OPER AUF DER LEINWAND
Wenn Film und Oper zusammentreffen, kann das auf sehr unterschiedliche Art und Weise geschehen. Es gibt Opernfilme, die als „Bühnenaufzeichnungen“ gelten und genau der Inszenierung des Opernregisseurs folgen. Im Idealfall sind sie der Mitschnitt einer einmaligen Opernvorführung, die durch eine kluge Bildregie in das Medium Film transformiert wurde. Und dann gibt es Filme, die von Filmregisseuren inszeniert wurden, indem sie die Oper von der Bühne herunter holten und Libretto und Musik zu einem neuen Werk zusammensetzten.
Das Zeughauskino zeigt in seiner Reihe Filme, die sich mal weiter und mal näher an der Schnittstelle dieser beiden Möglichkeiten bewegen. So entschied sich z.B. Paul Czinner bei seiner Opernverfilmung Der Rosenkavalier für eine weitgehende Übernahme der Bühnenaufführung bei den Salzburger Festspielen von 1960, dirigiert von Herbert von Karajan. Dagegen ist der Film von Powell und Pressburger The Tales of Hoffmann, basierend auf der Opernvorlage von Jacques Offenbach, eine eher fantastische Mischung aus Kino und Oper. Es ist eine ideenreiche Produktion in wundervollen Kostümen mit vielen Trickeffekten, in der neben den Sängern auch Schauspieler und Balletttänzer auftreten. Jacquots Film Tosca geht noch einen Schritt weiter und kann beinah als Lehrstück über das, was Film kann, wenn er sich der Oper annimmt, gesehen werden. Er ist eine Reflektion über die Möglichkeiten des Films als Forum für Oper. Ganz anders funktionieren die Filmversionen von Straub/ Huillet zu Arnold Schönbergs einaktiger Oper Von heute auf morgen und zum Opernfragment Moses und Aron. Mit ihrer typisch asketischen Bildgestaltung und ihrer sparsam choreographierten Mimik distanzieren sie den Zuschauer vom gewöhnlich opulenten Operngeschehen.
Eine Filmreihe in Zusammenarbeit mit der Staatsoper Unter den Linden.
Oper auf der Leinwand
Trollflöjten
Die Zauberflöte
S 1975, R: Ingmar Bergman, D: Ulrik Cold, Josef Köstlinger, Birgit Nordin, Irma Urrila, 135’ OmeU
Im Jahr 1974 produzierte der Film- und Theaterregisseur Ingmar Bergman eine vielbeachtete Filmadaption der Zauberflöte für das schwedische Fernsehen unter dem Titel Trollflöjten. Bergman verwendete eine schwedische Textfassung, gruppierte einige Szenen des zweiten Aktes um, ließ seine Zauberflöte im Barocktheater von Schloss Drottningholm spielen und zeigte in Zwischenschnitten das Äußere des Theaters sowie das Geschehen hinter der Bühne.
