Kino im Zeughaus

 

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WIEDERENTDECKT


 

WIEDERENTDECKT

Wiederentdeckt – so heißt unsere filmhistorische Reihe, kuratiert von CineGraph Babelsberg, die einmal im Monat vergessene Schätze der deutschen Filmgeschichte vorstellt. Zu sehen sind Werke, die oftmals im Schatten jener Filme stehen, die den deutschen Filmruhm begründet haben. Sie sind Zeugnisse einer wirtschaftlich leistungsfähigen und handwerklich ambitionierten Filmindustrie. Erstaunlich viele dieser Filme „aus der zweiten Reihe“ sind erhalten. In enger Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv-Filmarchiv recherchieren die Mitarbeiter von CineGraph Babelsberg diese Filme und analysieren sie im historischen Kontext. Sie erstellen Begleitblätter für das Publikum, führen in die Filme ein und dokumentieren ihre Forschungsergebnisse im Filmblatt, der Zeitschrift von CineGraph Babelsberg.

Eine Veranstaltungsreihe in Zusammenarbeit mit CineGraph Babelsberg und dem Bundesarchiv-Filmarchiv

 

WIEDERENTDECKT
Der Biberpelz
DDR 1949, R: Erich Engel, B: Robert A. Stemmle nach der Komödie von Gerhart Hauptmann, K: Bruno Mondi, D: Fita Benkhoff, Werner Hinz, Käthe Haack, Erwin Geschonneck, 96’

Zum 100. Geburtstag von Erwin Geschonneck

Mit der Rolle des Motes in diesem frühen DEFA-Film debutierte Erwin Geschonneck bei der DEFA, der Filmgesellschaft der DDR. Da war er frisch ans Berliner Ensemble engagiert worden und spielte wichtige Rollen in den Stücken Brechts. Sein Berliner „Einstand“ war der Matti in „Herr Puntila und sein Knecht Matti“. Brecht inszenierte dieses Stück zusammen mit Erich Engel. So lernte Engel Geschonneck kennen, dessen komische Fähigkeiten er sogleich erfasste und für seinen Film einsetzte.
Engel stärkte die sozialkritischen Züge, die Gerhart Hauptmann in seiner Komödie um die kleine Diebin Mutter Wolffen angelegt hatte, und füllte somit auch die komischen Potenzen der anderen Rollen auf. Geschonnecks Motes erweist sich als eine zugleich komische und komödiantische Miniatur, in der alles angelegt ist, was der Schauspieler in seinen großen komischen Rollen später in Film und Fernsehen ausspielen konnte (etwa in Karbid und Sauerampfer, 1963 oder in Ein Lord vom Alexanderplatz, 1967): Lakonie des Ausdrucks, plebejische Subversivität, Genauigkeit der Pointierung, Charme des Ungehobelt-Groben. Und dazu allemal amüsante Färbungen des Berlinischen in Artikulation und Gestik sowie ein sicheres Spielen mit Maske und Kostüm.
Es scheint, als ob Geschonneck – beginnend beim Motes – mit allen seinen nachfolgenden komischen Rollen sein schweres Lebensschicksal „davor“ beiseite schieben und verdecken, jedenfalls auf besondere Weise „verarbeiten“ wollte: ab 1933 Exil in Polen, der ČSR und der Sowjetunion, Ausweisung, 6 Jahre KZ-Haft in Sachsenhausen, Dachau und Neuengamme, das Rettungsschwimmen vom bombardierten, sinkenden KZ-Schiff „Cap Arcona“ in der Lübecker Bucht. Nach diesen zwölf Jahren wollte und konnte er „alles“ nachholen, also auch Komik im Gewand fabulierter Figuren.
Geschonneck sei ein „Realist in der Menschenbeobachtung und Gestaltung“, ein „Arbeiter und ein großer Schauspieler“, ein „Kulissenmensch und Realist, Komödiant und Wahrheitssucher“, befand 1952 der Theaterkritiker Herbert Jhring in einer Besprechung des Berliner Ensembles. Dies galt für den Motes in Engels DEFA-Film, und dies galt für alles, was Geschonneck danach noch spielte.

Einführung: Günter Agde
am 05.01.2007 um 19.00 Uhr

 

 

 

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Der galante König.
D 1920, R: Alfred Halm, D: Rudolf Basil, Ria Jende, Eva Speyer, Dora Kasan, viragiert, nlZt., ca. 100‘

Ein Prunkfilm über die Liebesabenteuer August des Starken (1699-1763), sächsischer Kurfürst und König von Polen, gedreht an Originalschauplätzen in den Straßen Alt-Dresdens und den Schlössern von Pillnitz und Moritzburg. „Ein Prachtschaustück ersten Ranges. Glänzende Aufzüge, Hoffeste mit dem Aufwand der damaligen Verschwendung und Üppigkeit, phantasievolle Schauspiele, den bizarren Launen dieses prachtliebenden Fürsten entsprungen, wechseln in mustergültiger Weise mit Kriegszügen, jubelnden Volksmassen und Schlachtgetümmel.“ (Der Film) Der sozialdemokratische Vorwärts kritisierte dagegen den „pathetischen Prunk" dieses Historienbildes als „hohl, nichtig, äußerlich arrangiert."
Mitarbeiter des Sächsischen Staatstheaters hatten die Dekorationen entworfen, auch ein Militärhistoriker stand dem Regisseur zur Seite. Aufgewertet wurde der Monumentalfilm noch durch eine nach historischen Originalkompositionen zusammengestellte Kinomusik. Die schön viragierte niederländische Verleihfassung ist auch ohne niederländische Sprachkenntnisse verständlich.

Einführung: Jeanpaul Goergen
Klavierbegleitung: Peter Gotthardt

am 02.02.2007 um 19.00 Uhr

 

 

 

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Ich hatt’ einen Kameraden
D 1926, R: Conrad Wiene, D: Grete Reinwald, Frida Richard, Olaf Fjord, Carl de Vogt, Hans Albers, ca. 76’

„Ein Drama aus den Heldentagen der deutschen Kolonien“ – mit diesem Werbespruch startete der unter Förderung der ehemaligen Gouverneure der deutschen Schutzgebiete herstellte Film Ich hatt’ einen Kameraden. Er wurde am 30. Juli 1926 anlässlich der in Hamburg abgehaltenen „Kolonialen Werbewoche“ uraufgeführt. „Wirklichkeitsgetreue Bilder voll heldenhaften vaterländischen Erlebens aus schwerer Zeit“ bewunderte die konservative Tägliche Rundschau. Die überlieferte Fassung des Films ist um ein Drittel gekürzt und reduziert ihn weitgehend auf seine melodramatischen und abenteuerlichen Handlungselemente. Aber auch in diesem Fragment kommt die propagandistische Botschaft dieses „vaterländischen Kolonialfilms“ noch unverblümt zum Tragen.

Einführung: Jeanpaul Goergen
Klavierbegleitung: Peter Gotthardt

am 02.03.2007 um 19.00 Uhr

 

 

 

 

 
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