Sammlungen des Deutschen Historischen Museums

Alltagskultur I › Modellpflüge

verantwortlich: Prof. Dr. Rosmarie Beier-de Haan

 

Modellpflüge -
Eine Sammlung des Deutschen Historischen Museums, Berlin

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"Im Allgemeinen will das Museum [...] dem Studirenden [...] das Material zu seinem Unterricht gewähren, dem Forscher den Stoff zu seinen Untersuchungen in möglichster Fülle bieten und dem grösseren Kreise der Besucher in anschaulicher Weise das Wissenswertheste aus den verschiedenen Zweigen der Landwirthschaft vorführen.“

Dr. L. Wittmack, 1873 (1)

Kultur und Lebensweise in historischer Perspektive zu beschreiben, beinhaltet stets, auch die Geschichte der materiellen, technischen und sozioökonomischen Fortschrittsprozesse zu reflektieren, die wiederum selbst in übergreifende Entwicklungen eingebettet sind. Das Unterfangen, landwirtschaftliche Arbeitsgeräte und -verfahren vor dem Hintergrund dieser chronologischen Abläufe zusammenfassend darzustellen, basiert häufig auf der Auswertung materialintensiver Studien zur Agrargeschichte und Volkskunde sowie der kritischen Analyse gesicherter Daten zur bäuerlichen Viehhaltung und zum Gerätewesen. Mit dem Blick auf die Historie technischer Neuerungen kommt uns hingegen ein seit dem 18. Jahrhundert allgemein verstärktes wissenschaftliches Interesse zugute, welches sich u. a. darum bemühte, Fortschritte im Dienst der Gesellschaft praktisch, vor allem aber unter ökonomischen Gesichtspunkten gewinnbringend auszunutzen. In vergleichsweise hohem Maße richtete sich dieses Interesse - häufig ausgehend von gelehrten Gesellschaften und universitären Instituten der Zeit - auch auf den Ackerbau, was sich nicht zuletzt in einem frühen Aufkommen wissenschaftlicher Abhandlungen zu diesem Bereich ausdrückt. (2) Daneben können für die vorliegende Thematik aktuelle Untersuchungen herangezogen werden: zahlreiche Publikationen aus archäologischen, landeskundlichen, kunst- und kulturhistorischen oder sprachgeschichtlichen Forschungsdisziplinen enthalten zusätzliche Anhaltspunkte, um die Struktur und die Genese traditioneller Arbeits- und Wirtschaftsformen innerhalb des Agrarsektors zu bestimmen. (3) Hinzu treten gedruckte Berichte in Heimatblättern, Orts- und Kreisdarstellungen sowie Dokumente aus unterschiedlichen Sammlungen deutscher Museen, wie sie z. B. die reichen Bestände der ehemaligen, bereits 1818 von König Wilhelm I. von Württemberg gegründeten `Landwirtschaftlichen Unterrichts-, Versuchs- und Musteranstalt´ in Hohenheim bei Stuttgart (seit 1967 Universität) (4) , das 1903 eröffnete Spezialarchiv zur europäischen Geschichte der Naturwissenschaft und Technik im `Deutschen Museum´ in München sowie das ebenfalls international renommierte `British Museum´ in London bieten (Abb. 1) .


Abb. 1
Holzmodell eines pflügenden Bauern aus der Zeit des Mittleren Reiches, Ägypten.
Maßstab unbekannt, um 2040-1750 v. Chr.
British Museum, London, Inv.-Nr.: EA 52947
http://www.thebritishmuseum.ac.uk/


Sämtliche Quellen (archäologische Bodenfunde, ältere bildliche Darstellungen wie z. B. Kirchenfresken, schriftliche Überlieferungen in Form von Inventarverzeichnissen (5) etc.) ermöglichen somit - unter Einbeziehung relevanter Erkenntnisse aus der Sekundärliteratur (6) - immerhin einige wertende Aussagen in Bezug auf die allgemeine Entwicklungsgeschichte verschiedener Pflugtypen sowie der im folgenden vorgestellten Anschauungsobjekte. (7) Doch trifft in Bezug auf die Auswertung archivierter Zeugnisse zu, was Victor Jacobi bereits 1854 feststellte: "Es ist eine allbekannte Tatsache, daß die Urkunden grade über die gewöhnlichsten, obgleich für die Erkenntniß der Kulturzustände höchst wichtigen Dinge sehr dürftiges Licht verbreiten." (8) Wenngleich neue Funde, differenziertere Analysemethoden und eine kombinierte Auswertung der verschiedenen Quellengruppen inzwischen verbesserte Möglichkeiten geschaffen haben, das Thema anzugehen, so bleibt doch zu berücksichtigen, daß etwa die Herkunftsfrage der behandelten, teilweise aus dem 18. Jahrhundert stammenden Lehrmodelle häufig nicht eindeutig beantwortet werden kann; (9) auch können insgesamt nur relativ wenige Institutionen aufgrund fehlender Unterlagen präzise Auskunft über die lokale und soziale Herkunft erhaltener Exponate sowie deren Alter und Zweckgebundenheit geben. Hier gilt wohl der Grundsatz, daß jede Dokumentation stets nur hinsichtlich der von ihr gestellten Fragen vollen Aussagewert besitzt. (10)

Im Rahmen der vorliegenden Darstellung tritt als historische Quelle indessen erstmals eine museale Sammlung zutage, welche von der Wissenschaft bislang nicht oder eben noch nicht genügend berücksichtigt worden ist, obwohl gerade sie elementare Aussagen über vergangene Arbeitsweisen, Erfindungsreichtum und praktisches Denken der mit diesen Geräten umgehenden Menschen bereithält. Es ist dies die Sammlung landwirtschaftlicher Arbeitsgeräte der Abteilung Alltagskultur I des Deutschen Historischen Museums in Berlin (kurz DHM) , speziell der dortige Bestand agrarhistorisch bedeutsamer früher Modellpflüge. Diesem Fundus, der im Wesentlichen auf die ehemaligen Bestände des 1868 eröffneten Königlich Landwirthschaftlichen Museums in Berlin zurückgeht, (11) sollte allein schon angesichts seiner enormen Quantität von heute insgesamt 63 Exponaten aus verschiedenen Epochen und Ländern, aber auch aufgrund der außerordentlichen Qualität der Einzelstücke eine Sonderstellung im Hinblick auf vergleichbare Modellsammlungen zugemessen werden. So war es bereits seit Gründung dieser Schausammlung eines ihrer zentralen Anliegen, die häufig unterschätzte Typenvielfalt diverser Landschaften darzustellen. In der Einleitung des späteren Bestandkataloges heißt es daher hinsichtlich des didaktischen Anspruchs: "Der Zweck des Museums ist die Förderung der Landwirthschaft [...] durch Vorführung guter Muster aus ihren verschiedenen Gebieten; [...] durch belehrende Darstellungen der mannigfachsten Art. In erster Beziehung will das Museum namentlich auf die bewährtesten neueren Erscheinungen aufmerksam machen und zu deren Einführung beitragen, insbesondere dabei die Maschinen und Geräthe berücksichtigen und die Hebung des landwirthschaftlichen Maschinenwesens nach allen Seiten hin zu fördern suchen." (12)

Durch einen Vergleich der Modelle sollten die jeweils unterschiedlichen Konstruktionen anschaulich werden und das Studium der Ackerbaugeräte Aufschluß über die sowohl funktional-technischen, als auch über die naturräumlichen Veränderungsprozesse während früherer Bevölkerungswanderungen geben. (13) Die folgende Querschnittanalyse versucht daher, einige der zumeist maßstabsgetreu angefertigten Pflugmodelle aus dem DHM in Bezug auf ihre unterschiedliche Funktion, ihr regionales Vorkommen, ihre relative Häufigkeit und ihren technischen Wandel möglichst genau in den zeitgeschichtlichen Kontext einzuordnen. Dieser erstreckt sich vom Beginn des 18. bis etwa zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts. Die der Untersuchung zugrundegelegten Fragen zielen dabei primär auf den Funktionswandel - insbesondere der konstruktiven Teile, wie Pflugschar, Streichbrett und Sech - und damit auf den jeweils innovativen Charakter der vorgestellten Modelle ab. Doch soll weniger aufgezeigt werden, worin die Gemeinsamkeiten der unterschiedlichen Pflugtypen bestehen, als vielmehr zur Darstellung kommen, welche Unterschiede auszumachen sind.