„Seine Umsetzung ist vor allem eine mit filmischen Mitteln formulierte Liebeserklärung an die Bühne. Wichtiger als szenische Ausdeutung ist Bergman die Schilderung des Zustandekommens einer Theaterproduktion, wobei er die Handlungsebenen immer wieder verschiebt. Das Geschehen vor und hinter der Bühne wird zu einer Einheit. Die Gesichter der Zuseher, Papageno, der beinahe seinen Auftritt versäumt, oder Sarastro, der in der Pause eine „Parsifal“-Partitur studiert – sie alle tragen zum faszinierenden Gesamteindruck einer außergewöhnlichen Opernverfilmung bei.“ (Günter Krenn)
„Die Musik ist in diesem Film wie selbstverständlich in die Handlung integriert, was die Puristen unter den Kritikern sogleich auf den Plan rief, die peinlich genau auflisteten, was Bergman alles verändert hat. Aber das Kino ist ein eigenständiges Medium, keine Kopieranstalt: Bergman präsentiert Mozarts Zauberflöte in geradezu schwebend leichter Form und ohne jede Andachtsstimmung. Er führt uns einen Mozart ohne alle Schwellenängste vor, auf dass wir ihn verstehen – und in der Tat lieben können.“ (Programmkatalog der Bergman-Retrospektive der Nordischen Filmtage 1982)
Einführung am 01.09.: Ilka Seifert, Dramaturgin
am 01.09.2006 um 21.00, am 02.09.2006 um 19.00 Uhr
Oper auf der Leinwand
Von heute auf morgen
D/F 1997, R: Jean-Marie Straub, Danièle Huillet, D: Richard Salter, Christine Whittlesey, Claudia Barainsky, Ryszard Karczykowski, 62’
Die Filmfassung einer kaum je aufgeführten einaktigen Oper von Arnold Schönberg aus dem Jahr 1929. Im Mittelpunkt steht ein Ehepaar, das sich nach einem gemeinsamen Abend mit zwei Bekannten von deren moderner und ungebundener Lebensweise beeindrucken lässt und darüber in Streit gerät.
In der Figur der ‚klugen Frau’, die ihren Mann mit allen Listen weiblicher Verführungskunst zurück gewinnt, porträtierte Schönberg seine zweite Frau Gertrud, die unter dem Pseudonym Max Blonda das expressionistische Libretto zu dem Einakter schrieb. „Unmittelbar vor Moses und Aron entstanden, ist Von heute auf morgen Schönbergs erste Oper in der Zwölfton-Technik. (…) In genau komponierten Einstellungen teilen Huillet und Straub den Bildausschnitt durch eine Spannung schaffende Mittelachse; sie lassen die Figuren durch die Wandlungen und den Schrecken einer Nacht auch räumlich-rhetorisch in einem Pingpong streitbarer Argumente zur Mitte und zur Versöhnung finden. In klarem Schwarzweiß, mit sparsam choreographierter Mimik inszenieren sie eine intensive Grammatik der Gefühle.“ (Bettina Ehrhardt, Süddeutschen Zeitung)
Die Inszenierung wurde live mit Sängern und Orchester in einem Sendesaal des Hessischen Rundfunks aufgenommen.
am 02.09.2006 um 21.30, am 03.09.2006 um 19.00 Uhr
Oper auf der Leinwand
The Tales of Hoffmann
GB 1951, R: Michael Powell, Emeric Pressburger, D: Moira Shearer, Robert Rounseville, Robert Helpmann, Pamela Brown, Frederik Ashton, Meinhart Maur, 122’ | OF
The Tales of Hoffmann (Hoffmanns Erzählungen) nach einem Libretto von Jules Barbier war der Versuch von Michael Powell und Emeric Pressburger, an den internationalen Erfolg ihres vorhergehenden Films Die roten Schuhe anzuknüpfen bzw. ihn noch zu steigern. Die Idee der idealen Umsetzung von Ballett in Film sollte auf die Oper übertragen werden: „Ein barocker Alp-Wunschtraum nach Jacques Offenbach. (…) Das Material des dunklen Romantikers E.T.A. Hoffmann ist wie geschaffen für die dunklen Romantiker Powell & Pressburger. Thematisch fügt sich der Film mit seinen düsteren Betrachtungen zu Kunst, Schicksal und Täuschung nahtlos ins Gesamtwerk, ästhetisch ist dieses todesfiebrige Singspiel der Kulminationspunkt von Powell & Pressburgers wahnwitzigem Phantasie-Galopp. In Hein Heckroths retro-futuristischen Dekors schweben Gondeln durchs gemalte Venedig, bleibt vom Tanzautomaten nur ein beunruhigend zuckendes Bein, vervielfacht sich Moira Shearer verschiedenfarbig in Split-Screen.“ (Christoph Huber, Österreichisches Filmmuseum).
