Wilhelm von Humboldt 1767-1835

Gelehrter, Staatsmann

  • 1767
    22. Juni: Wilhelm von Humboldt wird als Sohn des Majors und Kammerherrn Alexander Georg von Humboldt und dessen Frau Marie-Elisabeth (geb. von Colomb) in Potsdam geboren.
  • 1769-1777
    Er wird auf Schloss Tegel, das durch die Ehe seiner Eltern (1766) in den Familienbesitz der Humboldts übergegangen ist, und in Berlin - ab 1771 zusammen mit seinem Bruder Alexander (1769-1859) - von dem Pädagogen Joachim Heinrich Campe (1746-1818) erzogen.
  • 1777-1788
    Unterricht durch Gottlob Johann Christian Kunth (1757-1829). Hierbei erhalten die Brüder eine universelle Ausbildung in Geschichte, Deutsch, Mathematik, Latein, Griechisch und Französisch.
  • 1785-1817
    Sie werden durch Fachlehrer wie Christian Wilhelm von Dohn (Nationalökonom, 1751-1820), Ernst Ferdinand Klein (Jurist, 1743-1810) und Johann Jakob Engel (Philosoph, 1741-1802) gezielt auf ein Universitätsstudium vorbereitet.
  • 1787
    Er studiert mit seinem Bruder Alexander Jura an der Universität Frankfurt/Oder.
  • 1788
    Wechsel an die Universität Göttingen, der renommiertesten deutschen Universität ihrer Zeit. Hier erweitert Humboldt sein Jurastudium um Vorträge bedeutender Gelehrter wie Georg Christoph Lichtenberg (Physik, 1742-1799), August Ludwig von Schlözer (Geschichte, 1735-1809), Christian Gottlob Heyne (Philologie, 1729-1812).
    September bis November: Erste Reise nach Mainz und Düsseldorf. Dabei lernt er den Schriftsteller Friedrich Heinrich Jacobi (1743-1819) und den Naturforscher Georg Forster (1754-1794) kennen. Mit Forster fühlt er sich bis zu dessen Tod verbunden.
  • 1789
    Nach vier Semestern beendet er sein Universitätsstudium und bricht mit seinem früheren Lehrer Campe zu einer Bildungsreise von Aachen über Brüssel nach Paris auf. Dort ist Humboldt Augenzeuge der Revolutionsereignisse, gegenüber denen er in seinen Tagebucheinträgen und Briefen eine distanzierte Haltung einnimmt.
    ab August: Humboldt reist weiter nach Mainz, um noch einmal Georg Forster zu treffen, sowie nach Mannheim, Stuttgart, Zürich und Erfurt.
    16. Dezember: Verlobung mit Caroline von Dacheröden in Erfurt, die er durch seine Jugendfreundin Henriette Herz (1764-1847) kennengelernt hat.
    Ende Dezember: Durch seine Verlobte lernt er Friedrich Schiller (1759-1805), Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) und Johann Gottfried Herder (1744-1803) bei Besuchen in Weimar und Jena kennen. 1790
    Humboldt wird in den preußischen Staatsdienst übernommen. Er arbeitet im auswärtigen Departement, erhält den Titel eines Legationsrats und wird Referendar am Hof- und Kammergericht.
  • 1791
    Mai: Humboldt verlässt das Hof- und Kammergericht, um sich intensiv mit dem Klassizismus auseinander zu setzen und auf seine schriftstellerische Tätigkeit zu konzentrieren. Er publiziert die staatstheoretischen Abhandlungen "Ideen über Staatsverfassung, durch die neue französische Konstitution veranlasst" und "Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen" (beide 1792).
    29. Juni: Heirat mit Caroline von Dacheröden in Erfurt. Aus der Ehe gehen sechs Kinder hervor.
  • 1794
    Frühjahr: Humboldt und seine Frau entschließen sich, nach Jena überzusiedeln, um die Freundschaft mit Friedrich Schiller zu intensivieren. Hier lernt er auch Goethe besser kennen.
  • 1797
    ab November: Die Humboldts erachten die romanische Geschichte und Kultur Frankreichs für ihre Bildung als unerlässlich. Nach dem Umzug nach Paris laden sie gelehrte und künstlerische Zeitgenossen in ihr Haus ein. Durch die Beschäftigung mit der französischen Kultur und Geschichte ist er von der Vorstellung einer sprachlich geeinten "deutschen Nation" überzeugt.
  • 1799-1801
    Zahlreiche Reisen nach Südfrankreich und Spanien. Hierbei beschäftigt er sich intensiv mit den romanischen Sprachen und verfasst zahlreiche linguistische Untersuchungen.
  • 1801
    August: Humboldt und seine Frau kehren mit ihren inzwischen vier Kindern nach Berlin zurück. Er bewirbt sich um die Stelle des preußischen Residenten beim Vatikan, um mit seiner Familie in Rom leben zu können.