Auf den ersten Blick beeindruckt heutzutage an der alten bäuerlichen Wirtschaftsweise noch immer das vorwiegend in sich geschlossene, gleichsam autarke System, in dem alles seine Verwertung findet und vieles - auch als Reproduktion - tradiert erscheint. Selbst das Holz für die Anfertigung der Pflüge stammt meistenteils vom täglich bewirtschafteten, wenn nicht gar eigenem Grund und Boden. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts fasziniert überdies sowohl der Erfindungsreichtum als auch der Geist der Rationalisierung, insbesondere in ärmeren Wirtschaftsregionen wie beispielsweise dem westfälischen Siegerland. Von welchen Orten oder Landstrichen hingegen die Wirtschaftsweisen und überlieferten Arbeitsgeräte in andere gelangten, ist für den behandelten Zeitraum, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, nur selten mit Sicherheit eindeutig zu bestimmen. Dies ist oft bereits aus naturräumlichen bzw. historisch-politischen Gründen kaum möglich, da während des gesamten Untersuchungsbereiches häufig enge, wenn auch wechselnde Verflechtungen zwischen den unterschiedlichsten Agrarregionen bestanden haben. Dennoch ist hinsichtlich der Verbreitung neuer technischer Kenntnisse ein stets mehr oder weniger intensiver, seit dem späten 18. Jahrhundert zunehmend reger werdender Austausch zwischen allen europäischen Nationen zu beobachten. Auffallend erscheint zu jener Zeit etwa die Innovationskraft der früh industrialisierten Staaten Belgien und Großbritannien hinsichtlich der Entwicklung moderner Anwendungsformen und der konstruktiven Verbesserung technischer Details häufig bereits in Fabriken gefertigter Pflüge. (14) Hier bietet die regionale Bevorzugung bestimmter Typen sowie ihrer Bezeichnungen die Möglichkeit zu übergreifenden Kartierungen, die in einigen Fällen sicherlich interessanten Aufschluß geben und vorhandene volkskundliche Landkarten bestätigen bzw. diese gegebenenfalls sogar korrigieren könnten. (15)

Die Einführung der mechanischen Bodenpflugtechnik ist verschiedentlich als die dritte Periode innerhalb der technischen Entwicklung des Ackerbaus bezeichnet worden. (16) Zunächst mit Handgeräten durchgeführt, konnte die Arbeit spätestens seit dem Mittelalter mit Zugvieh geleistet werden, was zur Folge hatte, daß das Landschaftsbild im Verlauf der Zeit zunehmend von geometrisch angelegten, viereckigen Feldern und Äckern geprägt wurde. (17) Im Vergleich zu vorherigen Nutzungsformen wurden die einzelnen Parzellen dadurch nicht nur länger, sondern auch schmaler. Um nun von seiner Wirtschaft überhaupt noch einigermaßen leben zu können, mußte ein Bauer beispielsweise in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts - je nach Bodenqualität und Nutzungsart - durchschnittlich mindestens 10 ha Land besitzen. Diese Angabe geht aus statistischen Erhebungen hervor, die schon frühzeitig innerhalb des deutschen Sprachraums durchgeführt wurden. (18) Deutlich zeigt sich anhand unterschiedlicher Quellen, daß zur gleichen Zeit die Nutzung des Klees als Kulturpflanze in der Weidewirtschaft und auch die Einführung des `Kunstdüngers´ einschneidende Veränderungen darstellen. Letzterer nivellierte nicht nur den Unterschied zwischen der Landwirtschaft auf guten, nährstoffreichen und ebensolcher auf -armen Böden, sondern erlaubte generell eine intensivere Nutzung aller Ackerflächen. Als unmittelbare Folge verschwanden u. a. vielerorts Brachen und weite Heideflächen - und damit die großen Schafherden - , die neben dem Ödland kultiviert wurden. Zudem wurde von der Bewirtschaftung der Naturwiesen, insbesondere Flößwiesen, auf die Nutzung von Ackerfeldern umgestellt, deren verdeckte Dränagen die früheren offenen Gräben nunmehr ersetzten. Schließlich erzielte man durch die sogenannte Flurbereinigung, d. h. die Zusammenlegung kleinerer und damit zum Teil wenig ergiebiger Flächen, nicht nur eine Vergrößerung der einzelnen Äcker, was mehr Ertrag im Getreide- bzw. Futtermittelanbau mit sich brachte, sondern ermöglichte damit ebenso eine Aufstockung des Rindviehbestandes mit wesentlich leistungsfähigerem Vieh. Diese Entwicklung bedingte wiederum Änderungen in Bezug auf die funktionale Beschaffenheit der Arbeitsgeräte und erleichterte hier etwa die Einführung modernerer Pflugmethoden.

War bis um 1800 die Verbreitung des Pfluges von Gemeinde zu Gemeinde durch unmittelbare Beeinflussung benachbarter Regionen vor sich gegangen, so trat mit der Gründung landwirtschaftlicher Schulen im 19. Jahrhundert eine veränderte, geradezu sprunghaft verlaufende Popularisierung neuer Pflugtypen auf. Im Zuge dessen prüfte man zuweilen von außerhalb herangeholte neue Ackerbaugeräte und kopierte diese versuchsweise auch in kleineren Schmieden des Landes. (19) Insofern gelangte infolge verbesserter Konstruktionen und deren praktischer Anwendung mehr Geld auf die einzelnen Höfe, das nach Einführung der Elektrizität im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts selbst die Anschaffung von Elektromotoren vielerorts ermöglichte. Der Handbetrieb bei zahlreichen Ackergeräten wurde auf diese Weise durch motorbetriebene, oft in Fabriken hergestellte eiserne, insbesondere aber kostengünstiger produzierende Landmaschinen abgelöst. Hierdurch wurde nicht zuletzt dem holzverarbeitenden Handwerk seit dem Ende des Ersten Weltkriegs sukzessive die Existenzgrundlage entzogen.
Eine allgemeingültige Periodisierung des Wandels, der ebenfalls von der Größe der Höfe abhängt, ist für den gesamten Untersuchungszeitraum nur annäherungsweise vorzunehmen. In Bezug auf die einzelnen Pflugtypen und deren regionale Verteilung finden die jeweiligen Entwicklungsphasen teilweise zu recht unterschiedlichen Zeiten statt. Doch ist generell festzustellen, daß die Abwendung von den traditionellen, d. h. aus Holz und Metall gefertigten Geräten und die Loslösung von den damit einhergehenden Arbeitsweisen auf deutschem Boden bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts sehr rasch erfolgte. Gegen Mitte des Jahrhunderts endet dann auch im übrigen Westeuropa die Zeit der hölzernen Pflüge. Bis dahin wurden die Pflüge von Stellmachern oder Schreinern, denen ein Gemeindeschmied die erforderlichen Eisenteile lieferte und befestigte, in kleiner Stückzahl gefertigt, nun beginnt man die Pflüge in Fabriken herzustellen. (20) Letztere benutzte man zunächst auf kleinen, oft steinigen Stoppeläckern, da diese mit den recht kurzen, haltbaren und leicht zu hantierenden Fabrikpflügen verhältnismäßig mühelos zu bearbeiten waren. Auch die Zugkraft des Pferdes wird nun zunehmend von derjenigen der Maschinen verdrängt. Allein diese Rahmenbedingungen forderten vom Landwirt langfristig nicht nur eine veränderte Einstellung zur täglichen Arbeit, den neuen Maschinen und seinem Land gegenüber, sondern auch die Modifizierung bisheriger Produktionsweisen sowie die Einführung rationellerer Wirtschaftstechniken.

In vergleichbarer Dimension vollzogen sich ähnliche Umwälzungen im Pfluggerätebau erst wieder während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, genauer: seitdem bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert das Streichbrett aus gehärtetem Stahl, an dem der Erdboden nicht mehr haften blieb, aus den USA eingeführt worden war, wurden ebenfalls von dort erste Traktorpflüge um 1910 importiert. Zum Durchbruch kam dieser neue Typ allerdings erst in den Jahren nach 1925 sowie zuletzt infolge des allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwungs nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Der Pflugführer mußte nun nicht mehr hinter seinem Arbeitsgerät, welches gleich zwei oder mehrere Furchen auf einmal zog, hergehen, sondern saß vor ihm. (21) Erst im Zuge dieser Entwicklungen setzte nach 1945 jene massive, bis heute anhaltende Technisierung des Landbaus ein, welche durch die vielseitigere Verwendung von Traktoren und großer, rationell zum Einsatz gebrachter Landmaschinen u. a. eine Ausweitung und Umstrukturierung zahlreicher Betriebe durchsetzte. Sie bewirkte aber auch den verstärkten Zusammenschluß zu genossenschaftlich geführten Bewirtschaftungs- und Vertriebsformen. Da die letztgenannten Ereignisse jedoch außerhalb des zeitlichen Rahmens der Untersuchung stehen, seien sie an dieser Stelle nur der Vollständigkeit halber erwähnt, um somit zumindest die historische Entwicklung des Agrarwesens bis ins 20. Jahrhundert zu überblicken. Im Zentrum unseres Interesses stehen vielmehr die spezifischen Arbeitsweisen und Gerätetypen der exemplarisch ausgewählten Pflugmodelle. (22) Zu Umfang und Gestalt jener Exponate sei vorausgeschickt, daß in den DHM-Sammlungsbeständen - neben einzelnen Sonderfällen - im wesentlichen zwei Grundformen vertreten sind: Haken- sowie Beetpflüge.

