OPERATION WALKÜRE
Ursprünglich konzipiert als Plan zur Unterdrückung und Niederschlagung möglicher Aufstände während des Zweiten Weltkriegs, passten Henning von Tresckow und Claus Schenk von Stauffenberg den „Walküre“-Plan ab 1943 ihrem Vorhaben eines Staatsstreichs und Attentats auf Hitler an. Als Umsturzplan wird diese abgewandelte „Operation Walküre“ im Laufe des 20. Juli 1944 ausgelöst, nachdem Stauffenberg versucht hat, Hitler durch einen Anschlag in dessen Hauptquartier „Wolfsschanze“ zu töten. Doch Hitler überlebt, der Umsturz scheitert. In der Nacht zum 21. Juli werden Stauffenberg und seine Mitverschwörer Olbricht, Mertz von Quirnheim und Werner von Haeften im Hof des Berliner Bendlerblocks erschossen. Henning von Tresckow nimmt sich am 21. Juli das Leben. Die Filmreihe OPERATION WALKÜRE versammelt Spielfilme, Dokumentationen und Dokumentarspiele, die von den dramatischen Ereignissen des 20. Juli 1944 erzählen. Wenngleich ihnen ein Gestus der Authentizität und historischen Verbürgtheit gemeinsam ist, unterliegen ihre Inszenierungsformen und historischen Sichtweisen einem Wandel. Eine Filmreihe zur wechselhaften Geschichte filmischer Erinnerungsarbeit.
OPERATION WALKÜRE
Der 20. Juli
BRD 1955, R: Falk Harnack, D: Wolfgang Preiss, Annemarie Düringer, Robert Freitag, Fritz Tillmann, Werner Hinz, 97'
1955 stehen der Bauingenieur Lindner, früher Hauptmann und Ordonanzoffizier des Grafen Stauffenberg, und Hilde Klee, eine Sekretärin Hitlers, auf dem Hof des Oberkommandos der Wehrmacht in der Bendlerstraße, wo noch am Abend des 20. Juli die ersten vier Verschwörer, unter ihnen Stauffenberg, hingerichtet wurden. Es sind erfundene Figuren, die im Laufe der Filmhandlung dann die „wahren Ereignisse des Jahres 1944“ vorstellen. Als militärischer Berater des Films diente Rudolf-Christoph von Gersdorff, der 1943 selbst einen fehlgeschlagenen Attentatsversuch auf Hitler unternommen hatte. Das Drehbuch stammt von Werner Jörg Lüddecke und von dem Schriftsteller und Widerstandskämpfer Günther Weisenborn. Im Gegensatz zu dem zeitgleich entstandenen Film Es geschah am 20. Juli von G.W. Pabst, der sich auf die Ereignisse jenes Tages konzentriert, stellt Der 20. Juli das Attentat auf Hitler in einen umfassenderen Rahmen: „Hier gibt es Vorgeschichte, mehr Zusammenhänge, ein bisschen illustrierende Kriegserinnerungen für Vergessliche, ab und zu ein paar Dialoge, die sich mit der inneren Problematik beschäftigen, es gibt vertikale Verbindungen vom Turm der Köpfe hinunter zum ‚Volk’, Gewerkschaftler, die geheime Flugblätter drucken, mutige junge Mädchen, sogar einen Portier, namenlose Leute, die auf die Hauswände hastig Parolen malen.“ Dennoch werde, so Karena Niehoff, die Wahrheit „nicht von innen her glaubhaft gemacht.“ (Tagesspiegel, 28.6.1955).
