Das Bestreben Anton von Werners, durch möglichst detailgetreue Darstellung die Richtigkeit des abgebildeten Ereignisses zu untermauern, darf nicht ungeachtet der bestehenden politischen Verhältnisse wahrgenommen werden. Die Einflussnahme des Auftraggebers - Werner wurde nicht selten vom Kaiser persönlich zum Malen eines Werkes aufgefordert - ist unübersehbar, wie in den beiden Fassungen, die Werner anlässlich der Eröffnung des Reichstages im Berliner Schloss durch Kaiser Wilhelm II. im Juni 1888 schuf, erkennbar ist. Deutlich zu erkennen ist, dass Bismarck in der Endfassung des Gemäldes nicht mehr dem Kaiser zugeordnet ist, sondern fast isoliert im Mittelpunkt der Komposition steht. Erscheint er in der Farbskizze noch als aufrechte, fast reckenhafte Gestalt, so nimmt er in der Endfassung eine leicht gebeugte, enttäuscht wirkende Haltung ein: ein alter Mann, dessen politische Zeit abgelaufen zu sein scheint. Die Erklärung dürfte in der zwischen der Entstehung der beiden Versionen liegenden Entlassung Bismarcks aus dem Amt als Reichskanzler am 20. März 1890 durch Wilhelm II. liegen. Die Farbskizze entstand noch 1888, die große Fassung wurde erst 1893 vollendet.
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Innenpolitik
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