Abb. 2
Modell eines Hakenpfluges aus dem Gouvernement Kostroma, Rußland
Maßstab unbekannt, um 1800 (?)
DHM Berlin, Inv.-Nr.: Pro 65/125

 

Abb. 3
Modell eines Hakenpfluges mit Schleifstelze.
Maßstab ca. 1:7, um 1850
DHM Berlin, Inv.-Nr.: Pro 65/120

 

Hakenpflüge (auch: Haken) gelten als die ältere Pflugform, welche symmetrisch konstruiert sind und ebenso arbeiten, indem sie den Boden je nach Struktur aufwühlen (daher auch Wühlpflüge genannt) und krümeln, nicht aber umwenden (Abb. 2 und 3) . (23) Sie besitzen kein seitliches Streichbrett, (24) sondern allenfalls beidseitige Streichpflöcke. Schräghaltung ermöglicht bei manchen Hakentypen eine relativ unbedeutende Bodenwendung. Mittels Haken kann unmittelbar Furche neben Furche ohne die sogenannte Leerfahrt gezogen werden. Mit ihm wird bei aufeinanderfolgenden Bodenbearbeitungsgängen normalerweise senkrecht zur ersten Furche - also über Kreuz - geackert, weshalb seine Anwendung häufig mit blockförmigen, dem Quadrat angenäherten Äckern korrespondiert.

Abb. 4
Modell eines rechtswendenden Beetpfluges. (25) Dieses sehr massiv gebaute Exemplar diente zum Tiefpflügen und orientiert sich an Vorbildern aus Brabant. Geschenk des Arztes und Theoretikers Albrecht Daniel Thaer (1752-1828) , (26) Sammlung der Landwirtschaftlichen Akademie, Reichenow-Möglin (Brandenburg) .
Maßstab ca. 1:5, um 1820
DHM Berlin, Inv.-Nr.: Pro 65/128


Abb. 5
Modell des sogenannten Zugmaierschen Beetpfluges.
Dieser aus Deutschland stammende Typ war um die Mitte des
19. Jahrhunderts international weit verbreitet.
Maßstab 1:5, 1840
DHM Berlin, Inv.-Nr.: Pro 65/11

Beetpflüge (Pflüge im engeren Sinne) als die genetisch jüngere Art sind hingegen asymmetrisch konstruierte und arbeitende Pfluggeräte mit einseitigem (meist rechtsseitigem) Streichbrett, welches den Boden mehr oder weniger stark wendet (daher auch Bodenwendepflug genannt) bzw. seitlich versetzt (Abb. 4 und 5) . Seine Schar ist im Gegensatz zur Hakenschar asymmetrisch ausgeschmiedet; weitere (nicht konstitutive) Bestandteile sind das messerähnliche Sech - welches die Scholle senkrecht anschneidet, bevor sie von der Schar horizontal abgeschnitten und vom Streichbrett gewendet bzw. versetzt wird - und das überwiegend zweirädrige Vorgestell, das mit einer Kette am Grindel, der Zugvorrichtung für das Vieh, (27) befestigt ist. Da das Streichbrett die aufgebrochene Scholle nur nach einer Seite (eben nach rechts) bewegt, kann mit diesem Gerät nicht unmittelbar aufeinanderfolgend parallel zur jeweils letzten Furche zurückgepflügt werden, sondern das Pfluggespann muß an der Stirnseite des Ackers eine Leerfahrt vornehmen, pflügt am anderen Feldrand zurück und legt die dritte Furche neben die erste, die vierte neben die zweite usw. Bei diesem "Auseinanderpflügen" und seinem Pendant, dem "Zusammenpflügen", entstehen Beete (daher die Bezeichnung Beetpflug) . Minimale Leerfahrten sind dann garantiert, wenn der Acker möglichst schmal angelegt ist. Daher findet der Beetpflug meist auf extrem oblongen Äckern, den sogenannten "Langstreifen" Anwendung. Die bodenwendende Funktion dieses Pflugtyps erlangte besonders für das Umbrechen begrünter Brachen im Rahmen der Dreifelderwirtschaft große Bedeutung. Das für Zugtiere und Menschen anstrengende Pflügen - das Traktionsprinzip sah überwiegend paarweise vorgespannte Ochsen bzw. Pferde vor (28) - geschah, auch im Fall der Hakenpflüge, meist durch zwei Personen: eine führte den Pflug, während die andere das Spannvieh leitete und dieses meist mittels eisenbewehrter Stecken antrieb.

Innerhalb des deutschen Sprachraums ist das gesamte 18. Jahrhundert hindurch sowie - regional bedingt - auch darüber hinaus, noch der ältere Typ, also der Hakenpflug, in Gebrauch. Dieses Gerät, welches den Boden eher aufreißt, als daß es ihn wendet, diente häufig in Ergänzung zum Beetpflug für das Ziehen einer zweiten Furche in Querrichtung zur ersten, die zuvor mit dem Beetpflug angelegt wurde. Als universal einsetzbares Arbeitsgerät benutzte man es ferner bei der Erstbearbeitung stark von Unkraut durchsetzter Felder oder zum Unterpflügen der Saat. Auch wurde zu jener Zeit seine Eignung für die Bedürfnisse neuer Häufelkulturen, wie beispielsweise im Bereich des Kartoffelanbaus erkannt (Häufelpflug) . So schrieb der Pfarrer Johann Friedrich Mayer 1793: "Hat Amerika manches Europa zu verdanken, so ist gewiß dies jenem der Kartoffel wegen vieles schuldig. In der teuren Zeit anfangs der [17]70er Jahre erprobte dies amerikanische Geschenk in Teutschland seine volle Güte [...]." (29)

 


Abb. 6
Modell eines Häufelpfluges.
Maßstab 1:5, um 1870
DHM Berlin, Inv.-Nr.: Pro 65/113

 

Ein späteres Exemplar dieses Typs befindet sich heute in den Modellbeständen des DHM (Abb. 6) . Es ist der Häufelpflug mit Schleifstelze, der überwiegend zum Häufeln von Kartoffeln und Runkelrüben verwendet wurde, aus dem früheren Besitz der Ackergerätefabrik Regenwalde (später Sammlung des Königlich-Landwirtschaftlichen Museums, Berlin sowie Institut für landwirtschaftliches Maschinen- und Bauwesen, Humboldt-Universität, Berlin) . Der Typus wurde bereits 1819 gebaut und seit etwa 1820/18 in Hohenheim bei Stuttgart in Serie hergestellt. Bis 1828 wurden 32 dieser Pflüge, zu deren Verwendung ein Pferd erforderlich war, verkauft, wobei der Einzelpreis damals 13 fl. betrug.
Ein weiteres Beispiel für den genannten Typ ist das Modell eines Häufelpfluges mit verstellbaren Streichblechen und Stelzrad (Abb. 7) . Hergestellt wurde die maßstabsgetreue Kopie um 1875 von der Aktiengesellschaft H. F. Eckert in Berlin. Während der Pflug in erster Linie für den Kartoffelanbau vorgesehen war, konnte er durch Demontage des Streichbleches ebenfalls als Hackpflug oder leichter Mineurpflug Anwendung finden. (30) In der dargestellten Ausführung kostete der Pflug zur damaligen Zeit 36,- Mark.

