ruf alle Ehre und übernimmt im Alleingang die Verfolgung, die ihn auf direktem Wege in die Hamburger Unterwelt führt. In einer berüchtigten Gangsterkneipe lernt er die junge „Animierreiterin“ Trude kennen, die, verkörpert durch die blutjunge Marta Eggerth, von einer Gesangskarriere träumt und sich als das Mädchen herausstellt, das er aus dem Wasser gezogen hat. Obwohl es auf undurchsichtige Weise in einen groß angelegten Perlendiebstahl verwickelt zu sein scheint, der sich in der gleichen Nacht ereignet hat, fühlt sich Röder intuitiv zu dem Mädchen hingezogen, dessen Geheimnis es zu ergründen gilt. Unverkennbar tragen „Coups, Einzelzüge, Anlage einiger Szenen, Dialoge usw. den Stempel Eichbergschen Witzes, sind Geist aus dem Geiste Eichbergs“: „Das Publikum fiebert, bangt, fürchtet um den Helden des Films, als sei der gute Hans selber in Gefahr. Jede Wendung zum Guten, jede Rettung aus prekärer Lage wird donnernd applaudiert.“ (Lichtbild-Bühne, Nr. 284, 27.11.1931)
am 13.07. um 21.00 Uhr
EICHBERG WIEDERENTDECKT
Skandal in der Botschaft
BRD 1950, R: Erik Ode, D: Viktor de Kowa, Jeanette Schultze, Andrews Engelmann, Michiko Tanaka, 95’
Sieht man einmal von Indische Rache (1952) ab, bei dem es sich um die einteilige Fassung von Der Tiger von Eschnapur und Das indische Grabmal (beide 1937) handelt, so ist Skandal in der Botschaft der letzte Film, der unter der Federführung Richard Eichbergs fertig gestellt wurde. Als Produzent des Films nahm Eichberg zugleich die „künstlerischen Oberleitung“ wahr, was ihn dazu befugte, nicht nur mit Blick auf das Budget, sondern auch hinsichtlich der Inszenierung seinem Regisseur über die Schulter zu gucken. Als solcher fungierte der später als Fernsehkommissar bekannte Erik Ode, der zu diesem Zeitpunkt bereits ein erfahrener Schauspieler war und nun unter Eichberg zum ersten Mal Regie führte. Das Lustspiel selbst zieht ein letztes Mal alle Register Eichberg’scher Unterhaltungskunst: diplomatische Irritationen lösen sich mit amourösen Verwicklungen ab, das gediegene Ambiente der Botschaftswelt mit der (nicht allzu) harten Realität des Gefängnisalltags. Fritz Rasp zeigt sich als Inspektor Kick einmal mehr in der Rolle des verschlagenen Spürhunds, in der er schon in den 20er Jahren zu brillieren wusste und die er in den 50er Jahren immer mehr in den Bereich der komischen Persiflage gezogen hat. Auch hinter den Kulissen versicherte sich Eichberg der Mitarbeit erprobter Routiniers wie Friedl Behn-Grund, der die Kamera führt. Ebenso erhält die junge Garde der deutschen Filmkomik bei Eichberg eine Bewährungschance; so ist neben Ode selbst in einer weiteren Nebenrolle auch Gunter Philipp zu sehen.
Einführung: Günter Agde
am 14.07.2007 um 19.00 Uhr
EICHBERG WIEDERENTDECKT Es geht um mein Leben
D 1936, R: Richard Eichberg, D: Karl Ludwig Diehl, Kitty Jantzen, Theo Lingen, Harry Hardt, Robert Dorsay, Eva Tinschmann, 85’
Mit Es geht um mein Leben wagt Eichberg den ironischen Spagat zwischen oberflächlicher Kriminalhandlung und doppelbödig-operettenhafter Verwechslungskomödie. Im Zentrum des Films steht der Mord am Stimmungssänger Juan Navarro (Harry Hardt), dessen, in dieser Reihenfolge, der Diener, eine brave Ehefrau (Kitty Jantzen), ein Filmaufnahmeleiter sowie ein anderer Stimmungssänger (Robert Dorsay) verdächtigt werden. Die Kriminalhandlung bildet lediglich die Schwungachse für eine Reihe hintergründiger Rochaden und perspektivischer Umkehrungen, die schon dem zeitgenössischen Betrachter ein Wechselbad der Gefühls- und Erkenntniszustände bereiteten. Denn einmal mehr ging es Eichberg „um das Publikum, das aus einer Spannung in die andere getrieben wird, und dem jede mögliche Lösung im Kopf herumschwirrt, nur nicht die richtige“: „Der Film ist echt Eichberg. Er spart nicht mit den Mitteln, die stärkste Wirkung erzielen; zum Fenster hereinfallende geheimnisvolle Schatten, Revolverschüsse bei Sturmgebraus, Blitz und Donner, eine Verbrecherjagd durch ein Bühnenhaus mit dem effektvollen Abschluß des Herunterreißens eines ganzen Bühnenvorhangs, dazu Revueszenen mit bereitwilllig zur Schau gestellten weiblichen Reizen, kontrastierte Frauen in Blond und Schwarz, Szenen, in denen ein fast derber Humor zum Durchbruch kommt, wie die Untersuchungshaft des Dieners, endlich eiskalte Verbrecher – all das zusammen ergibt einen wirkungsvollen kriminellen Gesellschaftsfilm im Revue-Milieu“ (Lichtbild-Bühne, Nr. 294, 16.12.1936).