Einführung: Sylvia Foelz
am 17.7.2009 um 19.00 Uhr
OPERATION WALKÜRE
Die Denunziantin
D 1993, R: Thomas Mitscherlich, K: Thomas Mauch, D: Katharina Thalbach, Dieter Schaad, 93'
Nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli wird Carl Goerdeler, der zivile Kopf der Verschwörung, zufällig erkannt, denunziert, verhaftet und hingerichtet. Die Denunziantin, die Luftwaffenhelferin Helene Schwärzel, bekommt die „Kopfprämie“ von einer Million Reichsmark von Hitler persönlich überreicht. Aber sie rührt das Geld nicht an, spendet einen Teil dem Roten Kreuz und den Bombenopfern von Königsberg. Nach dem Krieg wird sie gesucht, selbst denunziert und angeklagt. Mit dem Einverständnis der Witwe Anneliese Goerdeler übernimmt ein Freund der Familie ihre Verteidigung: Beide sind an einem rechtsstaatlichen Urteil interessiert. Alle anderen am Justizmord an Carl Goerdeler beteiligten Personen werden nicht zur Rechenschaft gezogen. – Ein düsteres Licht liegt über dem Film Die Denunziantin, der die Frage aufwirft, ob Helene Schwärzel ein Einzelfall war oder als typisch für das System des Denunziantentums gelten kann. „Katharina Thalbach spielt die Denunziantin, bis zur Ununterscheidbarkeit von Rolle und Person präzise: eine Frau mit kleinem grauen, mausartigen Gesicht, hartleibig von Gestalt, verbohrt darin, daß sie doch nur tat, was gefordert war, daß sie doch einmal recht haben, im Mittelpunkt stehen und beachtet sein wollte. Eine Frau, die nicht verstand, daß man so etwas eben nicht tat, weil dagegen ein althergebrachtes Grundgefühl der Redlichkeit stand.“ (Knut Hickethier, epd Film, 1993)
am 17.7.2009 um 21.00 Uhr
OPERATION WALKÜRE
Geheime Reichssache
BRD 1979, R: Jochen Bauer, Kommentar: Karl-Heinz Janßen, 104’
An neun Tagen zwischen dem 7. August und dem 20. Oktober 1944 wird der Prozess gegen die Männer des 20. Juli vor dem Volksgerichtshof unter Roland Freisler mit versteckten Kameras gefilmt. Die Attentäter sollen in der Wochenschau und in zwei langen Dokumentarfilmen mit dem Titel Verräter vor dem Volksgerichtshof öffentlich gedemütigt werden. Aber die Farce der Prozessführung ist zu offensichtlich und die Angeklagten verhalten sich so standhaft, dass man im Propagandaministerium die Aufnahmen zur „Geheimen Reichssache“ erklärt. 1979 nutzt die West-Berliner Chronos-Film die damals im Staatlichen Filmarchiv der DDR aufbewahrten Filme für eine historische Dokumentation über den Aufstieg des Nationalsozialismus, den militärischen Widerstand und den Prozess gegen die Beteiligten des 20. Juli. Der Kommentar stammt von dem Historiker und Zeit-Autor Karl-Heinz Janßen. Die durch Freislers hysterisches Brüllen übersteuerten Passagen werden durch elektronische Bearbeitung wieder hörbar gemacht: „Dies ist mehr als eine technische Verbesserung. Der gesamte Prozess wird neu gewichtet. Freisler bleibt nur noch die größere Lautstärke, die Antworten Goerdelers, von Trott zu Solz’, Hoepners oder Helldorfs zeugen von einem unerhörten Mut, einer standhaften Moralität und einer politischen Weitsicht, die dem Scheitern des Aufstandes die Züge des Tragischen gibt.“ (Michael Schwarze, F.A.Z., 18.5.1979)
am 18.7.2009 um 18.30 Uhr
OPERATION WALKÜRE
Es geschah am 20. Juli
BRD 1955, R: Georg Wilhelm Pabst, D: Bernhard Wicki, Karl Ludwig Diehl, Carl Wery, Kurt Meisel, 80’
Es geschah am 20. Juli unter der Regie von Georg Wilhelm Pabst entsteht zeitgleich mit Der 20. Juli von Falk Harnack. Der Wettlauf der beiden Filme um die Erstaufführung im Juli 1955, die Proteste der Angehörigen und Überlebenden des 20. Juli, die Interventionen der Politik sowie die juristischen Auseinandersetzungen machen aus dieser Doppelverfilmung nicht nur ein Lehrstück über die bundesdeutsche Filmproduktion, sondern auch über die Rezeption und Bewertung des Widerstands Mitte der 1950er Jahre. Der Titel Es geschah am 20. Juli und die Werbeschlagzeile „Die entscheidenden Stunden eines denkwürdigen Tages“ charakterisieren den Ansatz dieses Films: Mit Schauspielern werden die Ereignisse jenes 20. Juli 1944 chronologisch dokumentarisch-präzise nachgestellt. „Das ist etwa so, als gingen wir ins Theater, um uns den letzten Akt anzusehen. Wie sollen wir da erfahren, was vorher passiert ist? Der Pabst-Film zeigt uns nicht, warum der 20. Juli sein mußte, sondern, warum er misslungen ist. (...) Das genügt nicht. Das Vermächtnis des 20. Juli ist heute nicht mehr eine Frage der Politik oder des Militärs, sondern des Gewissens.“ (Hellmut Haffner, Abendzeitung, 23.6.1955) Für die historische Beratung werden der Mitverschwörer Generalfeldmarschall Ewald von Kleist und Hermann von Witzleben, der Vetter des vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilten Feldmarschalls, gewonnen. – Wir zeigen eine 1997 vom Originalnegativ neugezogene Kopie.