Abb. 7
Modell eines eisernen Häufelpfluges.
Maßstab 1:3, um 1875
DHM Berlin, Inv.-Nr.: Pro 65/87

Bereits vor 1800 setzte sich im deutschen Sprachraum der Beetpflug durch, im damaligen Ostpreußen etwa unterstützt durch die staatliche Administration. (31) Gegenüber dem räumlich begrenzten Hakenvorkommen war also diese Form mit hölzernem Gerippe, einschariger Ausrüstung, geradem Streichbrett aus Holz, Radvorgestell und einem Vorspann von durchschnittlich vier Zugtieren vorherrschend. Diese in der Literatur verschiedentlich für das 19. Jahrhundert nachgewiesene ältere Form des Beetpfluges (32) existierte bereits in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Gemeinhin galt er zu jener Zeit als "ein ordentlich teutscher Pflug [...], der stärkste und gebräuchlichste in der ganzen Welt." (33) In den Beständen des DHM läßt sich ein entsprechendes Modell finden, das vornehmlich in der norddeutschen Tiefebene beheimatet war (Abb. 8) . Ursprünglich mit Vorwagen versehen, stammt dieses einsterzige Modell vermutlich aus der Mark Brandenburg, besteht aus Eisen und Holz und ist zwischen 1840 und 1850 datiert, wobei gesichert erscheint, daß die Rahmenkonstruktion bereits im 18. Jahrhundert erstellt wurde, möglicherweise aber auch erheblich älter ist.


Abb. 8
Dieses Anschauungsmodell eines einsterzigen Märkischen Beetpfluges mit geradem Streichbrett aus Holz ist ein Geschenk von Albrecht Daniel Thaer, ehemaliger Sammlungsbestand der Landwirtschaftlichen Akademie, Möglin.
Maßstab 1:4, 1840/1850
DHM Berlin, Inv.-Nr.: Pro 65/88

 

Obwohl bereits um 1750 die Meinung vertreten wurde, daß sich "eher [...] eine Taschenuhr als der gewöhnliche Pfug verbessern [ließe, J.M.]“ (34) , so erzielte man dennoch wichtige Fortschritte auf technischem Gebiet, zunächst im Hinblick auf eine verbesserte Stabilität des Ackergerätes. War es bis dahin schon üblich gewesen, die hölzerne Pflugsohle durch Eisenbeschlag zu schützen, (35) so kamen nun vereinzelt volleiserne Sohlen auf. Regionale Varianten dieses Typs, die sich aufgrund des nunmehr umfangreicher erhaltenen Quellenmaterials deutlicher abzeichnen, greifen dieses Merkmal auf. Im folgenden sei daher kurz auf einzelne Charakteristika hingewiesen: so auf das frühe, um 1840 gefertigte Modell eines zweisterzigen Typs, dessen Verbreitungsgebiet sich auf Mitteldeutschland westlich der Saale sowie auf Süddeutschland beschränkt (Abb. 9) . Beim dargestellten Exemplar ist die linke Sterze schon in einer volleisernen Sohle in Schienenform eingelassen, während die rechte am Streichbrett befestigt ist. Der Radvorgestell-Pflug mit hölzernem Streichbrett entstammt ursprünglich der Sammlung des Landwirtschaftlichen Museums in St. Petersburg und wurde - zusammen mit anderen Modellen aus dem DHM - 1867 auf der Pariser Weltausstellung präsentiert. Bereits in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Gebrauch, geht er auf deutsche Kolonisten zurück, welche sich unter Zarin Katharina II. (1762-1796) in Rußland angesiedelt hatten. In ihrer neuen Heimat behielten sie diese traditionelle Form des `altdeutschen´ Landpfluges bei und förderten somit dessen Verbreitung auch in den östlichen Agrarregionen Südrußlands.

Abb. 9
Dieser Beetpflug `altdeutschen´ Typs war bis nach
Südrußland verbreitet und befand sich
als Modell auf der Pariser Weltausstellung von 1867.
Maßstab ca. 1:4, um 1840
DHM Berlin, Inv.-Nr.: Pro 65/115

 


Abb. 10
Auch dieses Modell eines Beetpfluges (Radvorgestell nicht erhalten) war auf der Pariser Weltausstellung von 1867 vertreten.
Maßstab ca. 1:5, Mitte 18. Jahrhundert
DHM Berlin, Inv.-Nr.: Pro 65/110

Eine weitere Sonderform des `altdeutschen´ Typs verkörpert der Beetpflug aus dem 18. Jahrhundert, dessen zwei Sterzen in der schmalen schmiedeeisernen Sohle fußen (Abb. 10) . Wahrscheinlich kommt dieses Modell aus der Region östlich der Saale (womöglich sogar aus Rußland) . Dieser Lokalisierung widerspricht allerdings ein auffälliges Merkmal: deutlich läßt sich die materialsparende Triangelform der Pflugschar erkennen - ein typisches Merkmal ihrer Abstammung aus norddeutschem Raum. Auch dieses Exponat war auf der genannten Weltausstellung in Paris 1867 zu sehen.

Hinsichtlich der Arbeitsweise des Beetpfluges, also des angestrebten Effekts der vollständigen Bodenwendung bei gleichzeitiger Leichtzügigkeit des Gerätes, wurden die Bemühungen um eine Optimierung des Streichbrettes im Verlauf des 19. Jahrhunderts fortgesetzt. Hatte es bereits zuvor, im ausgehenden 18. Jahrhundert erste Ansätze gegeben, das noch gerade Streichbrett mit Eisenblechen zu beschlagen, (36) so erkannte man nun die konstruktiven Vorteile eines vollständig aus Eisen gefertigten, gewölbten Streichbleches. Infolgedessen entwickelte sich jene Form der Schar, deren oberer, konkav gebogener Teil bis auf das früher gerade Streichbrett, nun aber gewölbte -blech heraufreicht und somit einen fließenden Übergang der abgetrennten Bodenscholle ermöglicht. Im 19. Jahrhundert wurde dieser Typ in ganz Deutschland produziert. (37) Keinesfalls unbeeinflußt von progressiven Tendenzen der landwirtschaftlichen Praxis in den benachbarten Regionen des europäischen Auslands, insbesondere den Anregungen aus den Niederlanden und Flandern, erscheinen daher geschmiedete Eisenschare zu Beginn des 19. Jahrhunderts ebenfalls in Norddeutschland (Abb. 11 und 12) ; (38) auch wurden zu jener Zeit mehrscharige Pflüge eingeführt wie in Abb. 13 gezeigt.

Abb. 11
Modell eines hölzernen Beetpfluges mit Eisenschar und gewölbtem Streichblech. Maßstab ca. 1:4, 19. Jahrhundert
DHM Berlin, Inv.-Nr.: Pro 65/123

 

Abb. 12
Auch dieses Modell eines hölzernen Beetpfluges mit gewölbtem Streichblech aus Eisen stammt aus dem 19. Jahrhundert.
Maßstab ca. 1:4, 19. Jahrhundert
DHM Berlin, Inv.-Nr.: Pro 65/97


Abb. 13
Das Gestell dieses Beetpflugmodells besteht aus einer Holz-Eisen Konstruktion. Es besitzt drei Eisenschare mit jeweils gewölbtem Streichblech.
Maßstab ca. 1:4, frühes 19. Jahrhundert
DHM Berlin, Inv.-Nr.: Pro 65/91

1819 führte Johann Nepomuk Schwerz (1759-1844) den sogenannten Brabanter Pflug ein, der - in der Folgezeit weit verbreitet - ab 1825 den Ausgangspunkt für die Hohenheimer Pflugentwicklung markiert. Ein anschauliches Beispiel für einen solchen Brabanter Typ ist das frühe Modell eines vierseitigen Beetpfluges mit Stelzrad (Abb. 14) .

Abb. 14
Modell eines vierseitigen Beetpfluges mit Stelzrad nach dem Vorbild der Brabanter Pflüge, Ausgangspunkt der Hohenheimer Pflugentwicklung.
Maßstab ca. 1:7, um 1820/1830
DHM Berlin, Inv.-Nr.: Pro 65/103

Es zeigt deutliche Anleihen zum Vorbild, weist aber auch Abweichungen auf, wie etwa die besonders massive Bauweise oder die Anbringung eines Stelzrades statt einer Schleifstelze. Auch der Sterz ist stärker nach hinten gebogen, dafür aber nicht mit einem eingezapften Handgriff versehen. Aufgrund seiner spezifischen Ausführung weicht das erhaltene Modell somit zwar insgesamt teilweise von der zeitgenössischen Vorlage ab, doch bleibt eine weitgehende Orientierung des Exponates, das um 1820/1830 datiert ist, klar zu erkennen.