Einführung: Francis Hüsers, Leitender Dramaturg der Staatsoper Unter den Linden
am 03.09.2006 um 21.00, am 08.09.2006 21.00 Uhr
Oper auf der Leinwand
Der Rosenkavalier
GB 1960, R: Paul Czinner, D: Elisabeth Schwarzkopf, Otto Edelmann, Sena Jurinac, Lisa della Casa, Anneliese Rothenberger, 193’ dt. OF
Herbert von Karajan dirigiert die Oper von Richard Strauss bei den Salzburger Festspielen 1960. „Es ist der Rosenkavalier schlechthin. Neben der Solti-Einspielung ist dieser Mitschnitt der Salzburger Festspiele vom 26. Juli 1960 ein sowohl künstlerisch als auch musikhistorisch äußerst wichtiges Dokument. Lisa della Casa, Sena Jurinac, Hilde Gülden, Hilde Rössel-Majdan sowie Otto Edelmann - alles Bühnenlegenden. Der Gesang ist durchweg superb, Karajan lässt die Wiener Philharmoniker im Strauss-Klang schwelgen. Sie klingen wie in den legendären Konzerten unter der Stabführung von Richard Strauss selbst. Karajan, damals erst kurz Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, hatte mit den Wienern schon Jahre früher gearbeitet. Dieses blinde Verständnis wirkt sich auf Phrasierung und Klangtransparenz sehr positiv aus. (…) In Anbetracht selbstherrlicher Regieentgleisungen unserer Tage ist dies eine handwerklich solide, liebevoll aufgearbeitete und dem Werk gegenüber respektvoll auftretende Inszenierung, die nicht nur historisch wertvoll, sondern in dieser Präzision sicherlich jedem heutigen Opernabend nicht nur zu Ehre gereichen würde, wenn heutige Opernhäuser den Vergleich überhaupt wagen würden...“ (Booklet der DVD)
am 09.09.2006 um 20.00 Uhr
Oper auf der Leinwand
Die verkaufte Braut
D 1932, R: Max Ophüls, D: Jarmila Novotna, Willi Domgraf-Faßbaender, Liesl Karlstadt, Karl Valentin, Max Schreck, Therese Giese, 76’
In einer böhmischen Kleinstadt sollen die Tochter des Bürgermeisters und ein reicher, aber etwas beschränkter Bauernsohn miteinander verheiratet werden. Die Braut aber verliebt sich in einen durchreisenden Postkutscher, und der Bräutigam wirft ein Auge auf die Tochter eines Zirkusbesitzers. In leichter Akzentverschiebung adaptierte Version von Smetanas gleichnamiger komischer Oper.
„Die Ophüls’sche Version von Smetanas Oper gilt bis heute als eine der besten Filmopern, ein Werk, in dem die ganze tobende ländliche Freude des Originals und seine ganze Durchtriebenheit samt dem in Synkopen übersetzten verliebten Herzflattern total und ganz Film geworden ist.“
(www.freiburger-medienforum.de)
Ophüls schreibt zur Entstehungsgeschichte: „ Meine Experimentiersucht wurde aufs Äußerste angeregt. Wir bauten im Freien ein tschechisches Dorf in der Architektur des vorigen Jahrhunderts auf und wohnten sogar ein halbes Jahr darin. Alle Chöre, Sologesänge, Orchesteruntermalungen wurden im Freien aufgenommen und gaben dem Film frische Luft.“
am 10.09.2006 um 21.00 Uhr, am 15.09.2006 um 21.15 Uhr
Oper auf der Leinwand
Carmen
F/I 1984, R: Francesco Rosi, D: Julia Migenes-Johnson, Placido Domingo, Ruggero Raimondi, Faith Esham, Susan Daniel, 152’ | OmU
