Kino im Zeughaus

 

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  KUNST DES DOKUMENTS - SOUND

 

KUNST DES DOKUMENTS - SOUND

Dass das Kino tatsächlich ein Ort der tönenden Laufbilder ist, feiern viele Dokumentarfilme, die sich mit akustischen Ereignissen im Allgemeinen und musikalischen Darbietungen im Besonderen beschäftigen. Den klassischen Kommentar ausgehebelt oder an den Rand gedrängt, gestalten manche dieser Filme offene, improvisatorische Formen der Kameraarbeit und Montage. Für andere Produktionen ist die Dokumentation der Bands und Songs hingegen Teil einer politischen, zeitdiagnostischen Arbeit. Beiden Richtungen gemeinsam ist die Lust an einer Verwandlung des Kinosaals in einen umfassenden, mehrere Sinne berührenden Resonanzraum. KUNST DES DOKUMENTS – SOUND stellt herausragende Filme der Musikdokumentation vor.

 

KUNST DES DOKUMENTS - SOUND
Touch the Sound
D/GB 2004, R: Thomas Riedelsheimer, 100'

Eine zierliche Frau inmitten der großen Haupthalle der Central Station, New York: Nur mit einer Snare Drum ausgestattet, beginnt sie, das riesige Gebäude zu bespielen. Von ihrem Instrument breiten sich Eruptionen in den Raum aus, werden von den Wänden zurückgeworfen, vermischen sich mit den Gesprächen und Geräuschen der Passanten. Viele von ihnen bleiben stehen und bilden einen Kreis um die Trommlerin. Sie halten sie vielleicht für eine begabte, aber anonyme Straßenmusikantin, wie man sie in Manhattan eben alle paar Meter trifft. Doch bei dieser hochkonzentriert arbeitenden Person handelt es sich um eine weltbekannte Musikerin. Und sie ist stumm. Als weltweit gefragte Perkussionistin gibt Evelyn Glennie heute zahllose Konzerte, moderiert zwei eigene BBC-Programme, arbeitet als Dozentin und Pädagogin. In Touch the Sound macht Filmemacher Thomas Riedelsheimer ihren Weg der privaten und musikalischen Emanzipation auf ebenso undidaktische wie nicht-lineare Weise nachvollziehbar. Er begleitet Glennie bei Reisen nach Japan und Deutschland, in ihre Heimat Schottland und in die USA. Mit der vom Regisseur selbst geführten Kamera und der subtil abgemischten Tonspur erschließt der Film die Welt als kolossalen Resonanzkörper, lässt Alltagsgeräusche, Gesprächsfetzen oder Baulärm in seine nach allen Seiten offene Partitur konkreter Musik einfließen.

am 3.1.2008 um 20.00 Uhr

 

 

KUNST DES DOKUMENTS - SOUND
The Band - The Last Waltz
USA 1978, R: Martin Scorsese, OF, 117'

Ende 1976, als sich die klassische Rockmusik mehr und mehr im Kreis zu drehen beginnt und die Punk-Revolte ganz neue Akzente setzt, versammelt Robby Robertson konsequenterweise seine „Band“ und eine handverlesene Schar von Kollegen um sich, um seinen Abschied von der Bühne zu feiern. Und sie kommen alle: Bob Dylan, mit dem 1965 auf dem Newport-Folkfestival die elektrische Phase eingeleitet wurde, ebenso wie Neil Young, Beatles-Schlagzeuger Ringo Starr oder Ron Wood von den Rolling Stones. Es kommen unter anderem Eric Clapton, Neil Diamond, Ron Hawkins, Joni Mitchell, Van Morrison, Paul Butterfield, Dr. John, Emmylou Harris, Ron Hawkins und Muddy Waters.
Für Martin Scorsese hat Rock- und Bluesmusik stets eine herausragende Rolle gespielt. Nachdem er beim legendären Woodstock-Film von Michael Wadleigh (1971) und für eine Dokumentation über Elvis Presley (1972) als Schnittberater tätig war, konnte er mit The Band seinen ersten eigenen, expliziten Musikfilm realisieren. „Das Ergebnis ist einer der genauesten und entspanntesten Rock-Filme; es gibt keine visuellen Abschweifungen, keine Überhöhungen, nur die exakte Wiedergabe der Mischung aus Entspanntheit und Präsenz bei diesem Konzert, das ganz ohne äußeren Druck, ohne Beweislast vonstatten geht.“ (Georg Seeßlen: Martin Scorsese, 2003)

am 10.1.2008 um 20.00 Uhr

 

 

KUNST DES DOKUMENTS - SOUND
Kenen joukoissa seisot - vallankumouksellinen musiikkielokuva /
Revolution

FIN 2006, R: Jouko Aaltonen, OmeU, 75'