Abb. 15
Modell eines Schwingpfluges nach dem Vorbild von James Small
(um 1730-1793) . (39) Er war in England und Schottland weit verbreitet, fand in Deutschland trotz der Bemühungen Thaers jedoch wenig Anklang.
Maßstab ca. 1:7, um 1820/1840
DHM Berlin, Inv.-Nr.: Pro 65/126

Verschiedentlich wurde bereits darauf hingewiesen, daß die generelle Entwicklung von den Holzpflügen mit eiserner Schar oder Metallblechen am Streichbrett, bei denen das Problem der Bodenwendung bereits gelöst war, hin zu den Pflügen mit hölzernem Grindel und Eisenkorpus sowie reinen Eisenpflügen und den sogenannten Selbstgängern (s. u.) im 19. Jahrhundert eingeleitet wurde. Obgleich in unterschiedlichen Landesteilen Deutschlands schon zuvor, also noch während des ausgehenden 18. Jahrhunderts, der Versuch unternommen wurde, neue Pflüge aus dem Ausland einzuführen, gelang dies in größerem Maßstab erst nach 1800. (40) Nun begann der Import vor allem angelsächsischer Typen, die vorzugsweise nach James Smalls bekanntem Vorbild von 1740 fabriziert wurden (Abb. 15) . Die Popularität dieser Pflüge, die in der Literatur als eine um die Mitte des 18. Jahrhunderts in England erfolgte Verbesserung des dort gebräuchlichen sogenannten Rotherham-Pfluges galten, (41) war in den ersten Jahrzehnten nach ihrer Einführung auf einheimischem Boden allerdings vergleichsweise gering. Diese zögerliche Akzeptanz mag u. a. damit zu begründen sein, daß die damaligen Anschaffungskosten noch vergleichsweise hoch, die Produktionskapazität der Hersteller relativ gering und die Absatzmöglichkeiten durchaus begrenzt waren. Weitere Argumente für die ablehnende Haltung gegenüber diesen an sich innovativen Konstruktionen führt der Pflugforscher Ragnar Jirlow an, indem er etwa für den zeitgenössischen Entwicklungsstand des Agrarsektors im skandinavischen Schweden feststellt: "Es gab mehrere Gründe dafür, dass diese guten Pflüge keine grössere Verbreitung gefunden haben. Das neue Gerät konnte sich schon durch die allgemein konservative Einstellung der Bauern schwer im breiten Lager der Landwirte durchsetzen. Es half wenig, dass die landwirtschaftlich Sachkundigen den Pflug befürworteten.

Der Widerstand war auch dadurch bedingt, dass der Schwingpflug [angelsächsischer Pflugtyp mit stählernem Streichblech und ohne Stelzrad bzw. Schleifstelze, J. M.] schwerer zu führen war als die alten einheimischen Pflüge. [...] Erst mit der Verbreitung amerikanischer Pflüge um 1840 begann sich der Fabrikpflug auch bei Kleinbauern durchzusetzen [...].“ (42)
Waren die Preise dieser neuen Pflüge also zunächst noch allgemein recht hoch, so etablierte sich der Fabrikpflug dennoch innerhalb Deutschlands ab der Mitte des 19. Jahrhunderts. Zwei Modelle eiserner Beetpflüge nach amerikanischem Vorbild aus dem Bestand des DHM veranschaulichen die oben beschriebenen Merkmale und spiegeln damit gleichsam den technologischen Fortschritt jener Zeit wider (Abb. 16 und 17) . Die Darstellungen belegen, in welchem Umfang sich beide Konstruktionen vom bisherigen Schema, wie ein traditioneller Pflug auszusehen hat und funktionieren soll, gelöst haben: Zwar waren weiterhin mindestens zwei Pferde zur Anspannung erforderlich, doch ging der Pflugführer während des Arbeitsganges nun in der Furche zwischen zwei Hinterständern, wodurch er das aus massivem Metall bestehende Gerät in ganz anderer Weise beherrschen konnte als zuvor. Der Schwingpflug (Abb. 16) lief dabei ohne Vorgestell (Stelzrad bzw. Schleifstelze) und Sech, wurde vorn am Zaum reguliert und konnte so optimal eingestellt werden, daß man ihn auf leicht zu beackerndem Untergrund häufig als Selbstgänger bezeichnete. (43) Bei wenig steinigem Boden brauchte man ihn kaum an den Sterzen zu führen. Ein weiterer funktionaler Vorteil bestand darin, daß er gleich mehrere Schare aufnehmen konnte, wodurch es möglich war, in einem Arbeitsgang eine breitere Fläche zu bearbeiten. Schließlich waren beide Typen durch den Verzicht auf einige Vorrichtungen der älteren, bis dahin aus Holz und Eisen bzw. Stahl gefertigten schweren Beetpflüge nicht nur günstiger in der Produktion - und somit in der Anschaffung - (44) , sondern zugleich auch leichter und damit wendiger. Sie erzielten jeweils - bedingt durch ihr geringeres Gesamtgewicht von 52 kg (Abb. 16) bzw. 83 kg (Abb. 17) - eine verbesserte Bodenwendung bis zu einer Pflugtiefe von maximal 180 mm, wobei die integrierte Meißelschar ein effektives Arbeiten auch bei schwierigen Bodenverhältnissen (Trockenheit, Steinvorkommen etc.) gewährleistete. (45) Angesichts der konstruktiven Veränderungen waren sie schließlich auch auf kleineren Äckern zu verwenden, wodurch sich ebenfalls ihre Beliebtheit bei zahlreichen Kleinbauern erklären läßt.

 

Abb. 16
Modell eines eisernen Schwingpfluges, sogenannter Amerikaner mit Meißel.
Maßstab ca. 1:7, um 1875 (Fa. H. F. Eckert AG, Berlin)
DHM Berlin, Inv.-Nr.: Pro 65/95

 

Abb. 17
Modell eines eisernen Beetpfluges mit Radvorgestell (Amerikaner mit Meißel) .
Maßstab ca. 1:7, um 1875 (Fa. H. F. Eckert AG, Berlin)
DHM Berlin, Inv.-Nr.: Pro 65/93

Die bisher nachgezeichnete Entwicklung der Pflugtypen, auf deren spezifische Formen, aber auch räumliche Verbreitung hingewiesen wurde, gibt nun insofern ein verzerrtes Bild, als daß das nicht selten vorhandene funktionale Nebeneinander mehrerer Pflüge auf den verschiedenen Höfen keine Berücksichtigung finden konnte. Nur einige wesentliche Modellformen wurden als charakteristisch für die Genese der Pflugformen herausgestellt. Doch gerade dieser gleichzeitige Gebrauch unterschiedlicher Pfluggeräte kennzeichnet das Wirtschaftsleben im jeweils zeitgeschichtlichen Kontext agrarhistorischer Entwicklungen. So konnte neben der Anzahl ebenfalls die tatsächlich benutzte Typenvielfalt der Pflüge variieren. Hinsichtlich ihres lokalen Vorkommens ist zudem vielmehr davon auszugehen, daß neben modernen zunächst noch eine Zeit lang die jeweils älteren Exemplare benutzt wurden. Diese waren nicht nur regional, sondern auch innerhalb kleinerer Räume, also auch von Ortschaft zu Ortschaft häufig verschieden.

 

 

Abb. 18
Das Modell eines einfachen hölzernen Rührpfluges stellt den einfachsten Pflug dar, wie er bereits im frühen Mittelalter zu finden war. Er besitzt weder Vorderpflug noch Räder oder Streichbrett und verfügt nur über einen kleinen Eisenbeschlag. Gezogen von Ochsen, wurde der Hackenteil des S-förmigen Gerätes, das beidseits spitz zuläuft, in die Erde gedrückt.
Maßstab ca. 1:7, 19. Jahrhundert
DHM Berlin, Inv.-Nr.: Pro 65/98

 

Abb. 19
Modell eines Dreischarpfluges aus der Privatsammlung Otto Grotewohls.
Während der ersten Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg war diese Pflugform in der DDR äußerst populär. Das Gerät wurde von einem Traktor gezogen und diente dem Wenden, Vermischen und Lockern des Bodens bei gleichzeitiger Einbringung von Dünger oder Saat.
Maßstab ca. 1:5, 1964
DHM Berlin, Inv.-Nr.: La 77/4

 

Einen anschaulichen Überblick über den beschriebenen Wandel - angefangen von den frühesten Modellbeispielen (Abb. 18) bis hin zu den modernen Traktoranbaupflügen des 20. Jahrhunderts (Abb. 19) - eröffnet die Auswahl der Exponate in der künftigen Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums, deren Eröffnung für Ende 2004 ansteht. Als historische Quelle bieten diese umfangreichen Bestände damit sowohl einen interessanten Querschnitt durch die Entwicklung der landwirtschaftlichen Kultur vergangener Jahrhunderte als auch durch die technisch-funktionalen Zusammenhänge des Pfluggerätebaus, wobei die Mustersammlung bis weit in die vorindustrielle Zeit zurückreicht. Auf diese Weise wird ein bedeutender Fundus maßstabsgetreuer Realien der Agrargeschichte erstmals in dieser Vielfalt öffentlich zugänglich.

