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Auf der Zweiten Internationalen Hygiene-Ausstellung in Dresden 1930 wurde der Gläserne Mensch einem staunenden Publikum präsentiert. Nicht nur die Fachwelt war begeistert von dem glänzenden Homunkulus, auch die internationale Presse berichtete in Sensationsreportagen über die außergewöhnliche Erfindung. Fast im Verborgenen hatte Franz Tschackert, Präparator des Deutschen Hygiene-Museums, sein Werk geschaffen: eine dreidimensionale Figur, deren durchsichtige Hülle aus dem Kunststoff Cellon den Blick auf das Skelett und die inneren Organe freigab, während eine Grammphonstimme deren Funktionsweise erläuterte. Der Aufklärung über den eigenen Körper und der Gesundheitsprophylaxe sollte der Gläserne Mensch dienen. Doch auch die Vorstellung von einer normierten, funktionierenden Menschenmaschine wohnt ihm inne. In dieser Janusköpfigkeit spiegelt sich zugleich die Widersprüchlichkeit der Hygienebewegung in der Weimarer Republik.