II. Rückschau auf den Ursprung und die
Entwicklungstendenzen des deutschen Medaillenschaffens
von der Renaissance bis zur Gegenwart

1. Einführung

Die Antike

Das Mittelalter

Die Renaissance in Italien


Die Antike

Medaillentraditionen lassen sich bis in die Antike zurückverfolgen. Prachtvolle goldene Siegespreise aus dem alexandrinischen Griechenland des 3. Jahrhunderts v. Chr., sogenannte Niketerien, stehen am Anfang der Überlieferung und sogleich auf der höchsten Stufe hellenistischer Prägekunst. Ihnen folgten die Zier- und Geschenkstücke der römischen Kaiserzeit, goldene Medaillone mit offiziell-staatlichem Charakter aus dem 2. und 3. Jahrhundert n. Chr. sowie bronzene Kontorniaten des 4. und 5. Jahrhunderts, so benannt nach der charakteristischen vertieften Randrille. Kontorniaten waren nicht staatlich und werden als "verkanntes Propagandamittel der heidnischen Aristokratie gegen das christliche Kaisertum" gedeutet.(1)

    Kontorniaten

(1) Göbl, 1987, S. 62.

 


Das Mittelalter

Das Mittelalter kannte ebenfalls medaillenähnliche Erzeugnisse. Ihre Verfertiger bedienten sich aber kaum mehr der Prägetechnik. Guß, Treibarbeit und sogenannte Limoges-Arbeiten herrschten vor. Hauptsächlich handelte es sich um Pilgerzeichen und christliche Amulette. Hinzu trat eine kleine Gruppe von Minnekleinoden.

Die Renaissance in Italien

Wenn auch die Ouvertüre des Medaillenzeitalters offenbar im flandrisch-burgundischen Kunstkreis an der Wende zum 15. Jahrhundert unter anderem mit der für den Herzog von Berry verfertigten Heracliusmedaille auf die Überführung der Kreuzreliquie nach Konstantinopel gespielt wurde, fand die wahre Anknüpfung an antike Traditionen mit den 1390 geprägten Medaillen auf die Einnahme von Padua durch die Tyrannen Carrara statt.(1) Die italienische Frührenaissance hatte mit der Rückbesinnung auf antike Traditionen, vor allem aber durch die erneuerte Wertschätzung des Individuums bei nachhaltiger Wandlung gesellschaftspolitischer Strukturen eine Abkehr vom Dogma der Gotik in Kunst und Kultur ermöglicht. Was Wunder, daß die Wiege der neuzeitlichen Medaille südlich der Alpen stand. Die Geburtsstunde schlug, als der Freskomaler Antonio di Puccio Pisano (1395-1455), genannt il Pisanello, 1438 seine erste Porträtmedaille auf den vergeblich beim Konzil von Ferrara um Hilfe gegen die osmanische Bedrohung bittenden byzantinischen Kaiser Johannes VIII. Paläologos schuf. Bis 1449 füllten mehr als 30 weitere formvollendete Kunstwerke Pisanellos Medaillenœuvre an und beeinflußten das weitere italienische Medaillenschaffen nachhaltig. Diese italienischen Renaissancemedaillen banden als ein Teil des sehnsüchtig angestrebten Bildungsideals des Renaissancemenschen jahrhundertelang das Interesse vieler Gelehrtengenerationen, vor allem im "enzyklopädischen Zeitalter" der Aufklärung. Das DHM besitzt eine kleine (Gelehrten-)Sammlung aus dem 18./19. Jahrhundert, die unter anderem Gipsabgüsse antiker Gemmen sowie einige Abgüsse von Renaissancemedaillen enthält. (Katalog-Nr. 1)
(1) Bernhat/Kroha, 1984, S.9/10; Göbl, 1987, S.62; Börner/Steguweit, 1990, S.7.