Jörg Meißner, DHM

 

(1) Aus: Allgemeiner Katalog des Königlichen Landwirthschaftlichen Museums zu Berlin, hrsg. v. dems., Berlin 1873, S. X |zurück|

(2) Vgl. dazu: Jirlow, Ragnar, Plogmodeller från 1700-talet vid Lantbrukshögskolan. Studier i maskintekn. Institutionens modellsamling, in: Meddelande, hrsg. v. Jordbrukstekn Institutet, Bd. 213, Uppsala 1948; Ders., Äldre Plogar och årder i Kungliga Lantbruksakatemiens Museum, in: Meddelande från Kungliga Lantbruksakatemiens Tekniska avdelning, hrsg. v. Lantbruksakademiens Museum Uppsala, Bd. 6, Uppsala 1951 sowie Heckscher, Eli Filip (Hrsg.) , Svenskt Arbeite och liv. Från medeltiden till nutiden, Stockholm 1942 |zurück|

(3) Das verwendete Quellenmaterial, dessen Menge von vorherein zur Beschränkung zwang, ist entweder im Text oder in den Anmerkungen ausgewiesen, während die benutzte Sekundärliteratur im Anhang angeführt wird. Sie soll eine weiterführende Auseinandersetzung mit dem Themenkreis ermöglichen. |zurück|

(4) Siehe dazu die Überblicksdarstellung von Ernst Klein in: Ders., Die historischen Pflüge der Hohenheimer Sammlung landwirtschaftlicher Geräte und Maschinen. Ein kritischer Katalog, in: Quellen und Forschungen zur Agrargeschichte, Bd. 16, Stuttgart 1967 |zurück|

(5) Speziell Nachlaßverzeichnisse haben sich durch Informationen, die sie u. a. über die Verbreitung von Pflügen oder die Einführung technischer Neuerungen geben, für die Forschung oft als wertvoll erwiesen. Die ersten Angaben dieser Art gehen bis ins 16. Jahrhundert zurück, üblich werden sie allerdings erst während des 18. Jahrhunderts. |zurück|

(6) Angesichts des Mangels an jüngeren Publikationen zum Thema landwirtschaftlicher Arbeitsgeräte, speziell der Entwicklung von Pflügen, liegen - anders als etwa für den Bereich der Volkskunst - bislang vornehmlich ältere Ergebnisse der vergleichenden Forschung vor. Im Sinne einer aktualisierenden Darstellung vergangener Produktionswelten bemüht sich die Untersuchung darum, das Verhältnis zwischen Landarbeitern und alltäglichem Arbeitsgerät - zumindest kursorisch - zu reflektieren, indem sowohl der jeweils historische Entwicklungsstand technischer Prozesse als auch der soziale Status der mit den Objekten praktisch arbeitenden Bevölkerung berücksichtigt werden soll. Grundlegend erscheinen dazu die Detailstudien von Tamás Hofer und Edit Fél, Bäuerliche Denkweise in Wirtschaft und Haushalt. Eine ethnographische Untersuchung über das ungarische Dorf Átány, Göttingen 1972 sowie: Dies., Geräte der Átányer Bauern, Kopenhagen 1974 |zurück|

(7) Bereits Paul Leser hat durch die Kenntnis unterschiedlicher Modellsammlungen des 18. und 19. Jahrhunderts darauf hingewiesen, daß erhaltene Modelle nicht kritiklos als Quelle verwendet werden können. Zwar sind die behandelten Modelle durchweg mit außerordentlicher Sorgfalt hergestellt, wenngleich man in einzelnen Fällen vermuten kann, daß der ausführende Spezialtischler die Konstruktion entweder vereinfacht oder mißverstanden hat, doch hat es sich gezeigt, daß man mit den vorgefundenen und teils unvollständigen Herkunftsangaben nicht immer rechnen kann. Vgl. auch: Leser, Paul, Die Entstehung und Verbreitung des Pfluges, Münster 1931 |zurück|

(8) Ders., Landwirtschaftliche und nationalökonomische Studien in der niederrheinischen Heimat, Leipzig 1854, S. 30 |zurück|

(9) Ausgangspunkt der eigenen Untersuchung ist u. a. die teils lückenhafte Darstellung der Sammlung des Königlichen Landwirthschaftlichen Museums zu Berlin. Hinsichtlich der Dokumentation der hauseigenen Bestände stellte der Kustos, Dr. L. Wittmack, bereits 1873 fest: "Bei den Maschinen sind namentlich manche ältere, früher ungenügend benannte auf ihren Erfinder zurückzuführen gesucht, wie denn überhaupt das Museum es sich hat angelegen lassen, möglichst viele Modelle von älteren typischen Maschinen zu erwerben, um nach und nach die Geschichte des landwirthschaftlichen Maschinenwesens in allen Zweigen möglichst so vollständig illustriren zu können [...]. Bei keinem Geräth wird es zwar in der Vollständigkeit möglich sein [...], allein der Versuch muss gemacht werden." Allgemeiner Katalog des Königlichen Landwirthschaftlichen Museums zu Berlin, hrsg. v. L. Wittmack, Berlin 1873, S. VII |zurück|

(10) Gerade in Bezug auf die meist kleineren - und daher oft unterfinanzierten - Sammlungen ist indes zu beobachten, daß diese ihre musealen Objekte vorwiegend aus ihrer näheren Umgebung beziehen und deren Provenienz somit als authentisch einzustufen ist. Im Umkehrschluß ist oft der Eindruck zu gewinnen, daß, je häufiger Exponate aus dem Antiquitätenhandel erworben wurden, diese umso kritischer zu bewerten sind. In der Darstellung habe ich mich daher bemüht, entsprechende Kritik einfließen zu lassen. So wurden neben älteren Ausgaben landwirtschaftlicher Zeitschriften, die gerade für das Aufkommen von neuen Geräten für die Innovationsforschung sehr aufschlußreich erscheinen, ebenfalls Daten eingearbeitet, die einerseits aus Statistiken sowie andererseits aus computergestützten Sammlungsdatenbanken zu beziehen sind. |zurück|

(11) Die Maschinen- und Geräthe-Sammlung des Königlich Landwirthschaftlichen Museums, in der auch die behandelten Pflugmodelle präsentiert wurden, ging ursprünglich auf die private Mustersammlung des Regierungsrates Dr. Rau aus Karlsruhe zurück. In späterer Zeit wurde diese Kollektion, die an sich bereits 187 Einzelstücke umfaßte, durch zahlreiche Erwerbungen ergänzt. Teile dieses Bestandes bilden den Grundstock der heutigen Modellsammlung des DHM. |zurück|

(12) Allgemeiner Katalog des Königlichen Landwirthschaftlichen Museums zu Berlin, hrsg. v. L. Wittmack, Berlin 1873, S. IX |zurück|

(13) Entsprechend heißt es im Katalog hinsichtlich der Abteilung der Maschinen- und Geräthe-Sammlung: "Diese Sammlung [...] umfasst Grundformen von Ackergeräthen der verschiedensten Zeiten und Völker, namentlich der stets mehr verschwindenden alten Landpflüge. Die Sammlung hat den Zweck die Entwicklung des Pfluges von der einfachsten bis zur vollendetsten Form zu zeigen und die Umwandlung von ursprünglichen Handgeräthen in Spanngeräthe nachzuweisen." Allgemeiner Katalog des Königlichen Landwirthschaftlichen Museums zu Berlin, hrsg. v. L. Wittmack, Berlin 1873, S. 43 |zurück|

(14) Einen wichtigen Anstoß zur Entwicklung neuer Pflugtechniken erhielt z. B. die Landwirtschaft in den norddeutschen Staaten dadurch, daß etwa die Getreideproduktion Englands den Bedarf des bereits von der industriellen Revolution erfaßten Landes nicht mehr ausreichend befriedigen konnte und somit gezwungen war, Getreide zu importieren. Einen Großteil seines Getreidebedarfs deckte England vor allem nach dem nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieg durch Lieferungen aus Deutschland. Diese Erweiterung des Marktes verlangte nicht nur veränderte Betriebsformen innerhalb der landwirtschaftlichen Produktion, sondern ebenso technische Verbesserungen. |zurück|

(15) Zur Erstellung wortgeographischer Karten siehe auch: Siuts, Hinrich, Deutsch-niederländisch-flämische Kulturverflechtungen bei den Ansingeliedern zu den Kalenderfesten, in: Europäische Kulturverflechtungen im Bereich der volkstümlichen Überlieferung. Festschrift zum 65. Geburtstag Bruno Schiers, in: Veröffentlichungen des Instituts für mitteleuropäische Volksforschung an der Philipps-Universität Marburg a. L., Bd. 5, hrsg. v. Gerhard Heilfurth und Hinrich Siuts, Göttingen 1967, S. 226 |zurück|