am 14.07.2007 um 21.00 Uhr
EICHBERG WIEDERENTDECKT Der Tiger von Eschnapur
D 1937, R: Richard Eichberg, D: La Jana, Frits van Dongen, Alexander Golling, Gustav Diessl, 95’
Für seine Tonfilm-Version von Thea von Harbous Roman Das indische Grabmal verbringt Richard Eichberg 1937 mit einem Stab von mehreren Kameraleuten fast vier Monate in Indien. Über 50.000 Meter Film werden belichtet. Erst nach seiner Rückkehr nach Berlin erarbeitet Eichberg mit seinen Mitautoren das Drehbuch für beide Teile des Filmepos, das dann in weiteren 72 Drehtagen in den Jofa-Studios umgesetzt wird. Das Resultat des logistisch wie finanziell aufwändigsten Filmprojekts seiner Karriere ist eine exotisch-erotische Abenteuerfantasie, die für die NS-Filmproduktion dieser Jahre einzigartige Dimensionen erreicht. Der Tiger von Eschnapur, der erste Teil der Saga, steht dabei ganz im Zeichen der Ausgestaltung des verhängnisvollen Liebeskonflikts, in den Chandra, der Maharadscha von Eschnapur (Frits van Dongen) und seine Frau Sitha (La Jana) durch das Erscheinen von Sithas ehemaligem Liebhaber, dem deutschen Ingenieur Sascha Demidoff (Gustav Dießl), hineingezogen werden. Die zwischen Sitha und Sascha neu entflammende Leidenschaft spielt zudem der politischen Intrige des Prinzen Ramagani (Alexander Golling) in die Karten, da die zusätzlich angestachelte Eifersucht den Maharadscha mehr und mehr in ihren Bann schlägt und schließlich außer Landes treibt: In einer wilden Hetzjagd verfolgt er mit seinem Gefolge die beiden Liebenden durch die ganze Welt bis zurück nach Berlin.
Einführung: Michael Wedel
am 15.07.2007 um 19.00 Uhr
EICHBERG WIEDERENTDECKT Das indische Grabmal
D 1937, R: Richard Eichberg, D: Frits van Dongen, La Jana, Alexander Golling, Gustav Diessl, 94’
Der zweite Teil von Richard Eichbergs opulentem Abenteuerepos nimmt die Rückkehr des Liebespaares Sitah (La Jana) und Sascha (Gustav Diessl) nach Indien zum Ausgangspunkt für ein imposant inszeniertes Finale im Palast von Eschnapur. Chandra, der Maharadscha von Eschnapur (Frits van Dongen), dem Sascha seine Maharani nach Europa entführt hatte, plant nun aus Rachsucht, seine Frau in jenem grandiosen Grabmal, das er ihr einst als unvergängliches Monument seiner Liebe zugedacht hatte, lebendig einmauern zu lassen. Auf der Flucht vor dem Maharadscha gelingt es Sascha und Sitah in den Katakomben des Palasts, den Putschversuch des Prinzen Ramagani (Alexander Golling) zu durchkreuzen; Sitah muss dabei jedoch ihr Leben lassen. Am Ende tötet Sascha den Intriganten Ramagani und versöhnt sich mit dem Maharadscha in der gemeinsamen Trauer über die verlorene Geliebte. Mit leichtem Befremden stellte die damalige NS-Filmbetrachtung fest, dass es allein der gleichnishaften Gesamtanlage des Drehbuchs zugute zu halten sei, „daß der unwirkliche, märchenhaft anmutende dekorative Rahmen des Films eine gewisse Unwahrscheinlichkeit der Handlung zuläßt. Der Beschauer nimmt manche wundersame Fügung des Geschehens, manch Abenteuer mit Tigern und zähneblitzenden Krokodilen nicht so ganz ernst, sondern begreift sie (…) lächelnd aus der romantisch-abenteuerlichen Atmosphäre, in die er sich naiv hineinversetzt“ (Film-Kurier, Nr. 36, 12.2.1938).
am 15.07.2007 um 21.00 Uhr
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