JENSEITS DER STAATSKULTUREN ?
Ungarischer und ostdeutscher Undergroundfilm im Vergleich.
Aus Perspektive der im Underground aktiven DDR-Künstler wirkte das „sozialistische Bruderland“ Ungarn wie eine Insel der Seligen. Plagte man sich in Ost-Berlin, Dresden oder Karl-Marx-Stadt mit der Engstirnigkeit der Politbürokraten und litt unter der Allgegenwart des Überwachungssystems, schien in Budapest ein Höchstmaß an Liberalität zu walten. Für den Besucher aus der DDR vermittelte sich in Ungarn ein ausgesprochen offenes Lebensgefühl, in dem auch künstlerisch viel mehr möglich schien als unter Honeckers spießiger Herrschaft. Auf dem Gebiet des Films reproduzierte sich dieser Eindruck ganz konkret: Nicht nur, dass in den ungarischen Kinos die im deutschen Osten wegzensierte Weltfilmkunst präsent war – die ungarische Filmproduktion der 1970er und 1980er Jahre selbst gehörte zum Aufregendsten, was auf Europas Leinwänden zu erleben war. Wie aber gestaltete sich die künstlerische Praxis unter Kadars „Gulaschkommunismus“ tatsächlich?
Die Filmreihe im Zeughauskino und im BrotfabrikKino unternimmt den Versuch, Strategien filmischer Subversion in der DDR und Ungarn auf ihre Unterschiede und Gemeinsamkeiten hin zu untersuchen.
Eine Veranstaltung der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Historischen Museum, der Brotfabrik Berlin und dem Collegium Hungaricum.
Agitátorok
Agitatoren
Ungarn 1971, R: Dezsö Magyar, D: László Bertalan, Gábor Bódy, György Cserhalmi, Péter Dobai, László Földes, András Kozák, Sándor Oszter, Tamás Szentjóby, Márk Zala, 78’
OF, deutsch eingesprochen’
Budapest 1919: Nach der ersten revolutionären Euphorie verzetteln sich verschiedene linke Kräfte in Flügelkämpfen und endlosen Debatten über politische Detailfragen. Bevor die Konterrevolution ernsthafte Gegenangriffe unternimmt, hat bereits die Erosion der erhofften Erneuerung begonnen. An Jean-Luc Godards Thesenkino orientierter Spielfilm, der auch als Gleichnis für das Scheitern der revolutionären Erhebungen von 1848 und 1956 steht. Als Regieassistent und Hauptdarsteller wirkte Gábor Bódy mit, der spätere Pionier des subversiven ungarischen Kinos.
am 22.10.2006 um 17.00 Uhr
Podiumsdiskussion
Jenseits der Staatskulturen?
Ungarischer und ostdeutscher Undergroundfilm im Vergleich.
In der Podiumsdiskussion werden ausgewiesene Experten über Möglichkeiten und Grenzen künstlerischer Autonomie unter totalitären Prämissen ins Gespräch kommen. Angefragte Teilnehmer sind: Laszlo Béke (Kunsttheoretiker), György Durst (Filmproduzent), Peter Forgacz (Filmemacher), Cornelia Klauss (Filmemacherin), Karin Fritzsche (Filmkuratorin) und Christoph Tannert (Kurator)
Moderation: Claus Löser.
am 22.10.2006 um 19.00 Uhr
Jégkrémballett
Icecream Ballett
Ungarn 1984, R/ B: András Wahorn, D: László Lugossy, András Wahorn, István Zámbó, 78’ OmeU
International bekannt wurden András Wahorn und seine Band A.E. Bizottzag (Albert Einstein Komitee) durch Gábor Bódys Spielfilm Kutya éji dala (Das Nachtlied des Hundes, 1983), in dem er mit Vágtázó Halottkémek (Die rasenden Leichenbeschauer) den Soundtrack bestritt. Der Erfolg ermöglichte ihm bald seinen eigenen Spielfilm: Jégkrémballett ist ein wüstes Rock-Musical in der besten Tradition Frank Zappas, das alle Heiligen Kühe der Hochkultur lustvoll zur Schlachtung führt.
am 22.10.2006 um 22.00 Uhr
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