Carlos Saura, Peter Brook und Jean-Luc Godard hatten Anfang der achtziger Jahre bereits sehr unterschiedliche Bearbeitungen des Stoffes inszeniert. Francesco Rosi, eigentlich Spezialist für Polit-Thriller und sensible Porträts aus der italienischen Gesellschaft, fügte schließlich 1984 diesem Boom noch seine Version der Bizet-Oper nach der Novelle von Prosper Mérimée hinzu. „Dabei gelang ihm das Meisterstück, soziale und sozialkritische Elemente der Vorlage zu entromantisieren und unaufdringlich in den Vordergrund zu stellen, ohne in die Partitur einzugreifen. Die natürliche, realistische Atmosphäre spanischer Fabriken, Dörfer und Landschaften des 19. Jahrhunderts fügt sich unter der Regie Rosis bruchlos in die Handlung und Musik der Oper.“ (Fischer Filmalmanach 1985
„War Sauras Version der blutigen Moritat vom Lieben und Sterben des glutvollen Sintimädchens indes eher eine asketische Arbeitsskizze, eine Tuschezeichnung über einen Mythos und seine Inszenierung, so serviert Rosi nun tatsächlich die große Oper: Lorin Maazel dirigiert das französische Nationalorchester nach Georges Bizets fiestatrunkener Originalpartitur; in den Hauptrollen wetteifern vier der besten Stimmen, die die Opernwelt derzeit kennt: die Mezzosopranistin Julia Migenes-Johnson in der Titelrolle, die Sopranistin Faith Esham als deren Gegenspielerin Micaela, der Bariton Ruggero Raimondi als wackerer Stierschlächter Escamillo und der Tenor Placido Domingo als liebestrunkener und eifersüchtiger Unteroffizier Don José.“ (Lothar Justs Filmjahrbuch 1985).
am 16.09.2006 um 20.00 Uhr
Oper auf der Leinwand
Moses und Aron
BRD 1975, R: Jean-Marie Straub, Danièle Huillet, D: Günter Reich, Louis Devos, Werner Mann, Eva Csapo, Roger Lucas, 110’
Moses und Aron wurde gedreht nach Arnold Schönbergs Opernfragment von 1928-1932. Das Drehbuch der Straubs ist datiert: Berlin, Ende ´59 / Rom, Anfang ´70. Straub sah die szenische Uraufführung der Oper in Westberlin 1959. Seitdem existierte der Plan, die Oper zu verfilmen.
„Eine elementare, in einem Amphitheater in den Abruzzen in Szene gesetzte Adaption der unvollendeten Oper von Arnold Schönberg über den Kampf zwischen Wort (Moses, Mann der Gesetzestafeln) und Bild (Aron, Anhänger des Goldenen Kalbs). Außerordentlich sowohl als ‚materiellster’ aller Opernfilme wie auch schlicht als Film-über-Film, über die Bedeutung von schnellen Schnitten und langen Totalen, von Kamerabewegung und Statik, von Perspektiven und Einstellungsgrößen. Die amerikanischen Kritiker Manny Farber und Patricia Patterson über die ‚köstliche und beglückende’ sinnliche Erfahrung des Films: ‚Jeder Riss in den Wänden der Arena scheint außergewöhnlich und besitzt eine physische Wirklichkeit, die im Geist widerhallt.’“ (Christoph Huber, Österreichisches Filmmuseum)
am 17.09.2006 um 21.00 Uhr, am 30.09.2006 um 21.00 Uhr
Oper auf der Leinwand
La Traviata
I 1982, R: Franco Zeffirelli, D: Teresa Stratas, Placido Domingo, Cornell MacNeil, Allan Monk, Axel Gall, 109’ | OmU
Das Schicksal der 1847 an Schwindsucht gestorbenen Pariser Kurtisane Marie Duplessis inspirierte Alexandre Dumas den Jüngeren zu dem Roman "Die Kameliendame". Giuseppe Verdi las den 1850 erschienenen Roman und besuchte 1852 im Théâtre du Vaudeville eine Aufführung der von Dumas selbst verfassten Bühnenversion. Das brachte ihn auf die Idee, daraus eine Oper zu machen: La Traviata, zu deutsch: Die Gestrauchelte. Aus der üppigen literarischen Vorlage übernahmen Giuseppe Verdi und sein Librettist Francesco Maria Piave allerdings nur die Szenen, die veranschaulichen, wie die Kurtisane Violetta zur Liebenden wird und aus Liebe auf ihr Glück verzichtet.