  • 1802-1808
    In Rom erwirbt er sich ein breites Wissen über die Geschichte und Kunst der Antike. Das Haus der Humboldts ist zentrale Anlaufstelle für Künstler und Politiker wie den Bildhauer Daniel Christian Rauch (1777-1857) oder Kardinal Ercole Consalvi (1757-1824). Humboldt selbst sieht diese Zeit als Höhepunkt seines geistigen und gesellschaftlichen Lebens an.
  • 1806/07
    In der vergleichenden Studie "Latium und Hellas" legt er seine Vorstellungen von der griechischen und römischen Welt dar.
  • 1808
    Humboldt zieht zurück nach Preußen und wird dort von Karl Freiherr vom Stein (1757-1831) zum Leiter der Sektion für Kultus und Unterricht im Ministerium des Innern ernannt.
  • 1809/10
    Er bereitet die Gründung der Universität Berlin vor. Sie ist die Umsetzung seines Ideals der Freiheit und Einheit von Forschung und Lehre und des Lernens zur Selbstverwirklichung. Er reformiert das Gymnasium als Brücke zwischen Elementarschule und Universität. Hierbei führt er das Schuljahr, den Wochenstundenplan, die Versetzungsvorschriften und die Schulverwaltungsgliederung ein. Er setzt fest, dass das Abitur nicht vor dem Ende des 18. Lebensjahrs abgelegt werden darf.
    Als Leiter der Sektion für Kultus und Unterricht veröffentlicht Humboldt die Schrift "Über den Entwurf zu einer neuen Konstitution für die Juden". In der fordert er, dass man alle Menschen gleichermaßen achten und nicht nach ihrer "Rasse", sondern ihrer entsprechenden Eigenschaften beurteilen solle.
  • 1810-1815
    Preußischer Gesandter und bevollmächtigter Staatsminister in Wien. Sein Haus ist auch hier ein Treffpunkt für Künstler und Intellektuelle.
  • 1815
    Auf dem Wiener Kongress agiert Humboldt als "Zweiter Mann" hinter dem preußischen Staatskanzler Karl August von Hardenberg (1750-1822) und erhält von König Friedrich Wilhelm III. (1770-1840) das Eiserne Kreuz.
  • 1815-1818
    Humboldt vertritt auf Kongressen in Frankfurt a.M., Wien, Paris, London, Berlin und Aachen bei der Neuordnung Europas die preußischen Interessen eines deutschen föderativen Staatenbunds. Hierbei entfernt er sich von Hardenberg und bricht schließlich mit ihm, weil dessen und Klemens Wenzel von Metternichs (1773-1859) restaurative Politik mit seinen liberalen Überzeugungen nicht vereinbar ist.
  • 1819
    Preußisches Kabinettsmitglied als Minister für ständische Angelegenheiten.
    20. September: Im Rahmen der Karlsbader Beschlüsse, die Humboldt als den Untergang liberaler Politik empfindet, protestiert er bei der Krone. Dies führt zu seiner Entlassung.
  • 1820-1829
    Humboldt zieht sich auf das Schloss Tegel zurück und betätigt sich als Sprachphilosoph. Seine vielseitigen Sprachkenntnisse in Französisch, Englisch, Italienisch, Spanisch, Griechisch, Latein, Baskisch, Ungarisch, Tschechisch, Litauisch, später auch in Sanskrit und Japanisch, nutzt er, um komparatistische Sprachstudien durchzuführen.
    Er hält linguistische Vorträge an der Akademie der Wissenschaften in Berlin.
  • 1827-1829
    Arbeit an dem Werk "Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues".
  • 1829-1835
    Der Tod Carolines erschüttert ihn schwer. Eine dadurch verursachte Nervenkrankheit kann bis zu seinem Tod nicht geheilt werden. Zur Ablenkung übernimmt er noch einmal öffentliche Ämter; unter anderem den Vorsitz über die Kommission zur Einrichtung des staatlichen Museums (heute "Altes Museum") am Lustgarten in Berlin inne, wofür er vom König den Schwarzen Adlerorden erhält.
  • 1830-1835
    Humboldt arbeitet an seinem sprachwissenschaftlichen Opus "Über die Kawi-Sprache auf der Insel Java" mit der vergleichenden Einleitung "Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluss auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts". Das Werk wird postum veröffentlicht.
  • 1835
    8. April: Wilhelm von Humboldt stirbt in Tegel.
Alexander Maria Konrad
14. September 2014

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