• Gemälde: Paulsen, Fritz "Bei der Stellenvermittlung (Gesinde-Vermiethungsbureau)", 1881

Bei der Stellenvermittlung (Gesinde-Vermiethungsbureau)

Fritz Paulsen (1838-1898)
Berlin, 1881
Öl/Leinwand
89,5 x 135 cm
Inv.-Nr.: 1988/85

Im Zentrum des Bildes steht ein Handel zwischen drei Frauen: Eine pralle junge Spreewälderin wird von der Stellenvermittlerin einer jungen Bürgersfrau als Amme empfohlen. Deren wesentlich älterer Mann mustert den Neuzugang. Der Gegensatz von Stadt und Land kennzeichnet die ganze Darstellung: Die rechte, der Mutter zugeordnete Bildhälfte ist in dunklen Farben gehalten, hier erscheinen Schreibtisch, Schreiber, Herrenhüte als städtische Attribute. In helle Farben ist die linke Hälfte getaucht, der üppig gefüllte Gemüsekorb, die gesunden Mädchen vom Lande und das puttengleiche, wohlgenährte "Herrschaftskind", das sicher eine vergleichbare Amme hatte, verweisen auf die ländliche Fruchtbarkeit. Spreewälder Ammen waren der ihnen nachgesagten robusten Gesundheit wegen sehr begehrt, die Tracht galt beinahe als ein Markenzeichen. Eine Amme war im Berlin des Kaiserreichs eine ausgesprochene Prestigesache. Im Adel und im höheren Bürgertum stillten die Mütter oft nicht selbst. 1885 wurden in Berlin freilich gerade drei Prozent aller Säuglinge mit Ammenmilch ernährt. Für vom Land zugewanderte Personen verfügte Berlin 1880 über 450 Vermietungsbüros. Hier wurden sie als Köchin, Zimmermädchen oder Kutscher vermittelt. Die Büros waren Drehscheibe für Zehntausende junger Menschen aus dem ländlichen Osten Deutschlands, die auf Arbeitssuche häufig schon von den Mitarbeitern der Büros am Bahnhof abgefangen wurden. 1907 waren nur 40 Prozent der zwei Millionen Berliner ortsgebürtig.

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Alltagsleben
Urbanisierung im Deutschen Reich

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