am 18.7.2009 um 21.00 Uhr
OPERATION WALKÜRE
Operation Walküre
BRD 1971, P: WDR, R: Franz Peter Wirth, D: Joachim Hansen, Karl-Heinz von Hassel, Willi Rose, 199'
Zweiteilige Fernsehdokumentation des Westdeutschen Rundfunks: „Im Gegensatz zu verschiedenen Pseudo-Dokumentationen der vergangenen Jahre, die vor allem die Figur des Grafen Schenk von Stauffenberg in ebenso einseitiger wie freizügiger Kinomanier interpretierten, wird hier also erstmals der exakte, tatsächlich dokumentarische Versuch gemacht, die Geschehnisse jenes verhängnisvollen Tages minutiös zu rekonstruieren.“ So ist etwa Joachim Hansen als Oberst Claus von Stauffenberg am Schminktisch zu sehen, wie er sich, ohne Anspruch auf äußere Ähnlichkeit, auf seine Rolle vorbereitet. Szenische Rekonstruktionen mit Schauspielern an den Originalschauplätzen wechseln ab mit Interviews, die der Historiker Joachim Fest mit Augen- und Ohrenzeugen führt. Fest moderiert auch diese „sachliche Dokumentation ohne Verklärung und ohne Verteufelung“.
Der Film versäume aber, so Kritiker, die innere Wahrheit des 20. Juli herauszuarbeiten. „Mit einer großen, sehr bald unübersichtlichen Menge von Details und minutiösen Faktensplittern, mit ebenso ausgiebigen Lokalvisiten und mit notgedrungen spärlichen Augenzeugenberichten läßt sich Geschichte ebenso wenig vergegenwärtigen wie mit der Historienimitation im Studio.“ (Sibylle Wirsing, Tagesspiegel, 20.7.1971) – Fast 40 Jahre später begeistert sich dagegen Andreas Kilb über ein „großes Fernsehstück“ und „filmische Aufklärung im besten Sinn“ (F.A.Z., 21.1.2009).
Einführung: Sylvia Foelz
am 19.7.2009 um 19.00 Uhr
OPERATION WALKÜRE
Valkyrie
Operation Walküre – Das Stauffenberg Attentat
USA/D 2008, R: Bryan Singer, D: Tom Cruise, Kenneth Branagh, Bill Nighy, Tom Wilkinson, 121' | OmU
„Unser Anspruch war“, so die Drehbuchautoren, „die Geschichte in zwei Stunden so nah wie möglich an der Wahrheit zu erzählen und dem Publikum von heute den Druck und die Hochspannung der historischen Situation zu vermitteln. Neben einer mitreißenden Story wollten wir vom Geist und der Motivation der Protagonisten erzählen.“ Vor und während der Dreharbeiten in Berlin verursachte diese amerikanische Verfilmung des 20. Juli mit Hollywood-Star und Scientology-Anhänger Tom Cruise als Graf Stauffenberg zahlreiche Kontroversen. Autor und Produzent Christopher McQuarrie kommentiert: „Es war uns schon klar, dass es da verständliche Ängste geben würde. Kommen diese Amerikaner und wollen uns diese Geschichte erzählen. Aber wir wollten sie ja nicht euch erzählen. Ihr kennt sie schon; die Welt noch nicht unbedingt.“ Daher ist die Frage gerechtfertigt, „wie viel vom historischen Stauffenberg im Prozess seiner Globalisierung eigentlich noch übrig bleibt.“ (Eckhard Fuhr, Die Welt, 21.1.2009) Für Völker gibt es aber kein Recht an der eigenen Geschichte. Spielfilme sind Inszenierungen: Sie weichen von den überlieferten Fakten ab, ergänzen sie und deuten sie neu. So schreiben Filme auch an der Geschichte mit, in ihnen zeigt sich der Wandel in der öffentlichen Rezeption des misslungenen Attentats.
am 20.7.2009 um 20.00 Uhr
|