„Franco Zeffirelli inszenierte die Oper mit hervorragenden Sängern und in erlesenen Bildern. Die mit hunderten von Kerzen oder von gewaltigen Kronleuchtern illuminierten Salons, in denen goldgelbe und braune Farbtöne vorherrschen, erinnern an Gemälde Adolph von Menzels. Dagegen setzte Zeffirelli im 2. Akt luftige, pastellfarbene, mit Weichzeichner aufgenommene Szenen. Der 3. Akt spielt wieder in geschlossenen Räumen, wobei zunächst dunkelrote Farben dominieren und am Ende schwarze. Nur Violetta trägt ein weißes Spitzennachthemd. Im einzigen Streifen Tageslicht, der durch die gerafften Gardinen ins Zimmer fällt, bricht sie zusammen und stirbt.“ (Dieter Wunderlich)
Zeffirellis La Traviata ist nach Mario Lafranchis Version von 1967 die zweite Verfilmung des Stoffes. Die literarische Vorlage („Die Kameliendame“) wurde 1911 mit Sarah Bernard (R: André Calmette) und 1936 mit Greta Garbo (R: George Cukor) verfilmt.
Mit freundlicher Unterstützung von Classica.
am 22.09.2006 um 21.00 Uhr, am 24.09.2006 um 21.00 Uhr
Oper auf der Leinwand
Don Giovanni
F/I/GB/BRD 1979, R: Joseph Losey, D: Ruggero Raimondi, John Macurdy, Edda Moser, Kiri Te Kanawa, Kenneth Riegel, 184’ | OmU
„Joseph Loseys Don Giovanni besticht durch die Konsequenz, die Geschichte mit filmischen Mitteln zu erzählen, ohne dabei auf Bühnenkonventionen Rücksicht nehmen zu müssen. Ort der Handlung ist das italienische Veneto, zu den Schauplätzen gehören Venedig, Villen von Palladio und pittoreske Landschaften. Der Kontrast zwischen der expressiven Bild- und der konventionellen Tonsprache wurde von manchen Opernfreunden fast schon als Videoästhetik empfunden.“ (Günter Krenn, Filmarchiv Austria)
Losey interpretiert Mozart deutlich düsterer als man ihn gemeinhin kennt, ein Konzept, das sich auch in der von Ruggero Raimondi verkörperten Titelrolle manifestiert.
Dem Film vorangestellt ist ein Motto von Antonio Gramsci, des Philosophen und Gründers der Kommunistischen Partei Italiens: „Das Alte stirbt, das Neue kann nicht entstehen: und aus diesem Interregnum erwächst eine große Vielfalt von Symptomen der Morbidität.“
am 23.09.2006 um 20.00 Uhr
Oper auf der Leinwand - Lotte-Reiniger-Abend
Carmen
D 1933, R: Lotte Reiniger, 10’
Papageno
D 1935, R: Lotte Reiniger, 11’
Zehn Minuten Mozart
D 1930, R: Lotte Reiniger, 10’
Galathea
D 1935, R: Lotte Reiniger, 11’
A Night in a Harem
GB 1935, R: Lotte Reiniger, 15’
Helen la Belle
GB 1957, R: Lotte Reiniger, 14’
Der kleine Schornsteinfeger
D 1934/35, R: Lotte Reiniger, 17’
Lotte Reiniger (1899 – 1981) praktizierte von Jugend an die Kunst des Scherenschnitts und entwickelte sehr bald ihren unverkennbaren Schnittstil. Die Abenteuer des Prinzen Achmed, der zwischen 1923 und 1926 als erster abendfüllender Animationsfilm der Geschichte produziert wurde, machte Lotte Reiniger berühmt. Auch das moderne europäische Schattentheater wurde entscheidend von Lotte Reiniger geprägt.