(16) Siehe z. B.: Jirlow, Ragnar, Den svenska plogens historia, in: Kungliga Skogs- och lantbruksakademiens tidskrift, Bd. 97, Uppsala 1958, S. 43 |zurück|

(17) Bereits Campbell weist auf diesen Zusammenhang hin. Vgl.: Åke Campbell (Hrsg.) , Kulturlandskapet. En etnologisk beskrivnimg med särskild hänsyn till äldre svenska landskapstyper, Stockholm 1936 |zurück|

(18) Besonders hervorzuheben ist in Bezug auf diese Quellen, daß sowohl die Hofgrößen, die Verwendung der agrarwirtschaftlich genutzten Flächen als auch der Milchviehbesatz der einzelnen Betriebe meistenteils genau nachzuweisen sind, bislang aber nur zu geringen Teilen ausgewertet wurden. Dies gilt v. a. für die Situation aller in der Landwirtschaft tätigen Personen, wie etwa Bauern, Kleinbauern, Heuerlingen bzw. Köttern, für Mägde und Knechte etc. Einen ersten Überblick zu diesem Themenkreis eröffnen die folgenden Untersuchungen: Dietmar Sauermann (Hrsg.) , Knechte und Mägde in Westfalen um 1900. Berichte aus dem Archiv für westfälische Volkskunde, 2. Auflage, Münster 1979; Verein für Socialpolitik (Hrsg.) , Die Verhältnisse der Landarbeiter in Nordwestdeutschland (Oldenburg, Provinz Hannover, Reg.-Bez. Aurich, Osnabrück, Hannover nördl. Teil, Stade, Lüneburg, Bremen, Lippe-Detmold, Schaumburg-Lippe, Provinz Hessen-Nassau, Kreis Rinteln, Provinz Westfalen, Waldeck) , Württemberg, Baden und in den Reichslanden. Geschildert auf Grund der vom Verein veranstalteten Erhebungen. Mit einem Anhang: Zur Statistik der deutschen Landarbeiter, in: Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 53, Leipzig 1892; Hainer Plaul, Landarbeiterleben im 19. Jahrhundert. Eine volkskundliche Untersuchung über Veränderungen in der Lebensweise der einheimischen Landarbeiterschaft in den Dörfern der Magdeburger Börde unter den Bedingungen der Herausbildung und Konsolidierung des Kapitalismus in der Landwirtshaft. Tendenzen und Triebkräfte, in: Veröffentlichungen zur Volkskunde und Kulturgeschichte, Bd. 65, Berlin 1979 sowie: Silke Göttsch, Beiträge zum Gesindewesen in Schleswig-Holstein zwischen 1740 und 1840, in: Studien zur Volkskunde und Kulturgeschichte Schleswig-Holsteins, Bd. 3, Neumünster 1978 |zurück|

(19) Noch im späten 19. Jahrhundert beschafften sich zahlreiche Pflugschmiede in den nächstgelegenen Hüttenwerken der Eisen- und Stahlindustrie die betreffenden Rohmaterialien, wie etwa die vorproduzierten groben und unregelmäßig gearbeiteten Metallbleche, die sie für ihre Zwecke umschmiedeten, um somit stark beanspruchte Stellen der Pflugkörper auszubessern oder zu verkleiden. Siehe dazu auch: Leser, Paul, Die Entstehung und Verbreitung des Pfluges, Münster 1931, S. 67-69. Die seit ca. 1850 voranschreitende Benutzung von Fabrikpfügen aus Eisen und Stahl bedeutete jedoch, daß zunehmend von traditionell selbstgefertigten oder in Handwerksbetrieben produzierten Typen abgerückt wurde. |zurück|

(20) Verschiedentlich ist ebenfalls nachzuweisen, daß manche Schmiede am Ende des 19. Jahrhunderts Fabrikflüge nachbauten oder den örtlichen Bodenverhältnissen anpassten. Dies führte mitunter dazu, daß die Kunden annahmen, die Schmiede hätten neue Pflugformen entwickelt. |zurück|

21Als ein Nachteil erweist sich hingegen die starke Bodenverdichtung, die durch das große Gewicht des Traktors entsteht. Vgl. dazu auch Abb. 19 |zurück|

(22) Hier befindet sich die wissenschaftliche Dokumentation nicht selten vor dem Problem einer differenzierten Beschreibung heute häufig in Vergessenheit geratener Produktionsabläufe sowie der eindeutigen Terminierung einzelner Bestandteile überlieferter Ackergeräte. Vgl. dazu auch Karlheinz Roth, Historische Volkskunde und Quantifizierung, in: Zeitschrift für Volkskunde, Bd. 76, Stuttgart 1980, S. 35-57 und: Helmut Ottenjann, Zur Bau-, Wirtschafts- und Sozialstruktur des Artlandes im 18. und 19. Jahrhundert, in: Materialien zur Volkskultur nordwestliches Niedersachsen, hrsg. v. Helmut Ottenjann, Bd. 1, Leer 1979 |zurück|

(23) Vgl. dazu auch die Beschreibung der Sonderformen des Kehrpfluges und der Zoche, in: Bentzien, Ulrich, Bauernarbeit im Feudalismus. Landwirtschaftliche Arbeitsgeräte und -verfahren in Deutschland von der Mitte des ersten Jahrtausends u. Z. bis um 1800, hrsg. v. der Akademie der Wissenschaften der DDR - Zentralinstitut für Geschichte, Veröffentlichungen zur Volkskunde und Kulturgeschichte, Bd. 67, Berlin 1980, S. 107-109 bzw. S. 149 |zurück|

(24) Das Streichbrett ist jener arbeitende Teil des Pfluges, der den Namen des Gerätes vor allem begründet hat: ursprünglich bestand es aus einem auf die Kante gestellten, planen Holzbrett. Im kontinentalen Europa wurde diese Form bereits während des Mittelalters vom konvex-konkav geschwungenen Streichbrett aus Holz abgelöst, dessen Spitze zuweilen mit einer Verkleidung aus Eisenblech gegen die starke Abnutzung versehen wurde. Der Korpus selbst wurde dabei häufig aus einem von Natur aus schiefgewachsenen Holzblock gehauen. In späterer Zeit vergrößerte sich der Blechbeschlag immer mehr, sodaß er bereits im 17. Jahrhundert das gesamte Streichbrett bedeckte und in Brabant sowie in England und Schweden noch vor 1700 vom Streichblech abgelöst wurde. |zurück|

(25) Allgemein wird berichtet, daß der sogenannte Linkswender auf hügeligem Gelände verwendet wurde. Hier pflügte man im ersten Jahr mit dem Rechtswender, das darauffolgende mit dem Linkswender. Bei beiden Typen wurde oben auf dem Abhang begonnen, um von dort aus talwärts zu arbeiten. Auf diese Weise verhinderte man, daß der Boden im Verlauf der Zeit von einer Seite des Ackers in Richtung der anderen gewälzt wurde und konnte dennoch - nach dem Prinzip des Einwegpflügens - stets den Abhang hinab pflügen: Dazu zog man am Ende der Furche das Arbeitsgerät auf der festen Landseite über den Boden, und zwar von unten nach oben. Auf ebenem Gelände wurde der Linkswender nur selten benutzt. Sonderformen mit umsetzbarem Pflugkörper oder Streichbrett sind z. B. aus dem Rheinland bekannt (Kehrpflug) . Nachdem sich der Fabrikpflug um 1900 durchgesetzt hatte, traten die o. g. Linkswender kaum noch in Erscheinung. Vgl.: Bentzien, Ulrich, Bauernarbeit im Feudalismus. Landwirtschaftliche Arbeitsgeräte und -verfahren in Deutschland von der Mitte des ersten Jahrtausends u. Z. bis um 1800, hrsg. v. der Akademie der Wissenschaften der DDR - Zentralinstitut für Geschichte, Veröffentlichungen zur Volkskunde und Kulturgeschichte, Bd. 67, Berlin 1980, S. 107-109 |zurück|

(26) Zur Person Thaers siehe auch die Beiträge: Was sagt uns Thaer heute? Kolloquium zu Bedeutung und Aktualität Thaers und seines Werkes, hrsg. v. Fördergesellschaft Albrecht Daniel Thaer e.V., Möglin 1991 sowie: Landwirtschaft und Umwelt. Zur Bodenfruchtbarkeit - von Thaer bis heute. Beiträge vom Kolloquium in Möglin, hrsg. v. Fördergesellschaft Albrecht Daniel Thaer e.V., Möglin 1993 |zurück|