In den siebziger Jahren gab es in Finnland eine starke und einflussreiche linke Bewegung, deren Spektrum von eher liberalen oder sozialistischen Kreisen bis zu orthodox-kommunistischen Gruppierungen mit Moskau-Orientierung reichte. Zum wichtigsten Sprachrohr dieser facettenreichen Protestkultur avancierte eine spezifisch-finnische Musikszene, die sich zum regelrechten Massenphänomen auswuchs. Auf Straßen und Plätzen wurde ebenso energisch für den Klassenkampf musiziert wie in Fabriken oder im staatlichen Fernsehen. Die beliebte Gruppe Agit Prop stellte 1973 sogar den offiziellen finnischen Beitrag im „Grand Prix de la Chanson d’Eurovision“.
Mehr als dreißig Jahre nach der Blütezeit der finnischen Polit-Schlager wirft Regisseur Jouko Aaltonen einen Blick zurück auf dieses Phänomen und fragt, was von den einstigen Utopien heute noch übrig geblieben ist. Seinem Film liegt eine einfache, doch verblüffend wirksame Idee zu Grunde: Er lässt die einstigen Sänger und Gruppen noch einmal die Lieder von damals vortragen, und zwar an den Schauplätzen von früher. Aus der Verbindung von Archivaufnahmen mit Interviewpassagen und Musikbeispielen ergibt sich eine reizvolle Zeitreise, die dabei weder den Blick auf die Gegenwart vernachlässigt, noch zu bloßer Nostalgie verkommt.

am 17.1.2008 um 20.00 Uhr

 

 

KUNST DES DOKUMENTS - SOUND
One plus One - Sympathy for the Devil
F/GB 1968, R: Jean-Luc Godard, OF, 100’

Mitten im Mai 1968, als in Paris die Barrikaden brennen und der Generalstreik ausgerufen wird, fliegt Godard nach London: Er hat eine Verabredung mit den Rolling Stones, die im Studio ihren späteren Hit Sympathy for the Devil einspielen. In komplizierten Kamerafahrten umkreist Godard die Band und protokolliert die Entstehung des Songs. Zwischen diese Aufnahmen schneidet er kurze Spielszenen von Black-Panther-Aktivisten, die mit Waffen posieren und Theoreme ihres Wortführers Leroy Eldridge Cleaver proklamieren. Eine junge Frau besprüht Wände und Autos mit revolutionären Slogans. Der Inhaber eines Sex-Shops liest aus Hitlers Mein Kampf vor. „Sehr kryptisch ist das alles und nicht wirklich zu verstehen, in seiner Gesamtheit ergibt sich jedoch ein großartiges Zeitdokument sowie ein beredtes Beispiel für Godards Arbeitsweise. Seine Montage bedeutet Demontage; sie macht Zusammenhänge klar, die sonst kaum erahnbar wären. Darüber hinaus nimmt One plus One auf fast gespenstische Weise das Scheitern der Revolutionsträume vorweg. Und doch: Der Film transportiert zugleich eine Utopie. Die Stones im Zenit ihrer Kreativität (Brian Jones lebte noch) machen in ihrem symbiotischen Zusammenspiel den Prozess künstlerischer Arbeit begreifbar.“ (Claus Löser, Berliner Zeitung, 24.3.2005)

am 24.1.2008 um 20.00 Uhr

 

 

KUNST DES DOKUMENTS - SOUND
Step Across the Border
D/CH 1990, R: Nicolas Humbert, Werner Penzel, 90’

Step Across the Border wurde im Jahr 2000 in einer Umfrage unter den Kritikern der legendären Zeitschrift Cahiers du cinéma in die einhundert wichtigsten Filme aller Zeiten eingereiht. Eine Ehrung, die dem Film völlig zu Recht zuteil wird, gelingt es doch den beiden Filmemachern eindrucksvoll, dem eigenen Anspruch einer „celluloid improvisation“ gerecht zu werden. Sie begleiten den britischen Gitarristen und Multi-Instrumentalisten Fred Frith bei seinem nomadenhaften Umherschweifen zwischen Tokio und Leipzig, porträtieren einen hochkonzentriert arbeitenden, stets selbstironischen und freundlichen Künstler. Ihr Film findet dabei zu einer collagenhaften, assoziationsreichen Bildsprache, die sich dem musikalischen Stil von Frith annähert, ohne illustrierend zu wirken. „Kunst ist keine Art von Selbstverwirklichung.“, bemerkt Frith im Film lakonisch und charakterisiert damit treffend sein künstlerisches Konzept, das auch dem von Step Across the Border entspricht. Begegnungen mit Freunden und Kollegen spielen denn auch eine wichtige Rolle innerhalb der filmischen Improvisation, unter anderen sind Iva Bittová, Tom Cora, Robert Frank, Bill Laswell, Arto Lindsay und John Zorn zu sehen und zu hören. Und Jonas Mekas erklärt uns das „Schmetterlings-Prinzip“.
am 31.1.2008 um 20.00 Uhr

 

 

 
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