Mit flinker, prägnanter Schere erweckte Lotte Reiniger in den dreißiger Jahren den Harlekin sowie andere Figuren der Commedia dell'Arte zum Leben und verlieh mit unbeschreiblicher Liebe zum Detail Opernfiguren wie Bizets Carmen und Mozarts Papageno Schattengestalt. Mozarts Musik war Reiniger ein bleibender Quell der Inspiration. Schalkhaft überzeichnet sie die höfische Gestik der Mozartschen Figuren – „hier ein demütig geneigtes Perückenhaupt, dort der affektiert beschnallte Schuh am Fuß eines Galans; hier die geziert zum Kuss gereichte Hand des edlen Fräuleins, dort das jauchzend himmelwärts gereckte Sektglas der Kokotte.“ (Annette Wagner, Freitag)
Gern sagte sie von sich: „Ich habe einen Mozart-Fimmel.“ Diesem ‚Fimmel’ hatte sie erstmals 1930 sichtbaren Ausdruck gegeben, in Zehn Minuten Mozart. Es war ihr erster Tonfilm. Noch in den sechziger und siebziger Jahren fertigte sie Hunderte von Scherenschnitten zu den vier Mozart-Opern, und 1973 brachte sie in London „Die Zauberflöte“ als Schattenstück für Erwachsene auf die Bühne.
Helen la Belle kommt zum ersten Mal zur Aufführung im Zeughauskino und auch A Night in a Harem ist ein sehr unbekannter Lotte-Reiniger-Film. Beide mit farbigen Silhouetten auf farbigem Hintergrund. Atemberaubend schön!
In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Filminstitut – DIF / Deutsches Filmmuseum und absolut MEDIEN.
am 30. 09.2006 um 19.00 Uhr
Oper auf der Leinwand
Tosca
F/D/GB/I 2001, R: Benoît Jacquot, D: Angela Gheorghiu, Roberto Alagna, Ruggero Raimondi, Sorin Coliban, David Cangelosi, Maurizio Murano, 126’ | OmU
Rom im Jahr 1800: Kurz nach dem Sieg Napoleons über die österreichischen und neapolitanischen Truppen in der Schlacht von Marengo brechen in der Stadt politische Unruhen aus. Dabei gerät der Maler Cavaradossi in die Fänge des grausamen Polizeipräfekten Scarpia, weil er einem entflohenen politischen Häftling Obdach gewährt hatte. Um ihren Geliebten Cavaradossi zu befreien, lässt sich die schöne Sängerin Tosca mit Scarpia ein. Doch als der bei einem Erpressungsversuch zudringlich wird, ersticht Tosca den Polizeipräfekten. Als Scarpias Männer Cavaradossi vor den Augen Toscas erschießen, stürzt sie sich von der Engelsburg und folgt dem Geliebten in den Tod.
„Benoît Jacquot lässt die Handlung und Partitur des Originals unangetastet. Die Musik Puccinis wurde zunächst in London von der EMI für CD-Aufnahmen produziert. Dabei entstanden Schwarz-Weiß-Filmaufnahmen, die dem Spielfilm dokumentarische Aspekte hinzufügen. Die drei römischen Handlungsorte der Oper wurden in den MMC-Studios in Köln-Ossendorf nachgebaut. Die vorproduzierte Musik wurde in die Handlung eingespielt. Die Sänger spielten unter Jacquots Anleitung und sangen dabei ihre Partien noch einmal, ohne dass die Töne aufgezeichnet wurden. Damit konnten die Nachteile, die normalerweise mit Vollplayback verbunden sind, neutralisiert werden.“ (www.arte-tv.com)
am 29.09.2006 um 21.00 Uhr, am 01.10.2006 um 21.00 Uhr
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