(27) Seit etwa 1850 wurden die traditionell aus Holz hergestellten Grindel zunehmend aus Stahl gefertigt. |zurück|

(28) Die Länge dieser Züge variiert erheblich. Wie verschiedene Quellen berichten, war das soziale Ansehen, welches ein langes Gespann mit sich brachte, in diesem Zusammenhang nicht unerheblich. Es war u. a. Ausdruck von Reichtum, wobei die Rücksicht auf das eigene Prestige zur Folge hatte, daß man danach strebte, bis zu sieben Paar Zugtiere vor den Pflug zu spannen. Ein Kuriosum besteht diesbezüglich in der frühen Konstruktion mehrschariger Pflüge, deren Anfänge in das 16. Jahrhundert zurückreichen, wie das Beispiel des Künstlers Peter Opel aus Regensburg zeigt. Siehe auch: Leser, Paul, Die Entstehung und Verbreitung des Pfluges, Münster 1931, S. 111-112, Abb. 66. Die Angaben zur Prestigewirkung haben prinzipielle Bedeutung, da sie zeigen, daß die Entwicklung und Verbreitung des Pfluges nicht nur nach rationellen Gesichtspunkten erfolgte, sondern daß auch andere Ursachen maßgeblich waren, die schwerer festzustellen sind. |zurück|

(29) Zitiert nach Steinle, Peter, Die Vermögensverhältnisse der Landbevölkerung in Hohenlohe im 17. und 18. Jahrhundert, Stuttgart 1971, S. 199. Die Kartoffel war, sieht man von frühen Anbaugebieten in der Rheinpfalz und im Vogtland ab, vor 1750 in den meisten deutschen Gebieten wenig bekannt. Zu den Ausnahmen und der weiteren Entwicklung des Kartoffelanbaus siehe: Wiegelmann, Günter, Alltags- und Festspeisen. Wandel und gegenwärtige Stellung, Marburg 1967, S. 84; Backhaus, Alexander, Die Entwicklung der Landwirtschaft auf den gräflich Stolberg-Wernigerödischen Domänen, Jena 1888, S. 190; Adam Wrede, Rheinischer Volksbrauch im Kreislauf des Jahres, in: Rheinisches Volkstum. Schriftenreihe zur Einführung in die Volkskultur der Rheinlande, Bd. 4, Düsseldorf 1935, S. 178 und Groß, Reiner, Die bürgerliche Agrarreform in Sachsen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Weimar 1968, S. 54 |zurück|

30Zum Hack- und Mineurpflug siehe auch: Bentzien, Ulrich (Hrsg.) , Haken und Pflug. Eine volkskundliche Untersuchung zur Geschichte der Produktionsinstrumente im Gebiet zwischen unterer Elbe und Oder, hrsg. v. Reinhard Peesch, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Istitut für deutsche Volkskunde, Bd. 50, Berlin 1969, S. 25 ff. |zurück|

(31) Siehe: Henning, Friedrich Wilhelm, Bauernwirtschaft und Bauerneinkommen in Ostpreußen im 18. Jahrhundert, Würzburg 1969, S. 22f. |zurück|

(32) Siehe exemplarisch: Bentzien, Ulrich / Quietzsch, Rudolf, Pfluggeräte 1850-1870. Erläuterungen zum Kartenausschnitt DDR, in: Jahrbuch für Volkskunde und Kulturgeschichte, Bd. 19, Berlin 1976, S. 179-187 |zurück|

(33) Eckart, Johann Gottlieb von (Hrsg.) , Vollständige Experimental-Oeconomie, Jena 1754, S. 21 |zurück|

(34) Hofmann, Gottfried August (Hrsg.) , Oeconomisch-physicalische Abhandlungen, Leipzig 1752, S. 832. Siehe dazu auch weiterhin das Kapitel `Oeconomisch-mathematische Beschreibung des Pfluges´, in: Ebd., S. 829-864 |zurück|

(35) Siehe: Bentzien, Ulrich (Hrsg.) , Haken und Pflug. Eine volkskundliche Untersuchung zur Geschichte der Produktionsinstrumente im Gebiet zwischen unterer Elbe und Oder, hrsg. v. Reinhard Peesch, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Istitut für deutsche Volkskunde, Bd. 50, Berlin 1969, S. 69 sowie S. 267 |zurück|

(36) Vgl. dazu: Bentzien, Ulrich (Hrsg.) , Haken und Pflug. Eine volkskundliche Untersuchung zur Geschichte der Produktionsinstrumente im Gebiet zwischen unterer Elbe und Oder, hrsg. v. Reinhard Peesch, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Istitut für deutsche Volkskunde, Bd. 50, Berlin 1969, S. 264 sowie: Böse, Jobst, Beschreibung eines in der Göttingischen Gegend gebräuchlichen Pfluges, in: Anonym, Beyträge zur Oekonomie, Technologie, Polizey und Cameralwissenschaft, 2. Auflage, Göttingen 1779, S. 153-191 |zurück|

(37) Gegenüber der späten Entwicklung auf deutschem Boden war in den Niederlanden während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht nur das gewölbte Streichbrett bereits üblich, sondern hier war das Streichblech entweder schon vollständig ausgebildet oder aber die Pflüge mit einer entsprechend geschmiedeten eisernen Verbindungsplatte zwischen Schar und Streichbrett versehen. Siehe dazu: Slicher van Bath, B. H. (Hrsg.) , The Agrarian History of Western Europe A. D. 500-1850, London 1963, S. 305 |zurück|

(38) Vgl.: Hanssen, Georg (Hrsg.) , Agrarhistorische Abhandlungen, 2. Auflage, Leipzig 1884, S. 431 |zurück|

(39) Der Erfinder James Small aus Blackadder, nahe Duns (Berwickshire) , entwickelte bereits frühzeitig mehrere Prototypen neuer Pflüge. Das Ergebnis dieser experimentellen Studien, die Small über einen Zeitraum von mehreren Jahren betrieb, ließ er schließlich anhand eines maßstabsgetreuen Modells bei Carron Iron Works in Schottland nachbauen und dort in Serie herstellen. Eine verbesserte Eisenkonstruktion entstand um 1784 und führte zur Produktion des nach ihm benannten, später populären Pfluges, der ohne große Veränderungen 150 Jahre lang verwendet wurde. Der sogenannte Smallsche Pflug wurde von einer Person geführt und von zwei Pferden gezogen. |zurück|

(40) Vgl. dazu Ulrich Bentzien: "`English farming´, ab 1768 von Christopher Brown auf Gütern des Adels und der Krone in Brandenburg - und episodisch auch in Kursachsen (Rechenberg) - eingeführt, schloß die Verwendung originaler swing ploughs ein. Ähnliche Bestrebungen gab es im Anhalt-Dessauischen; erwähnenswert sind auch individuelle Initiativen wie die von Caspar Voght auf Klein-Flottbek bei Hamburg (1793/95) oder die eines angeliter Landwirts, der sich 1796 des Besitzes eines schottischen Schwingpfluges rühmte." Ders., Bauernarbeit im Feudalismus. Landwirtschaftliche Arbeitsgeräte und -verfahren in Deutschland von der Mitte des ersten Jahrtausends u. Z. bis um 1800, hrsg. v. der Akademie der Wissenschaften der DDR - Zentralinstitut für Geschichte, Veröffentlichungen zur Volkskunde und Kulturgeschichte, Bd. 67, Berlin 1980, S. 154 |zurück|

(41) Siehe z. B.: Jirlow, Ragnar (Hrsg.) , Die Geschichte des schwedischen Pfluges, Stockholm 1970, S. 108 ff. |zurück|

(42) Ebd., S. 108 |zurück|

(43) Siehe z. B. zur Überlieferung in Westfalen: Siuts, Hinricht (Hrsg.) , Bäuerliche und handwerkliche Arbeitsgeräte in Westfalen. Die alten Geräte der Landwirtschaft und des Landhandwerks 1890-1930, in: Schriften der Volkskundlichen Kommission für Westfalen, Bd. 26, Münster 1982, S. 38 |zurück|

(44) Der in Abb. 16 dargestellte Pflug kostete 1878 in der beschriebenen Ausführung 38,- Mark, derjenige der Abb. 17 58,- Mark. |zurück|

(45) Die Meißelschar selbst sollte die Unterhaltungskosten reduzieren, indem sie das Schärfen der Schar seltener erforderlich machte. |zurück|

 
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